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Biolumineszenz im Wohnzimmer: Warum mich diese Gentech-Petunien nicht zum Strahlen bringen

Zwei sogenannte Firefly-Petunien sind bei einem Versandunglück ums Leben gekommen, berichtet unser Autor. Andere Kund:innen in den USA, wo die Pflanze zugelassen ist, hatten mehr Glück.

Von MIT Technology Review Online
5 Min.
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Das Startup Light Bio entwickelte grün leuchtende Petunien. In den USA konnten sich Interessierte diese Pflanze für ihr Zuhause bestellen. (Bild: Light Bio)

Vor ziemlich genau sechs Wochen habe ich Firefly-Petunien vorbestellt. Das sind Zimmerpflanzen, die mit den Genen von biolumineszierenden Pilzen ausgestattet sind, damit sie im Dunkeln leuchten.

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Nachdem ich jahrelang über die eher gentechnikfeindliche Stimmung in den USA und anderen Ländern berichtet hatte, war es für mich an der Zeit, selbst etwas Spaß mit der Biotechnologie zu haben. Diese Pflanzen gehören zu den ersten gentechnisch veränderten Organismen, die man in den Vereinigten Staaten direkt als Verbraucher:in kaufen kann. Unter dem bislang kleinen Angebot schienen sie mir die coolste Option zu sein.

84 Dollar für einen totalen Reinfall

Doch als ich dann meine beiden Petunien auspackte, die mir per Paket zugestellt wurden, waren sie in einem schlechten Zustand und hatten schon verfaulte Blätter. Innerhalb eines Tages waren sie dann anscheinend ganz tot. Mein erster Versuch, Biotech-Experimente zu Hause zu machen, war ein totaler Reinfall. 84 US-Dollar kostete mich das, inklusive Versand.

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Dabei kamen die Pflanzen in einem hübschen schwarzen Karton mit Neonschriftzug, der mich auf die lebendige Fracht darin aufmerksam machen sollte. Die Petunien, die etwa zwölf Zentimeter groß waren, befanden sich jeweils in einer durchsichtigen Plastikhülle, damit sie aufrecht transportiert werden. Staatliche Warnhinweise auf der Rückseite des Kartons versicherten mir, dass sie frei von Schädlingen wie Japankäfern, Süßkartoffelkäfern, der Schnecke Helix aspera und Schwammspinnern seien.

Der Grund für den schlechten Zustand der Pflanzen war allerdings der Zeitpunkt meines Öffnens des Pakets. Das Problem war nämlich, dass ich am selben Tag in den Urlaub fuhr, an dem Light Bio, das Startup, das die Gentech-Petunien verkauft, mir eine E‑Mail mit der Versandbestätigung geschickt hatte – samt UPS-Expressnummer. Ich hatte die Nachricht nicht gesehen und hätte sowieso nichts machen können, weil ich nicht zu Hause war. Also standen die schönen Pflanzen sieben Tage lang ohne Wasser im Dunkeln. Der Karton wurde zu ihrem Sarkophag.

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Mein Fehler? Vermutlich. Aber es war einfach nicht klar, wann Light Bio meine Bestellung genau versenden würde. Andere Käufer:innen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Mat Honan, Chefredakteur der US-Ausgabe von MIT Technology Review, erzählte mir, dass seine eigene Petunie an dem Tag ankam, als seine Familie nach Japan fliegen sollte. Glücklicherweise öffnete der Haussitter, der seine Eidechse fütterte, die Schachtel, und Honan berichtet, dass die Pflanze in seinem Garten immer noch am Leben ist.

Glüht sie auch?

Allerdings gibt es ein Problem: Mein Chef hat bislang nichts von der Biolumineszenz erlebt, die Light Bio bewirbt. Selbst als er die Gentech-Petunie in ein stockdunkles Badezimmer getragen hat, war da nichts von einem Leuchten zu sehen. Vielleicht müssen Käufer:innen aber einfach nur Geduld haben. Denn es sind die Blüten, die am hellsten leuchten. Deshalb kann es sein, dass man die Petunie ein paar Wochen lang pflegen muss, bevor sie Blüten bekommt und man den geheimnisvollen biologischen Effekt sieht.

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„Ich hatte zwei Blüten, als ich meine Schachtel öffnete, aber leider sind sie abgefallen. Daher habe ich die Pflanze auch noch nicht leuchten sehen. Ich hoffe aber, dass die Pflanzen bald wieder blühen“, sagt Kelsey Wood, Postdoktorandin an der University of California, Davis, die ebenfalls zu den Käufer:innen gehört.

