Was steckt hinter der Binance Smart Chain?
2015 hat Ethereum den Kryptomarkt mit Smart Contracts revolutioniert. Ab diesem Zeitpunkt war es möglich, dezentrale Anwendungen direkt auf der Blockchain zu programmieren. Dieser Fortschritt bildet die Grundlage für die heutigen Defi-Anwendungen. Knapp fünf Jahre hat es bis zum ersten Defi-Hype und der breiten Aufmerksamkeit der Krypto-Community gedauert. Neben der unzureichenden Infrastruktur sind auch fehlende Anwendungen als Grund für den mehrjährigen Stillstand zu nennen.
Doch die steigende Nachfrage hat auch ihre Schattenseiten. Das Netzwerk kann nur eine begrenzte Anzahl an Transaktionen verarbeiten und hält daher dem aktuellen Andrang kaum noch stand. Die dadurch immer wieder steigenden Transaktionsgebühren machen viele dezentrale Anwendungen nicht mehr nutzbar. Insbesondere Kleinanleger sehen sich mit teils untragbaren Transaktionsgebühren konfrontiert.
Ethereum 2.0 und 2nd-Layer-Lösungen für mehr Skalierbarkeit
Das Problem der Skalierbarkeit soll spätestens mit Ethereum 2.0 der Vergangenheit angehören. Doch die komplette Umstellung ist nicht vor 2022 zu erwarten. Bis dahin soll das Update EIP-1559, das für Juli 2021 geplant ist, Abhilfe schaffen und die Transaktionsgebühren mit einem optimierten Gebührensystem reduzieren.
Auch die 2nd-Layer-Lösungen wie Optimism, die schnellere und günstigere Transaktionen versprechen, sollen das Problem der Skalierbarkeit vorerst eliminieren. Doch auch hier müssen sich die Nutzer bis frühestens Juli 2021 gedulden.
Die Entwicklung geht derweilen vielen Investoren, Spekulanten und Anwendern nicht schnell genug. Sie suchen bereits seit Anfang des Jahres nach geeigneten Alternativen. Kein Wunder, wenn eine Interaktion mit einem Smart Contract auf Ethereum teils über 100 US-Dollar kostet.
Binance Smart Chain wird zur Alternative
Hier kommt die Binance Smart Chain (BSC) ins Spiel. Die Blockchain-Lösung der größten Krypto-Börse der Welt – Binance lässt Nutzer nicht nur schnelle und günstige Transaktionen genießen, sondern via Interoperabilität auch Ethereum-Applikationen wie die MetaMask-Wallet uneingeschränkt nutzen. Durch die Kompatibilität von BSC mit Ethereum können Programmierer ohne Einschränkungen den gleichen Code auf BSC verwenden. Möglich wird das über die Integration der Ethereum Virtual Machine (EVM). Das macht den Übergang von Ethereum auf BSC unkompliziert und einfach.
Ein Vorteil, der hier zum Tragen kommt, ist die Open-Source-Kultur von Defi. Die Quellcodes der großen dezentralen Anwendungen auf Ethereum sind offen und können uneingeschränkt auf BSC übernommen werden. So sind innerhalb kürzester Zeit viele bekannte dezentrale Anwendungen als abgewandelte Kopien auf BSC entstanden und erfreuen sich aktuell reger Beliebtheit. Dafür sprechen auch die hinterlegten Kryptowährungen, die in den verschiedenen Smart Contracts auf BSC gebunden sind. Alleine innerhalb der letzten 30 Tage haben sich die hinterlegten Assets in Dollar verdoppelt. Zu den beliebtesten dezentralen Anwendungen zählen Lending- und Farming-Protokolle und dezentrale Börsen.
Diese Entwicklung hat unter anderem auch zu einem steigenden Preis von BNB geführt, der nativen Kryptowährung von Binance. Durch die Integration des Binance Coin (BNB) innerhalb des BSC-Ökosystems steigt die Nachfrage nach der Kryptowährung und somit entsteht der preistreibende Effekt.
Ethereum bleibt der Platzhirsch
Ungeachtet der steigenden Nachfrage nach BSC und anderen Möglichkeiten bleibt die erste Smart-Contract-Plattform weiterhin an der Spitze. Zu groß ist der Abstand zur Konkurrenz. Dabei geht es nicht nur um zahlreiche Dokumentationen, die vor allem Entwicklern das Leben erleichtern, sondern um Infrastruktur, Sicherheit, Dezentralität und Netzwerkeffekte.
Ethereum kann auf ein großes Netzwerk von Entwicklern, Anwendern und dezentralen Anwendungen zurückgreifen. Die hohen Transaktionsgebühren sind zwar besonders für kleinere Marktteilnehmer eine Zumutung, aber zeigen zugleich, dass das Ethereum-Netzwerk so beliebt ist wie noch nie zuvor.
BSC und weitere Alternativen eher kurzlebig
Seriöse Entwickler und Unternehmen entscheiden sich nach wie vor, ihre Anwendungen auf Ethereum zu entwickeln. Die Vorteile überwiegen immer noch deutlich. Besonders die kaum vorhandene Dezentralität auf BSC ist ein großes Problem für das Narrativ von Defi, das das Wort „decentralized“ ja bereits im Namen trägt. Der einzige Weg, um auf BSC zu gelangen, ist der Weg über die zentrale Krypto-Börse Binance oder die zentrale Binance-Bridge. Hier hat der zentrale Anbieter die volle Kontrolle und kann die Ein- und Auszahlungen auf BSC jederzeit stoppen. Damit entsteht ein direkter Bottleneck, der die BSC zentralisiert.
Binance hat erst vor wenigen Tagen Auszahlungen aus der Binance Smart Chain ausgesetzt, um einen Betrüger daran zu hindern, gestohlene Kryptowährungen zu waschen. Obwohl die Opfer sich über die Maßnahme gefreut haben, hat dieser Eingriff deutlich gezeigt, wie zentralisiert die BSC letztendlich ist.
Viele Ethereum-Befürworter sehen in der BSC daher vielmehr eine zentralisierte Datenbank.
Bis die ersten 2nd-Layer-Lösungen bei den großen DApps auf Ethereum integriert werden, bleiben alternative Smart-Contract-Plattformen wie BSC weiterhin im Trend.
Open-Source-Protokolle spielen nach anderen Regeln als Unternehmen im klassischen Markt. Hier gewinnen oft die First Mover aufgrund von Netzwerkeffekten, sowie der höheren Sicherheit und Dezentralität. Obwohl es oft vergessen wird, spielt die Skalierbarkeit keine Rolle, wenn das Netzwerk nicht sicher und dezentral genug ist. Hier hat Ethereum deutlich die Nase vorne und profitiert zudem vom Track-Record, der für zusätzliches Vertrauen sorgt und immer mehr Unternehmen, Entwickler und Anwender auf sich zieht. Solange Ethereum nicht durch sich selbst scheitert, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass eine alternative Lösung den Platz einnimmt.