„Habt ihr ‘nen Knall?“ So kriegen Gründer raus, wie viel ihr Startup wirklich wert ist
„Habt ihr ’nen Knall!?“
Unternehmensbewertungen sind ein heikles Thema. Besonders in der Startup-Show „Die Höhle der Löwen“, die jeden Dienstag Millionen vor den TV-Bildschirm lockt, treffen oft Welten aufeinander: „Habt ihr ’nen Knall?“ oder „Seht ihr das Feuer? Ob ich das Geld in dieses Feuer gebe oder Ihnen, es wird das Gleiche passieren: Es wird verbrennen“ sind nur einige der Reaktionen, die sich ambitionierte Gründer auf der Suche nach Kapital anhören müssen. Nun spiegelt die Sendung natürlich nicht die realen Verhandlungsbedingungen zwischen Investoren und Gründern wider. Doch rückt sie durchaus die Relevanz von Bewertungen bei Startup-Finanzierungen ins öffentliche Licht.
Startup-Bewertungen sind in der Höhle der Löwen ein heikles Thema. (Foto: Vox)Explosion bei Startup-Bewertungen
Tatsächlich hat sich das Bewertungsniveau von Startups in den letzten Jahren massiv erhöht. Laut einer Studie der Marktforschungsfirma Pitchbook sind die Bewertungen allein in den USA im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um 26 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2012 wurden Startups sogar um 42 Prozent höher bewertet. Beispiele für diese Bewertungsexplosion liefern nicht nur US-Firmen wie Bewertung von 2,6 Milliarden Euro beigemessen wurde.
Da stellt sich die Frage, wie solch astronomische Bewertungen überhaupt zustande kommen. In diesem Artikel soll deshalb erklärt werden, was hinter einer Unternehmensbewertung steckt, was sie beeinflusst, wie man sie annäherungsweise berechnet und woraus sich ergibt, wie viele Anteile ein Gründer für aufzunehmendes Kapital an einen Investor abtreten muss.
Vorweg: Startup-Bewertungen sind immer subjektiv. Sie sind von Investor zu Gründer unterschiedlich und basieren auf Geschäftszahlen, die in der Regel nicht öffentlich bekannt sind. Zudem gibt es je nach Geschäftsmodell und Unternehmensform unterschiedliche Bewertungsmethoden, auf die hier der Komplexität wegen nicht weiter eingegangen werden kann. Es geht darum, ein Grundverständnis für das System von Startup-Bewertungen zu vermitteln.
Warum Unternehmensbewertungen wichtig sind
Spätestens wenn das erste Fremdkapital durch einen Investor rangeschafft werden soll, müssen sich Gründer mit dem Wert ihres Unternehmens auseinandersetzen, schließlich ist er die Verhandlungsgrundlage und entscheidet darüber, wie viel Geld man im Tausch gegen Anteile erwarten kann. Für Startups in der Frühphase ergeben sich gegenüber klassischen Unternehmensfinanzierungen oder Verkäufen noch einige Besonderheiten. So ist das Produkt in der Regel noch nicht weit entwickelt oder erst seit wenigen Monaten auf dem Markt, es fehlt an Infrastruktur und Umsätze werden gerade im Software-Bereich anfangs nicht generiert.
Wie viele Anteile an Investoren für einen Geldbetrag abgegeben werden müssen, hängt von verschiedenen Faktoren der Unternehmensbewertung ab. (Foto: Shutterstock)Trotzdem werden im Rahmen üblicher Seed-Finanzierungen in Höhe von 100.000 Euro oft gerade mal zehn Prozent der Anteile abgegeben, was nach Adam Riese einem Unternehmenswert von einer Million Euro entsprechen würde. Hier gilt zu beachten, dass das natürlich nur einen theoretischen Verkaufswert darstellt. Insofern ist die Bewertung von Startups bei Erstfinanzierungen primär eine Wette auf die Zukunft. Sie ermittelt sich aus verschiedenen Faktoren, die Rückschlüsse über das Wachstumspotenzial des Startups zulassen.
