Best Practices im agilen Remote Testing – so funktioniert es!
Heute ist es wieder soweit: Es steht das Testing eines Software-Prototypen bevor. Jeder, der sich schon einmal näher damit beschäftigt hat, weiß, mit welchem Aufwand das verbunden ist. Probanden müssen rekrutiert und eingeladen werden und man ist den ganzen Tag damit beschäftigt, die drei bis vier Sessions durchzuführen. Doch es gibt eine Alternative, mit der man sich einige Arbeit (er)sparen kann und die auch schnell und schlank durchzuführen ist: das agile Remote Testing.
Beim agilen Remote Testing schaltest du deine Probanden von beliebigen Orten virtuell zum Testing zu. Wenn Du die folgenden Tipps und Tricks beherzigst, kannst Du noch effizienter zu guten Ergebnissen kommen.
Zeit sparen: Rekrutierung der Probanden
Rekrutierungsagentur beauftragen
Die Rekrutierung für das Remote-Usability-Testing kann durch das Unternehmen selbst oder über einen externen Dienstleister erfolgen. Vor allem bei Consumer-Produkten macht es jedoch Sinn, einen externen Partner zu beauftragen. Du sparst dir nicht nur die Organisation, sondern bekommst in nur wenigen Stunden passende Testpersonen aus einem riesigen Pool aller Altersgruppen mit Lebensläufen und Interessen zur Verfügung gestellt. Kriterien der Probanden und Termine können vorab definiert werden. Zudem haben die meisten Probenden bereits Usability-Tests durchgeführt und kennen das Vorgehen und den Ablauf. Das spart dir Zeit beim Briefing.
Die Anzahl von fünf bis acht Probanden sollte für einen Usability-Test nicht überschritten werden. Laut Nielsen werden mit fünf Probanden schon 85 Prozent aller Usability-Probleme identifiziert.
Bei Ausfall Ersatz parat haben
Es kann immer passieren, dass ein Proband ausfällt. Daher solltest du vorab zwei bis drei Personen mehr aussuchen. Buchst du deine Probanden über eine Agentur, helfen dir die Steckbriefe bei der Auswahl und du hast Zugriff auf die E-Mail-Adresse oder, besser noch, die Telefonnummer. So kannst du bei Bedarf schnell für Ersatz sorgen. Da jeder Ausfall Zeit in Anspruch nimmt, solltest du genügend Puffer zwischen den Slots einplanen, um Stress zu vermeiden.
Gut vorbereitet: Aufbau und Setup
Testsetup aufbauen und prüfen
Nutze auf jeden Fall eine LAN-Verbindung anstelle von WLAN, um Verbindungsabbrüche zu vermeiden. Du rufst die Probanden mittels eines Online-Meeting-Tools (Skype, Gotomeeting, Teamviewer etc.) an. Mit einem Aufnahmetool (wie beispielsweise Quicktime) wird der gesamte Bildschirm aufgenommen. Dupliziere den Bildschirm, damit auf allen angeschlossenen Monitoren das gleiche zu sehen ist. Über eine Webcam wird der „Sichtkontakt“ zwischen dem Probanden und dir als Moderator hergestellt. Zur optimalen Gesprächsqualität und Tonaufnahme empfiehlt es sich, zusätzliche Lautsprecher und ein externes Mikrofon zu verwenden. Vergiss nicht, dass es sehr wichtig ist, dass du dich während der Moderation des Tests wohlfühlst. Richte den Raum daher vor der Session so ein, dass du alles Notwendige griffbereit hast und störende Dinge weggeräumt beziehungsweise unsichtbar für den Probenden sind.
Vorteil eines Beobachtungsraums
Auch wenn man bei Remote Tests nicht zwingend einen Beobachtungsraum benötigt, so bietet er doch Vorteile: Projektbeteiligte können den Test ungestört verfolgen und eine Live-Auswertung der Erkenntnisse in Form einer User-Journey-Map durchführen. Plane zur Konsolidierung der Ergebnisse ausreichend Zeit zwischen den Test-Sessions ein. Dadurch kannst du dir eine spätere, oft langwierigere Auswertung der Videos sparen.
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Startklar? Vorbereitung und Technik
Teilnahmeerklärung vorab versenden
Damit das Remote Testing in jeder Session unmittelbar starten kann, sollest du den Probanden die Teilnahmeerklärung und das Briefing vorab zusenden. Insbesondere, wenn sich die Probanden beispielsweise in eine Rolle hineinversetzen sollen, ist es vorteilhaft, diese Informationen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Das Einverständnis zur Schweigepflicht erfolgt pragmatisch auf der Tonspur (Aufnahme). Zukünftig könnte man sich an dieser Stelle auch eine digitale Unterschrift vorstellen. Da dieses Vorgehen aber bestimmte Hardware für jeden Probanden voraussetzt, ist es noch nicht der Standard. Testdokumente – wie Inhalte für Formulare oder konkrete Handlungsaufforderungen – sollten jedoch nicht vorab zugesandt werden, um den Test nicht zu verfälschen. Auch die eigentlichen Aufgaben werden erst während des Tests vom Moderator vorgelesen, da es für die Probanden schwierig ist, zwischen Prototypen und Aufgaben zu wechseln.
