Schluss mit Billig-Schnäppchen? EU plant Regulierungsoffensive gegen Temu und Shein
![Wird die Paketflut aus Fernost bald aufgrund neuer EU-Gesetze gebremst? (Foto: Sahaphon/Shutterstock) Schluss mit Billig-Schnäppchen? EU plant Regulierungsoffensive gegen Temu und Shein](https://images.t3n.de/news/wp-content/uploads/2023/10/Pakete.jpg?class=hero)
Wird die Paketflut aus Fernost bald aufgrund neuer EU-Gesetze gebremst? (Foto: Sahaphon/Shutterstock)
Seit Monaten kritisieren Verbraucherschützer:innen die Praktiken chinesischer Plattformen wie Temu und Shein – und deutsche Händler:innen beklagen, dass sie deutlich strenger behandelt werden als die Verkäufer:innen in Fernost. Jetzt hat nicht nur die Bundesregierung ein Einsehen, die sich kürzlich im Rahmen eines Aktionsplans für den Handel dafür aussprach, insbesondere bei den beiden besagten Plattformen genauer hinzusehen. Auch die Europäische Union ist offenbar dazu bereit, die Kontrollen der an EU-Verbraucher:innen verschickten Produkte zu erweitern.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet und sich dabei auf die Financial Times beruft, plant die Europäische Kommission eine Direktive, die diese Woche vorgestellt wird und vorsieht, dass insbesondere Temu und Shein, aber prinzipiell auch andere Plattformen in Zukunft mitverantwortlich gemacht werden können, wenn ihre Händler:innen nicht gesetzeskonform handeln. Denn die Argumentationsweise, wie wir sie seit Jahrzehnten von einigen Handels- und Auktionsplattformen kennen, dass man ja nur die Plattform stelle und letztlich die Händler:innen ihrerseits für die Einhaltung aller Pflichten zuständig seien, würde dann nicht mehr uneingeschränkt gelten.
Zoll-Sonderregelung soll entfallen
In der Vergangenheit hatten die Kund:innen von einer Sonderregelung profitiert, wonach Waren mit einem Wert von weniger als 150 Euro pauschal vom Zoll befreit waren. Das hatten allerdings viele asiatische Händler:innen ausgenutzt und Warenkörbe in mehreren Einzellieferungen aufgeteilt. Hier wolle man sich in Zukunft auf die Kontrolle von Onlinekäufen konzentrieren, wobei unklar bleibt, wie diese in der Praxis selektiert werden sollen.
Laut der EU-Kommission kamen im vergangenen Jahr 91 Prozent sämtlicher E-Commerce-Sendungen aus dem Ausland mit einem Wert unterhalb der 150-Euro-Marke aus China. Insgesamt waren dies 4,6 Milliarden Sendungen mit geringem Wert, die in der EU eintrafen – mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2023.
Die Europäische Kommission kritisierte die „erheblichen Sicherheitsrisiken und Risiken der Nichteinhaltung“ und forderte alle Mitgliedsstaaten zur Mitwirkung auf. Übrigens ist in den USA im Rahmen der Zollmaßnahmen durch die Trump-Administration die zollfreie Einfuhr niedrigwertiger Waren bereits für Produkte aus einigen Staaten gekippt worden („De-minimis“-Regelung).
Werden die Bestellungen aus China bald teurer für uns alle?
Deutlich wurde im Rahmen der EU-Maßnahmen aber auch, dass die Kapazität der Zollabwicklung für eine solche Maßnahme kaum ausreichen wird. Das gilt insbesondere, weil es auch darum gehen dürfte, zu überprüfen, welche Produkte potenzielle Gefahren für die Verbraucher:innen darstellen oder welche davon Urheber- und Markenrechte verletzen. Denkbar ist insofern eine mittelfristige Zollreform, die ohnehin geplant war, vorzuziehen und hierbei den Fokus mehr auf das E-Commerce-Thema zu legen.
Was das im Hinblick auf die günstigen Preise für die Endkund:innen bedeutet, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Klar ist aber, dass viele Kund:innen die Komplexität eines Verzollungsprozesses scheuen werden. Nur wenn es gelingt, hier einigermaßen Workflows zu finden oder eine pauschale Versteuerung durch die Händler:innen zu erzielen, dürften Temu und Shein weiterhin so erfolgreich bleiben. Die Alternative wäre allerdings, dass die Plattformen die Logistik und Lagerhaltung ihrerseits innerhalb der EU durchführen und somit die Zollthematik verlagert wird.