Diese Faktoren beeinflussen Startup-Bewertungen
- Attraktivität des Marktes: Investoren haben einen Herdentrieb. Je erprobter ein Segment (zum Beispiel Cloud-Computing) ist, in dem sich ein Startup bewegt, desto größer sind die Erfolgschancen. Wenn beispielsweise schon bekannte Venture-Kapital-Firmen in ein Segment investiert haben und Exit-Erfolge vorweisen können, erhöht das die Attraktivität des Startups und damit ihre Bewertung.
- Reputation der Gründer: Je nach Vorbildung und Erfahrung der Gründer kann die Reputation des Teams großen Einfluss auf die Bewertung eines Startups haben. Haben Gründer also schon vorher erfolgreich ein Startup gegründet oder in führender Position bei einem Technologie-Konzern gearbeitet, treibt das die Bewertung.
- Innovationsgrad des Produkts: Neben der Attraktivität des Marktes muss auch das Produkt stimmen. Hinsichtlich der Bewertung ist hier entscheidend, wie neuartig eine App oder eine Technologie sind. Was ist der USP gegenüber vergleichbaren Anbietern am Markt? Könnte das Produkt leicht von der Konkurrenz kopiert werden? Gibt es Patente? Je einzigartiger ein Produkt, desto höher die Bewertung.
- Stärke der Traction: Ist ein Startup schon mit einem Produkt am Markt, hängt die Bewertung davon ab, wie es von der anvisierten Zielgruppe angenommen wird. Wie viele Nutzer gibt es derzeit, wie viele kommen jeden Monat hinzu? Je höher die Wachstumsraten, desto höher die Bewertung.
- Höhe der Umsätze: Habt ihr schon verkauft? Eine Frage, die Gründern in der Höhle der Löwen jede Woche gestellt wird. Gerade bei Online-Shops, Hardware-Produkten oder Apps mit existierendem Geschäftsmodell steigt die Unternehmensbewertung proportional zur Höhe der Umsätze.
Beispiel: So wird ein Startup bewertet
Aus dem Zusammenspiel dieser Faktoren ergibt sich die Gesamtbewertung eines Startups – und damit vereinfacht gesagt die Menge der prozentualen Anteile, die Gründer im Tausch für Investorengelder abgeben müssen. Mathematisch wird die Menge der Anteile zum einen über den Dreisatz berechnet, zum anderen ist aber noch zu berücksichtigen, ob bei einem Investment von einer Post- oder Pre-Money-Bewertung ausgegangen wird. Das bedeutet, dass bei einer Finanzierungsrunde entweder eine Bewertung vor oder nach dem Einstieg des Investors zugrundegelegt wird. Ein abschließendes Beispiel:
Will ein Investor auf Basis einer Post-Money-Bewertung 25 Millionen Euro in ein Startup investieren, das 75 Millionen Euro wert ist, bekommt er 25 Prozent der Unternehmensanteile, da der Wert des Unternehmens durch sein Investment auf 100 Millionen Euro steigt. Geht er beim selben Investment hingegen von einer Pre-Money-Bewertung aus, bekommt er 33 Prozent der Unternehmensanteile. Können sich beide Parteien einigen, kommt es zu einem Deal.
Übrigens: Wenn ihr selbst mal durchspielen wollt, was euer Startup wert ist, könnt ihr mit diesem Online-Kalkulator euren Unternehmenswert ermitteln.
Ich hätte Pre- und Post-Money-Bewertung genau anders rum verstanden:
Pre-Money: Man bewertet das Unternehmen bevor das Geld vom Investor dazu kommt. 75 Mio ist das Unternehmen wert, 25 Mio wird investiert > Investor erhält 33% Anteile.
Post-Money: Man bewertet das Unternehmen nachdem das Geld vom Investor dazu gekommen ist. 75 Mio Unternehmenswert + 25 Mio Investition = 100 Millionen, Investor erhält 25% Anteile.
Hallo Manfred,
Danke für den Hinweis. Das ist völlig korrekt und habe die Angaben korrigiert!
Beste Grüße aus Hannover
Daniel
Freut mich, dass ich helfen konnte! :-)
LG Manfred
Es gibt schon so einige Unternehmen in der IT-Branche mit wahnsinnig hohen Unternehmensbewertungen bei denen man sich fragt, wie das zustande kommen kann. Aber naja, ist ja nicht mein Geld^^
Bei Löwen gehts aber um die erste Runde.
