Selbstbestimmung bis zum Schluss: Dipat revolutioniert die Patientenverfügung

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Wenn es unangenehm wird, stecken viele gerne den Kopf in den Sand. Genauso ist es auch bei dem Thema Patientenverfügung. Aktuelle Studien zeigen: 93 Prozent der Deutschen wissen über die Möglichkeit, eine Patientenverfügung verfassen zu können, Bescheid, doch nur knapp jeder Siebte nimmt das bisher auch in Anspruch. Noch schlimmer: Viele der Verfügungen sind im Ernstfall unbrauchbar. Nur wenige füllen sie vollständig aus oder wählen Formulierungen, die konkret genug sind, um den Ärzten in der intensivmedizinischen Praxis eine wirkliche Entscheidungshilfe bieten zu können.
Selbst bestimmen, solange man selbst bestimmen kann
„Viele verfallen in eine unbewusste Abwehrhaltung, wenn es um um den Tod beziehungsweise die eigene Hilflosigkeit geht“, sagt Corinna Schaefer, die als stellvertretende Leiterin des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin tätig ist, im Interview. „Das Problem: Eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht sollte man ausfüllen, solange man im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, doch solange man eine Patientenverfügung nicht braucht, gibt es kaum einen Impuls, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.“
Genau das hat auch Cathrin Wendt, die ihren echten Namen hier nicht lesen möchte, erlebt. Während ihre Mutter bereits frühzeitig eine Patientenverfügung vom Notar beglaubigen ließ, hatte ihr Vater es bis zuletzt hinausgezögert, sich mit diesem unangenehmen Thema beschäftigen zu müssen – und dann war es irgendwann zu spät. Die vorangeschrittene Demenz ließ eine selbstbestimmte medizinische Behandlung irgendwann nicht mehr zu. Hinzu kommt: Sollte per Verfügung keine Person festgelegt worden sein, die sich fortan um die Umsetzung des eigenen Willens kümmert, muss das Gericht einschreiten. „Wir hatten Glück, dass wir auf einen sehr freundlichen Richter und auch auf einen sehr verständnisvollen Arzt getroffen sind, die uns dabei geholfen haben, den letzten Willen meines Vaters umzusetzen“, berichtet Cathrin Wendt. „Uns wurden dabei als Familie keine Steine in den Weg gelegt, was sicher auch mit dem hohen Alter meines Vaters zu tun hatte. So alte Menschen sind für ein Krankenhaus natürlich nicht mehr so wirtschaftlich. Wäre er aber erst 74 und nicht 94 gewesen, hätte das Ganze vielleicht schon anders ausgesehen.“
Immer aktuell und wirksam: Dipat erfindet die Patientenverfügung 2.0
Paul Brandenburg erlebte die Problematik unwirksamer Patientenverfügungen in seiner Tätigkeit als Notarzt und Intensivmediziner jeden Tag: „Die Ärzte sind verpflichtet, im Zweifel alles Machbare zu tun, um den Patienten am Leben zu halten, obwohl der das vielleicht gar nicht gewünscht hat. Den Preis für eine unwirksame oder im Notfall nicht auffindbare Patientenverfügung zahlen am Ende die Angehörigen, die am Bett des Patienten leiden und schlimmstenfalls in einen Gewissenskonflikt geraten.“ Diese Diskrepanz brachte den Mediziner dazu, eine elektronische Form der Patientenverfügung zu entwickeln, die seit Ende 2015 verfügbar ist und seitdem von allen Seiten viel Lob und Zustimmung erhält. Dipat wurde von Fachärzten und Spezialisten für Intensiv- und Notfallmedizin entwickelt.
Im Zentrum des elektronischen Angebots steht das medizinische Online-Interview, das die Wünsche und Vorstellungen erfasst und in eine Fachsprache übersetzt, die gewährleistet, dass es letztendlich zu keinen Ungenauigkeiten oder Widersprüchen kommen kann. Außerdem ist es den Nutzern möglich, ihre Verfügung online hinterlegen zu lassen und einen Signalaufkleber für ihre Gesundheitskarte zu erhalten. Durch die ständige Aktualisierung mit Hilfe von Ärzten und Juristen bleibt die Patientenverfügung immer auf dem neuesten Stand. Diese Maßnahmen helfen dem Krankenhauspersonal im Notfall dabei, den Behandlungswillen des Patienten schnellstmöglich ausfindig zu machen. Und: Werden die Daten durch Notfallmediziner abgerufen, werden die zuvor festgelegten Notfallkontakte automatisch per SMS und E-Mail informiert. Derzeit kostet dieser Service 48 Euro im Jahr. Doch auch gesetzliche Krankenkassen sind bereits auf das Startup aufmerksam geworden. So kooperiert beispielsweise seit diesem Jahr die DAK mit Dipat und ermöglicht ihren Versicherten einen Vorteilspreis.
