Recruiting vom Erstkontakt bis zum Arbeitsbeginn: So geht’s richtig
Eine neue Nachricht von einem Recruiter liegt in deinem Postfach. Ein „dynamisches“ Unternehmen mit „Gestaltungsfreiheit“ und „flexiblen Arbeitszeiten“ ist auf dich aufmerksam geworden, heißt es darin. Die E-Mail liest sich wie die zum 73. mal kopierte Nachricht, die bis auf deinen Namen keinen persönlichen und zutreffenden Inhalt hat. Und deshalb darf sie sich auch direkt zu den hundert weiteren Anfragen in deinem Papierkorb gesellen. Gutes Recruiting geht anders.
Denn der Markt ist hart umkämpft. Obwohl sich viele Experten immer wieder Gedanken zum Thema Recruiting machen, bleibt es für viele Unternehmen eine Herausforderung, die richtigen Talente zu finden und zu halten. Dabei mangelt es nicht an Kreativität, denn die geht längst über das Active Sourcing – die direkte Ansprache über soziale Netzwerke – hinaus: Stellenanzeigen in Pizzakartons, unübersehbare Werbung direkt vor den Türen und Fenstern der Konkurrenz, Giveaways auf Veranstaltungen, Ein-Cent-Überweisungen an fremde Unternehmen mit versteckten Hinweisen im Buchungstext. Doch solche Guerilla-Taktiken sind bei weitem nicht alles, worauf es bei einer nachhaltigen wie modernen Personalbeschaffung ankommt.
Recruiting ist nicht nur HR-Sache
Wenn eine Stelle seit gestern besetzt sein sollte und das Recruiting dafür heute erst beginnt, ist es kaum möglich, auf die Schnelle den richtigen Kandidaten zu finden. Kontinuierliches Netzwerken kann sich in diesen Momenten auszahlen. Besonders effektiv ist es, wenn sich hieran nicht nur die HR-Abteilung, sondern die gesamte Firma beteiligt. Recruiting wird somit zur Angelegenheit von allen, denn gute Leute kennen andere gute Leute und eine individuelle wie persönliche Empfehlung bietet einen Vertrauensvorschuss.
Dabei muss es nicht zwingend um die Besetzung einer konkreten Stelle gehen, sondern viel mehr darum, Kontakte zu knüpfen für den Fall, dass für beide Seiten irgendwann der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Das hat eine viel größere Wirkung als die Nachricht des nächsten x-beliebigen Headhunters.
Die eigenen Mitarbeiter werden dabei zum größten Hebel. Bereits das Teilen einer Stellenausschreibung in den sozialen Netzwerken oder das Bild eines Kollegen beim Waffeln backen treiben den Recruiting-Prozess voran. Gleichzeitig können die Mitarbeiter die Zusammensetzung ihres Teams so aktiv mitgestalten. Will niemand an solchen Maßnahmen partizipieren, hat die Personalabteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit zuerst eine andere Baustelle zu lösen.
Diese Beispiele zeigen auch: Der Erstkontakt muss nicht immer in der steifen Atmosphäre eines Meetingraumes vor einem Gremium aus drei Interviewpartnern stattfinden, sondern ist auch ganz gelassen bei einem Kaffee in der Firmenküche, beim Mittagessen im Restaurant oder nach Feierabend in einer Bar möglich. Auch Firmen-Parties oder interne Fortbildungen sind eine gute Gelegenheit, sich unverbindlich kennenzulernen.
Tipps für das erste formelle Gespräch
Entwickelt sich ein echtes Interesse auf beiden Seiten, können Recruiter ihren Wunschkandidaten zu einem formelleren Gespräch einladen. Damit ist nicht gemeint, dass der Kandidat an dieser Stelle mit fachlichen Fragen durchlöchert wird und er darauf gefasst sein muss, jeweils drei Stärken und Schwächen aufzählen zu müssen. Vielmehr sollte es ein Gespräch auf Augenhöhe sein, in dem beide Parteien gemeinsam herausfinden, welcher Job der richtige für den Kandidaten ist. Hierbei ist darauf zu achten, die Person entsprechend ihrer wahren Interessen einzusetzen. Denn was ich gern mache, mache ich bekanntlich auch verdammt gut – und habe auch noch Spaß dabei, neue Dinge zu lernen. Um insbesondere in der IT-Branche als Innovationstreiber gelten zu können, ist dies ein extrem wichtiger Faktor.
