Problemfall Wikipedia: Kein Lexikon für alle

Was wir lesen wollen, interessiert die Wikipedia nicht. (Foto: Tero Vesalainen / Shutterstock.com)
In den letzten Tagen ist erneut ein Streit um Wikipedia entbrannt: Theresa Hannig, eine mit dem renommierten Seraph-Preis ausgezeichnete Science-Fiction-Autorin, hat eine Liste mit SF-Autorinnen angelegt. In der Folge ging ein Schwall von Löschanträgen nieder, auch die Wikipedia-Seite der Autorin wurde zum Löschen vorgeschlagen. Letztlich hat sich nach langem Hin und Her die Vernunft durchgesetzt, die Liste bleibt. Es hätte auch anders ausgehen können, denn für die Wikipedia spielt es keine Rolle, welche Inhalte wir Leser dort sehen wollen.
Wikipedia: Elitär und teilweise frauenfeindlich
„Die Wikipedia ist ein Projekt zum Aufbau einer Enzyklopädie aus freien Inhalten, zu denen du sehr gern beitragen kannst“, heißt es auf der Website. Eigentlich müsse dieser einleitende Satz umformuliert werden: Wikipedia ist ein Projekt zum Aufbau einer Enzyklopädie aus freien Inhalten, zu denen du nur unter großen Schwierigkeiten etwas beitragen kannst. In der Regel werden abstruse Regeln und Administratoren über deine Artikel bestimmen, misogyne Nutzer werden Beiträge über Frauen löschen und was die Allgemeinheit will, interessiert dort niemanden.
Macht Wikipedia wieder zu einem Lexikon für alle
Als Hannig sich in der Löschdiskussion auf die mehrheitlichen Stimmen für die Liste berief, antwortete der Admin Karsten11: „Löschdiskussionen sind keine Abstimmungen. Es werden Argumente gesammelt, die am Ende ein Admin auswertet. “
Hannig bringt die elitäre Einstellung hinter dieser arroganten Antwort in einem Blogbeitrag auf den Punkt: „Das Fußvolk darf zwar seine Meinung sagen – wird aber ignoriert. Der Admin trifft seine Entscheidung nicht aufgrund eines demokratischen Entscheidungsprozesses, sondern nach Gutdünken. Unter solchen Umständen ist die Diskussion eine Farce und der Community-Gedanke der Wikipedia vollkommen ad absurdum geführt.“
Ja, ein solches Projekt braucht ein Regelwerk, sonst herrscht Anarchie. Aber wenn die Regeln so aussehen, hätten wir auch den Brockhaus behalten können. 3.500 Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia sind veraltet, neue Autoren werden vergrault. Es wird Zeit, das Regelwerk zu überarbeiten und dem „Volk“ mehr Rechte einzuräumen. Ein Lexikon für alle ist eine Demokratie und keine elende Diktatur.
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