Seriosität ist wichtig
Achte schon vor dem Testing auf die Seriosität. Es macht bei den Probanden einen besseren Eindruck, wenn du sie mit einem offiziellen Firmenaccount anrufst. Da ihr euch sehen könnt, sollte die Kleiderwahl auch entsprechend getroffen sein.
Starte jede Session mit einer offiziellen Begrüßung, in der du dich, dein Unternehmen und das, worum es bei dem Testing geht, vorstellst. Biete an, dass jederzeit Fragen an dich gestellt werden können. Es ist auch wichtig, dass die Probanden wissen, dass der Test jederzeit abgebrochen werden kann. Niemand sollte sich gezwungen fühlen.
Probanden-Setup vorab klären
Denk immer daran, dass die technische Ausstattung der Probanden meist nicht professionell ist. Sie führen die Gespräche und Tests meist zu Hause durch und verwenden Mikrofone, Kameras und/oder PC von unterschiedlicher Qualität. Schwankende Verbindungsqualität (zum Beispiel beim Buffering) musst du ebenfalls bei der Zeitplanung berücksichtigen.
Hat der Proband zum Beispiel Gegenlicht, weise ihn darauf hin und bitte ihn, sich einen anderen Platz für das Testing zu suchen, damit das Gesicht gut wahrnehmbar ist. Oft kommt es auch vor, dass sich störende Pop-Ups (wie Antivirus) automatisch öffnen. Mit einem Testanruf vor der Session kannst du deinen Probanden optimal vorbereiten. Erkläre ihm Schritt für Schritt, wie der Prototyp gestartet wird.
Weise Deinen Probanden darauf hin, wenn er nicht gut zu sehen ist.
Alle störenden Meldungen sollten vor Beginn des Testings deaktiviert werden.
Achtung live!
Prototyp bereitstellen und Einweisung
Zur möglichst latenzfreien Interaktion mit dem Prototyp solltest du ihn auf einem
passwortgeschützten Server bereitstellen. Nach den Einleitungsfragen teilst du die nötigen Informationen per Chat mit. Im Anschluss an den Test kannst du deinen Bildschirm übertragen, um auf Detailfragen einzugehen. Das hat den Vorteil, dass du schneller zu bestimmten Inhalten springen kannst.
Prototyp im Vordergrund platzieren
Um den Prototyp vollständig erfassen zu können, musst du deinen Probanden darauf hinweisen, dass Kamerafenster sowie andere störenden Fenster geschlossen werden müssen. Da die Probanden unterschiedliche Hardware und verschiedene Bildschirmauflösungen haben, kann es vorkommen, dass statische Prototypen nicht vollständig zu sehen und teilweise in der Horizontalen abgeschnitten sind. Wichtige Bedienelemente könnten dadurch nicht richtig sichtbar sein. Bitte den Probanden bei Bedarf, die Zoomstufe im Browser zu verkleinern oder den Bildausschnitt auf den Prototypen zu zentrieren.
Last but not least
Achte auf deine Körpersprache
Da der Proband den Moderator und Protokollanten die meiste Zeit über die Kamera sieht, solltest du auf deine Körpersprache achten. Eine positive Körpersprache motiviert und ermutigt die Probanden bei der Lösung der gestellten Aufgaben.
Sei freundlich und hilfsbereit
Achte immer auf einen freundlichen Umgang, damit sich der Proband wohl fühlt. Mit einer positiven Ausstrahlung ermutigst du die Probanden eher dazu, dir offenes Feedback zu geben. Die Situation wird dadurch offener und kommunikativer, was für ein gutes Testing essenziell notwendig ist. Natürlich bewahrst du auch bei technischen Problemen die Ruhe. Denn mit einem kühlen Kopf findet sich meistens am schnellsten eine Lösung.
Die „Best Practices“ auf einen Blick
- Rekrutierungsagentur beauftragen
- bei Ausfall Ersatz parat haben
- Testsetup aufbauen und prüfen
- Teilnahmeerklärung vorher versenden
- Seriosität ist wichtig
- Probanden-Setup vorab klären
- Prototypen via Server bereitstellen
- komplette Sichtbarkeit des Prototyps
- achte auf deine Körpersprache
- sei freundlich und hilfsbereit