Die richtigen Softskills sind dabei mindestens genauso wichtig wie die fachlichen Fähigkeiten. Denn vor allem die richtige Einstellung führt am Ende dazu, dass man auch in schwierigen Situationen weiterkommt. Welche Skills hier besonders wichtig sind, muss jedes Unternehmen entsprechend seiner Strategie und Werte selbst definieren.
Wichtig kann beispielsweise sein, nicht nur wiederzugeben, was andere sagen, sondern den Mut aufzubringen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Auch wenn das bedeuten kann, ein Problem auf den Tisch zu packen, das sich unter dem Teppich echt gut gemacht hätte. Denn nur, wenn wir immer wieder hinterfragen, ob das, was wir heute machen, morgen noch gut genug sein wird, verlassen wir unsere kuschelige Komfortzone und entwickeln uns weiter.
Taten sagen mehr als Worte
Ist dann klar, welche Position die richtige ist, kann im nächsten Schritt noch eine Art Probetag organisiert werden. Der Bewerber bekommt hier eine kleine Aufgabe, die er lösen muss, und wird dabei vor das ein oder andere Problem gestellt. Beim Mittagessen kann er die Teamkollegen kennenlernen und zum Abschluss wird Feedback ausgetauscht. So prüft nicht nur das Unternehmen, wie fit der Kandidat fachlich ist und wie gut er ins Team passt, sondern auch der Kandidat selbst hat die Gelegenheit, einen echten Arbeitstag mitzuerleben und so zu schauen, ob er sich im Team wohlfühlt.
Onboarding – der Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Kommen beide Seiten zu dem Ergebnis, miteinander arbeiten zu wollen, kann die Vorbereitung für das Onboarding beginnen. Dieser Schritt sollte sehr genau durchdacht sein, denn er legt den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Um den optimalen Einstieg zu gewährleisten, bietet sich ein Programm an, das allgemeines Grundlagenwissen vermittelt. Der erste Tag kann beispielsweise mit einer kleinen Begrüßungsrunde beginnen, bei der den neuen Kollegen die wichtigsten Informationen – zum Beispiel Zugänge, Organigramm, Kontaktdaten – gebündelt mit auf den Weg gegeben werden. Dies sorgt dafür, dass sie sich nicht verlaufen und wissen, welcher Schritt nach dem nächsten folgt.
Im Laufe der nächsten Tage können weitere Module folgen, die den neuen Mitarbeitern zeigen, wie und mit welchen Tools die Firma arbeitet. Durch verschiedene Referenten werden erste Ansprechpartner bekannt und die Einhaltung von Terminen auf die Probe gestellt. Damit sich mehrere Referenten auch gegenseitig vertreten können, bietet es sich an, die Schulungsinhalte beispielsweise im Intranet zu dokumentieren. Die neuen Kollegen können diese Quelle gleichzeitig nutzen, um das Gelernte nochmal zu wiederholen.
Zwischen den einzelnen Modulen können die neuen Mitarbeiter in ihr Team integriert werden. Um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten so funktioniert wie erwartet, eignen sich informelle und formelle Feedback-Gespräche. Auch die Human-Resources-Abteilung sollte sich Feedback von den neuen Kollegen zum Onboarding-Prozess abholen, um diesen kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Auf diesem Weg können Unternehmen viele extrem gute Mitarbeiter für sich gewinnen, die ihnen wiederum dabei helfen, noch mehr gute zu finden. Das verschafft einen nicht unwesentlichen Vorsprung in Sachen Recruiting.
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