Der deutsche Gaming-Markt wächst, die örtlichen Studios nicht – so lautet eine der Quintessenzen des 160-Seiten-Dokuments. Die Hamburg Media School hat das Papier in Zusammenarbeit mit der Universität der Hansestadt verfasst. Es betrachtet die letzten drei Jahre, zieht Schlussfolgerungen und gibt Ratschläge für die Zukunft. Das Bundesverkehrsministerium übernahm die Kosten zu 85 Prozent, der Auftraggeber „Game“ den Rest.
Schwerer, aber lukrativer Markt
Vom ersten Halbjahr 2019 bis zum selben Zeitraum in 2020 stiegen die Spiele-Umsätze im deutschen Markt um elf Prozent. Die Macher prognostizieren eine noch stärkere Nachfrage für das zweite Halbjahr 2020 aufgrund der Pandemie. Doch der Marktanteil der deutschen Titel bleibt auf niedrigem Niveau: 4,9 Prozent. 2017 stand er auf 5,4 Prozent. Im Dokument steht, schon einzelne AAA-Titel wie Anno 1800 oder Tropico 6 ließen den Anteil wachsen. Im wachsenden Bereich Mobile Games sinkt die Quote deutscher Produktionen sogar. Der Markt sei international sehr umkämpft und das erschwere den Zutritt für kleine und mittlere Entwickler mit entsprechenden Werbebudgets, erklären sich die Verfasser diesen Trend.
Dabei liegt die Mehrheit der deutschen Spielefirmen im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU): 70 Prozent der Studios beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter. Außerdem sind sie meist sehr jung: Sieben Jahre existiert eine deutsche Spiele-Schmiede im Durchschnitt, jede Zweite kürzer als fünf Jahre. Dass der hiesige Markt für internationale Player sehr attraktiv sei, verschärfe den Wettbewerb für KMU und Startups. Die größten Niederlassungen – inklusive Marketing- und Vertriebsstätten – gehören Konzernen wie Ubisoft, Nintendo und den schwedischen Studios Modern Time, Embracer, und Stillfront. Die deutschen Schwergewichte Gameforge und Crytek rangieren bei der Mitarbeiterzahl auf Platz sechs und sieben. Unter den Top 30 stehen 15 deutsche Indie-Studios mit kleiner Belegschaft.
Viele Studios werden aufgekauft
Einen Effekt haben dabei Konzentrationsbewegungen auf den Markt. So haben besagte Konzerne in den letzten Jahren kräftig zugekauft und sich insgesamt neun Softwarehäuser einverleibt. Zuletzt beteiligte sich der chinesische Spielegigant Tencent an dem deutschen PC- und Konsolengames-Produzenten Yager.
Ein Problem der deutschen Studios identifiziert die Studie auf vielen Seiten: den Fachkräftemangel. Demnach behelfen sich deutsche Studios mit ausländischen Kräften oder bauen Standorte im Ausland auf. Der Weg, importierte Mitarbeiter zu beschäftigen, sei dabei immer noch steinig, zitiert das Papier Stimmen aus der Branche.
Bund erhöht Förderung
Die Studie bezeichnet staatliche Förderungen als notwendig. Auf diesem Weg baue sich das Nachbarland Polen etwa eine konkurrenzfähige Spieleindustrie auf, heißt es. Die vorhandenen Fördermöglichkeiten werden allerdings sehr unterschiedlich abgerufen. So haben zum Beispiel 2018 nur 18 Prozent der Unternehmen öffentliche Gelder bekommen. 75 Prozent davon erhielten eine Landesförderung, der Anteil an Bundesförderung betrug nur neun Prozent. Immerhin 80 Prozent der Befragten gaben 2019 an, Zuwendungen aus dem neuen DE-Minimi-Topf beantragen zu wollen. Die entsprechenden Projekte können seit dem 28. September eingereicht werden.
Ursprünglich wollte das zuständige Bundesverkehrsministerium in den nächsten Jahren 250 Millionen Euro in die Branche investieren. Allerdings fehlen im Bundeshaushalt 2020 entsprechende Fördermittel. Zuletzt hat die erste Stufe der Offensive, die Pilotförderung, für 200 Projekte in Summe 27 Millionen Euro vorgesehen. 99 Prozent der Anträge stammten von KMU.