Was zu wenig von der Cashburner-Jubel-Presse erklärt wird ist folgendes:
In höheren Runden verkauft man kleine Prozente oder erhöht das Kapital und bezahlt pro Prozent in jeder Runde krass mehr. Dadurch werden die schon vorhandenen Investments „künstlich“ höher bewertet als was wirklich damals von früheren Investoren reingesteckt wurde.
Die ursprünglichen Investoren hingegen investieren oft keinen weiteren Cent. Deren Anteile werden von den neuen Investments also als höher bewertet obwohl sie nix dazugetan haben. Diese Investments sind auch keine öffentlichen Auktionen oder so. Wenn also die Börsengangs-Bank „zufällig“ ein paar Monate vor dem Börsengang 1 Promille für xx Millionen kauft, weiss man im Umkehrschluss wie „die Bewertung“ für 100% wäre.
Manchen Fonds wird auch Window-Dressing vorgeworfen. „Unterm Jahr“ also zwischen Weihnachten und Neujahr wenn alle Rechner ausgeschaltet sind und deshalb alle Botnetze schlafen und das Spam-Aufkommen klar messbar weniger als 10% vom täglichen Normalaufkommen ist, werden mit ein paar kleinen Kauforders zu hohen Preisen angeblich von einigen Teilnehmern die Preise für bestimmte Aktien höher wirken gelassen. Damit sieht der Jahres-Abschluss etwas höher aus. Wer zum Pitch geht brezelt sich ja auch auf.
Bei den höheren Investmentrunden gilt wohl ähnliches. Das viele IPOs abgesagt wurden und viele frische Börsengänge wohl inzwischen unter Ausgabepreis liegen (also Geld verloren haben) sollte man auch nicht vergessen. Von daher schaden die althergebrachten Metriken auch nicht unbedingt.
Löwen sollte ein ROI-Schema und andere Metriken als nette Grafiken aufbereiten und die Startups sollten dort ein paar Werte eintragen je nachdem was sie öffentlich machen wollen. Oder man verzichtet drauf und kriegt kein Investment…
Wer öfter mal guckt erkennt schnell das oft ähnliche Fragen gestellt werden und leider oft dieselben Fehler stattfinden. Wenn Nichtskönner sich scharenweise bei Casting-Shows blamieren ist das normal. Bei Löwen hingegen sollte man vorher entsprechend betreuen. Transkripte wären nett.
Und jeder Gründer sollte eine BWL-Grundausbildung kriegen und per Test am Ipad beweisen das er die Grundkenntnisse hat und jeden Monat erweitert.
Diese Restaurant-Retter, Schulden-Retter oder Garagen-Aufräumer/Verwerter oder Auto-Verbesserungs-Sendungen haben fast immer eine Kalkulation mit Zahlen auf einem Whiteboard oder Monitor.
Da könnte man dann auch Zahlen wie bei Fußball-Tabellen mit anderen Löwen-Startups vergleichen.
„Bauchgefühl-Entscheidungen“ wirken nicht notwendigerweise seriös.
Und von wegen „ist nicht mein Geld“. Gewerkschaften (Streik-Ersparnisse) und Versicherungen (Kapital-Lebensversicherungen, Kapital-Renten-Versicherungen, …) investieren in Unternehmen und die wieder in weitere Unternehmen.
Wenn durch unnötig große Firmen-Verwaltungen und ständige Übernahmen der Bilanzwert höher gesetzt wird, damit die Bonis entsprechend steigen aber der Kleinaktionär nie Gewinne ausgezahlt bekommt, weil die Blase platzt, wird davon Miswirtschaft (also quasi das „CO2“ der Wirtschaft) und verzichtbare bonzige Mismanager und ihre Lobby-Freunde und Juristen usw. finanziert während die Mieten steigen, Produkte immer kürzer halten und die Armut ständig wächst.
Die ehrlichen Firmen oder uralte Marken-Namen werden dann in der Rezession z.B. billig aufgekauft und oft dann in günstigere Länder umgezogen. Beispiele gibts genug. Auch hier.