Sie selbst würde die Pflanzen gern in ihren Vorlesungen an der Universität einsetzen. „Expert:innen auf dem Gebiet der synthetischen Biologie träumen schon seit vielen Jahren davon, eine biolumineszierende Pflanze herzustellen“, sagt sie. „Aber sie konnten den Effekt nicht hell genug bekommen, um ihn mit bloßen Augen zu sehen.“

„Kein Leuchten wie verrückt erwartet“

Andere Tester hatten von Anfang an Erfolg. Das war etwa der Fall bei Tharin White, dem Herausgeber einer Website über Freizeitparks. „Die Pflanze hatte viel Schutzmaterial um sich herum. Aus der Broschüre erfuhr ich, was man tun muss, um ihr zum Leuchten zu verhelfen“, erzählt er. Bei wirklich völliger Dunkelheit sei das Leuchten durchaus stark. „Wenn man hingegen nur in einem düsteren Raum ist, kann man es nicht wirklich sehen. Davon abgesehen habe ich kein Leuchten wie verrückt erwartet, also erfüllt [die Petunie] meine Erwartungen.“ In einem Post auf X zeigt er, wie es aussieht.

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Der Chronobiologe Brian Hodge hatte ebenfalls Erfolg, indem er seine Petunie sofort in einen größeren Topf umsetzte, sie mit Nährstoffen versorgte, gut wässerte und ins Sonnenlicht stellte. „Nach einer Woche oder so begann sie wirklich schnell zu wachsen, und die Knospen zeigten sich etwa am zehnten Tag. [Die Blüten] leuchten so, wie ich es erwartet hatte. Es ist aber kein Neonlicht, sondern eher ein sanftes Leuchten“, so der wissenschaftliche Mitarbeiter an der University of California in San Francisco.

Bei seiner täglichen Arbeit hatte Hodge schon früher mit biolumineszenten Lebewesen zu tun – hauptsächlich mit Bakterien – und erzählt, dass er dafür dann immer sogenannte Photomultiplier-Röhren brauchte, um etwas zu sehen. „Meine Erfahrung mit biolumineszierenden Zellen ist, dass das Licht, das sie erzeugen, mit bloßem Auge nur schwer zu erkennen ist.“ Er war also mit der Lichtmenge zufrieden, die er von den Pflanzen sah. „Man muss wirklich alle Lichter ausschalten, damit sie einem wirklich ins Auge springen.“ Hodge hat einen hübschen Schnappschuss seiner Petunie auf X gepostet, der aber erst möglich war, nachdem er sein iPhone auf eine Belichtungszeit von zwei Sekunden eingestellt hatte.

Nachschub mit Ablegern

Der Chef von Light Bio, Keith Wood, antwortete zwar nicht auf eine E‑Mail mit meinen Fragen, warum die Gentech-Petunie so schnell abzusterben scheint. In einem Interview im letzten Monat sagte er mir aber, dass der Verkauf der Pflanze „viral“ gegangen sei und dass dem Unternehmen wahrscheinlich schnell der vorhandene Vorrat ausgehen würde. Um neue Pflanzen zu erzeugen, mietet Light Bio kommerzielle Gewächshäuser an, in denen die Ableger in Wasser gelegt werden, wo sie nach ein paar Wochen neue Wurzeln treiben. Laut Wood ist die Pflanze „ein seltenes Beispiel dafür, dass die Vorteile der Gentechnik von der Öffentlichkeit leicht erkannt und erlebt werden können“.

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Forscher Hodge sagt, er habe sich für die Pflanze interessiert, nachdem er einen Artikel über die Bekämpfung von Lichtverschmutzung durch den Einsatz biolumineszenter Pflanzen anstelle von Straßenlaternen gelesen hatte. Als Biologe, der untersucht, wie sich Tag und Nacht auf das Leben auswirken, hat er Sorgen, dass das die natürlichen Biozyklen von Menschen und Tieren durcheinanderbringt.

„Ich konnte es mir einfach nicht entgehen lassen, einer der ersten Besitzer dieser Pflanze zu sein“, sagt Hodge. Sobald man das Licht ausschaltet, sei das Leuchten wirklich „wunderschön“. „Man hat das Gefühl, etwas aus einem futuristischen Science-Fiction-Film zu erleben.“ Ich wiederum muss nun abwägen, ob ich einen neuen Versuch starte.

Der Artikel stammt von Antonio Regalado. Er ist Redakteur bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review. Regalado schreibt über Themen aus der Biomedizin.
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