Runtastic-Gründer Gschwandtner: „Ich habe manche Entscheidung nicht verstanden“

Am Montag wurde bekannt, dass der österreichische Gründer und Investor Florian Gschwandtner in der Startup-Szene zurück ist. Nach einem Jahr Auszeit steigt Gschwandtner als Chief Growth Officer bei Tractive ein, einem 2012 gegründeten Startup für GPS-Haustier-Tracker. Bekannt wurde der Gründer durch sein erfolgreiches Startup Runtastic, das er 2015 an Adidas verkaufte, sowie seine Auftritte als Investor in der österreichischen Gründershow „2 Minuten 2 Millionen“. Im Interview spricht er über seinen Abschied von Runtastic, über die Pläne, die er bei Tractive verfolgt und verrät, warum das Startup das Zeug dazu hat, das nächste Runtastic zu werden.
t3n: Florian, du bist jetzt bei einem Startup für Haustier-Tracker eingestiegen. Hast du selber Haustiere?
Florian Gschwandtner: Ich fürchte, bei meinen Reisetätigkeiten wäre das dem Tier gegenüber nicht fair. Aber ich bin auf dem Bauernhof mit jeder Menge Tieren aufgewachsen und mein Vater ist Jäger. Da ist Tractive fleißig im Einsatz.
t3n: Das ist ja aber sicher nicht der Grund, warum du für Tractive nun im operativen Geschäft bist, oder?
Nee, Quatsch. Ich war dem Startup als Board-Member und Shareholder schon immer verbunden. Außerdem gibt es natürlich auch einige Parallelen zwischen Runtastic und Tractive: Beide sind im Subscription-Business tätig, bei beiden geht es irgendwie um GPS-Tracking, bei beiden spielt Hardware eine Rolle. Vor allem aber ist Michael Hurnaus, der CEO von Tractive, ein guter Freund von mir. Wir gehen gemeinsam ins Fitnessstudio. Als ich nach meiner Auszeit gemerkt habe, dass ich gerne wieder ein soziales Arbeitsumfeld hätte, also ein Team, in dem ich mitarbeiten kann, da habe ich natürlich auch mit Michi drüber gesprochen und mich schließlich für die Position bei Tractive entschieden.
t3n: Gab es denn Alternativen?
Es sind durchaus einige Headhunter mit spannenden Projekten auf mich zugekommen, die habe ich mir dann auch angeschaut. Für mich war aber klar, dass ich nicht nach London oder Berlin gehen will. Ich habe hier in Linz und Wien meinen Familien- und Freundeskreis, hier geht’s mir gut.
t3n: Chief Growth Officer, so heißt deine Position bei Tractive jetzt. Was genau machst du da?
Ich habe mir vor allem drei Baustellen vorgenommen. Zum einen bauen wir gerade einen LTE-Tracker für den amerikanischen Markt, damit wir in den USA durchstarten können. Unser jetziges Produkt funktioniert dort nicht wirklich. Dabei sehen wir in den USA ein riesiges Potenzial, es gibt nämlich im Grunde nur einen Mitbewerber und der ist viel kleiner, als wir es mit Tractive sind. Auch an der App kann man noch einiges machen. Das Produkt ist zwar supercool und hat mega viele Features, aber gerade was Design und Usability angeht, würde ich die App gerne auf ein anderes Level bringen.
t3n: Und was ist das Dritte?
Das dritte entscheidende Thema ist ganz klar das Brand-Building und die PR. Denn für so ein erfolgreiches Startup, das eigentlich schon cashflow-positiv ist und 80 Mitarbeiter hat, laufen wir noch ganz schön unter dem Radar. Um die Bekanntheit habe ich mich auch damals bei Runtastic schon ganz stark gekümmert, da werde ich mich auch zukünftig einsetzen, dass wir auf die ein oder andere Bühne kommen.
t3n: Du hast deine einjährige Auszeit erwähnt. Was hast du da so getrieben?
Das erste halbe Jahr bin ich viel gereist, war einige Zeit auf Hawaii und habe in Afrika eine Safari gemacht. Danach habe ich mich dann ein halbes Jahr stärker auf Investments konzentriert, habe Keynotes gehalten, ich war da also nicht ganz weg. Ich muss aber auch sagen: Die meisten denken, ich bin ein totales Arbeitstier. Und es stimmt, ich mag das Business richtig gerne. Ich kann aber eben auch total gut mal eine Woche rumliegen und gar nichts machen.
t3n: Also ist es dir nicht schwergefallen, Runtastic zu verlassen?
Nein, im Grunde gar nicht. Ich wusste, ich habe ein Team aufgebaut, das super funktioniert. Wenn man sein Baby in guten Händen weiß, ist es nicht schwer, einen Schlussstrich zu ziehen. So ging es mir zumindest.
t3n: Es gibt aber durchaus einige Anwender, die der Meinung sind, Runtastic sei in den Händen von Adidas nicht mehr das Gleiche …
Natürlich gibt es Umstellungsprozesse, die der Anwender nicht versteht und wo der sichtbare Effekt dann vielleicht erst Jahre später eintritt. Zugegeben, ich habe auch manche Entscheidung nicht verstanden und hätte vielleicht anders gehandelt. Aber am Ende ist es dann eben nicht mehr mein Unternehmen und ich muss die Entscheidungen auch nicht tragen.
t3n: Du hast gesagt, Tractive habe das Zeug, das nächste Runtastic zu werden. Hast du den nächsten Exit etwa schon im Blick?
Nein, auf keinen Fall. Tractive ist ein wirklich tolles Unternehmen und hat durch Konzept, Idee und die vielen Leute, die an Tractive glauben, einfach das Zeug dazu, genauso erfolgreich zu werden wie Runtastic. An einen Verkauf will ich dabei aber überhaupt noch nicht denken. Denn auch wenn ich als Investor von 20 Startups immer auch in anderen Projekten drinstecke, aktuell liegt mein ganzer Fokus auf Tractive.
t3n: Danke dir für das Gespräch!
Immer nur Exit Exit Exit Exit…
Warum haben wir in Europa bloß keine geilen Formen wie Facebook und Google hör ich euch ständig fragen? Könnte es daran liegen, dass alle nur noch gründen, um möglichst viel Kohle für sich selbst zu scheffeln? Die Firma so stark aufzublasen wie möglich, um dann hier einen Artikel zum „Mega-Exit“ zu bekommen?
Wenn wir all unsere Innovation nur deshalb schaffen, um sie am Ende doch nur an die Fortune 100 in die Staaten zu verhökern, bleiben wir auf ewig der digitale Sklave der USA.