Gut zu wissen: Patientenverfügung und Organspende
Wer sich mit dem eigenen Sterben auseinandergesetzt hat, wünscht sich in vielen Fällen, im Krankenhaus nicht künstlich durch Maschinen am Leben erhalten zu werden, wenn es keine Aussicht auf Heilung mehr gibt. Eine Organspende, die sich ebenfalls in der Patientenverfügung festhalten lässt, erscheint für diesen Ernstfall als eine Art Kompromiss: Wenn ich nicht weiterleben kann, so sollen doch wenigstens andere, kranke Menschen durch eine Transplantation eine zweite Chance bekommen. Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gaben 56 Prozent der Befragten an, bereits eine Entscheidung zum Thema Organ- und Gewebespende getroffen zu haben – knapp drei Viertel davon stimmten einer Entnahme nach dem Tod zu.
Was viele aber nicht wissen: Um als Organspender in Betracht zu kommen, dürfen in der Patientenverfügung lebenserhaltende Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden, denn dies ist ein Widerspruch in sich. Bevor die Organe oder das Gewebe entnommen werden können, müssen zunächst alle Voraussetzungen für die Spende geklärt werden. Die zumindest zeitweise Fortführung intensivmedizinischer Maßnahmen ist dafür unbedingt notwendig.
Besser zu früh als zu spät
„Meine Empfehlung: Spätestens, wenn man die Diagnose einer schwerwiegenden, chronischen Erkrankung erhält, sollte man sich intensiv mit dem Thema Patientenverfügung auseinandersetzen – gerne aber auch schon früher. Wichtig ist vor allem die Entscheidung, wer im Ernstfall die eigenen Wünsche vertreten soll“, rät Corinna Schaefer vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin. „Der Hausarzt kann hierbei ein wichtiger Ansprechpartner sein. Allgemeinmediziner versorgen mehr als 80 Prozent der Palliativpatienten, weshalb es gut ist, den Arzt seines Vertrauens frühzeitig zu involvieren. Auch schadet es nicht, sich von Zeit zu Zeit mit seinen Angehörigen über die eigenen Wünsche auszutauschen – und sei es nur, um seine bereits verfasste Patientenverfügung erneut mündlich zu bestätigen. Je genauer man seine Vorstellungen formuliert, desto mehr trägt man dazu bei, seine Angehörigen zu entlasten.“
Eine repräsentative Studie, die das Startup Dipat selbst mit Appinio durchgeführt hat, ergab, dass weniger als die Hälfte aller Befragten sich dazu in der Lage fühlten, im Ernstfall für die eigenen Eltern entscheiden zu wollen. Die Sorge davor, falsche Entscheidungen zu treffen, verunsichert viele. Ebenso gaben 44 Prozent an, nicht zu wollen, dass ihr Ehe- oder Lebenspartner an ihrer Stelle ein intensivmedizinisches Urteil fällen.
Dipat ist ein Tool, das dabei helfen kann, all diese Sorgen und Unsicherheiten zu nehmen. Und vielleicht trägt die Transformation ins digitale Zeitalter ja auch dazu bei, dass uns der Umgang mit Tod und Versehrtheit in Zukunft ähnlich leicht von der Hand geht, wie das Abschließen einer Autoversicherung oder das Checken unseres Kontostandes.
Begleitend mit Dipat kommt (für WordPress-Affine) EmergencyWP in Frage: es erkennt, wenn Benutzer gestorben sind und kann daraufhin automatisch Prozesse ausführen. Informationen übergeben, Zukunfts-Mails senden. Über Zapier können hunderte Apps angewiesen werden, im Fall der Fälle was zu tun. Gute Kombi!