Sampling-Urteil: Darum ist Kreativität manchmal wichtiger als Urheberrecht
Sampling, so urteilten die Richter des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, ist eine Kulturtechnik, die durchaus einen Eingriff in die Rechte eines Musikers oder Komponisten bedeuten kann – aber eben nicht muss, wenn das Sampling ausreichend verfremdet ist. Damit endet ein jahrzehntelanger Rechtsstreit zwischen Kraftwerk und Moses Pelham. Es ist einer dieser Prozesse, die über Jahrzehnte gehen – mal für den einen, mal für den anderen –, und bei denen man sich fragt, wieviel Geld der Rechtsapparat daran verdient haben mag. Gut angelegt im Sinne der Kunstfreiheit war das Geld im Nachhinein auf jeden Fall.
Konkret geht es um ein Sample aus Kraftwerks „Metall auf Metall“, das der Frankfurter Produzent und Musiker Moses Pelham in einem Track namens „Nur mir“ von Sabrina Setlur verwendet hatte. Nur ihm war Kraftwerk daraufhin so böse, dass die Düsseldorfer Elektronik-Pioniere ihn Ende der 90er Jahre verklagten. Im Laufe der Instanzen wurde einerseits klar, dass es eigentlich kein Recht auf das Verwenden selbst kurzer Samples gibt und dass andererseits viele Musikrichtungen ohne Sampling undenkbar wären. Doch was zählt mehr, das Recht am künstlerischen Eigentum (so kurz die Hüllkurve auch sein mag) oder die Kunstfreiheit?
Kreativität oder geistiger Besitz – was zählt beim Sampling mehr?
Heute fällte der EuGH also eines dieser Urteile, das man als Urheber falsch finden kann, das aber im Sinne der Kreativität richtig ist. Auf der einen Seite steht Kraftwerk – eine Formation, die für die elektronische Musik in Deutschland und weltweit mehr getan hat als die meisten anderen Bands –, auf der anderen die Musikszene aus ganz vielen Genres, die ohne Sampling nicht funktionieren würden. Schon 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass es keine „Verbotsmacht“ geben dürfe, die die Verwendung kleinster Tonschnipsel untersagen dürfe.
Ein Freibrief dafür, jedes Sample in Zukunft beliebig zu verwenden, ist das dennoch nicht. Der EuGH-Generalanwalt hatte vor einigen Monaten noch klar gemacht, er würde sich, im Gegensatz zum Bundesgerichtshof, eher auf die Eigentumsrechte der ursprünglichen Musiker berufen. Man müsse sich auch als Künstler „mit den Bedingungen des Lebens in der Gesellschaft und des Marktes“ abfinden, hieß es damals. Ein Satz, den man in beide Richtungen auslegen kann. Heute wurde er im Sinne der Kunstfreiheit ausgelegt.
Wozu die ganzen Verhandlungen, wenn zum schluss etwas rauskommt was komplett nichtssagend ist?
Entweder man darf es oder nicht. „Es kommt ganz auf den Fall an“ ist dann die haeufigste Antwort von Anwaelten.
Wie soll man sich dann auf Gesetze verlassen koennen bzw. sich nach ihnen richten, wenn diese so unscharf formuliert sind?