Studie: Der nächste Tech-Titan könnte aus Europa kommen

Vorzeige-Unternehmen aus Deutschland: Zalando wird derzeit mit über 10 Milliarden US-Dollar bewertet. Welches Geschäftsmodell kann in Zukunft ähnlich gut skalieren?(Foto: (Foto: DPA)
Wir steht es um die europäische Digitalwirtschaft? Zum vierten Mal hat die britische Technologie-Investmentbank GP Bullhound die Marktstudie „Titans of Tech: Europe’s Flagship Companies” veröffentlicht.
Die eigene Forschung habe ergeben, dass es in Europa „eine ganze Armee ambitionierter Entrepreneure” gebe, die Geschäftsmodelle mit beeindruckenden Skalierungsmöglichkeiten aufziehen würden, heißt es.
So seien auf dem Kontinent derzeit 57 Technologie-Unternehmen mit einer Bewertung von einer Milliarde US-Dollar oder mehr ansässig, unter ihnen mit Supercell, Zalando und Spotify sogar drei mit einer Bewertung von über 10 Milliarden US-Dollar.
„Potenzial des europäischen Ökosystems”
Das Wachstum und die Stärke Europas führender Technologie-Unternehmen demonstriere das grundsätzliche Potenzial auch des europäischen Ökosystems, das erste mit 50 Milliarden US-Dollar bewertete Unternehmen zu entwickeln, einen sogenannten „Titan“, sagt GP Bullhound.
Dieser wäre ein wichtiger Meilenstein für Europa, wie es heißt. Und dass die Chancen für dessen Entstehung gut stehen, will die Bank anhand einer Reihe von Leistungsindikatoren und Verschiebungen der Marktbedingungen herausgefunden haben.
Als „Titanen” wolle man all jene Technologie-Unternehmen verstanden wissen, die „in ihrer Branche konsequent die Konkurrenz übertreffen”, „durch solides Umsatzwachstum und schnelle Kundenakquisition skalieren”, „eine Strategie verfolgen, die ihnen Marktdominanz in ihrem Sektor sichert” sowie „eine Bewertung von über 50 Milliarden US-Dollar im öffentlichen oder privaten Markt erreichen”.
6 „Titanen” identifiziert
GP Bullhound habe bereits sechs solcher „Titanen” identifiziert, die 2000 gegründet wurden und die diesen Kriterien entsprechen: Facebook, Uber und Tesla in den USA sowie Baidu, Ant Financial und Didi Chuxing in China.

Anzahl von Milliarden-Dollar-Unternehmen in Deutschland (Screenshot: Studie GP Bullhound)
Der „Titans of Tech”-Report will nun „den Aufstieg und die Widerstandsfähigkeit der europäischen Milliarden-Dollar-Unternehmen” aufzeigen und „gehe davon aus”, dass einige unter ihnen „auch bald zu Titanen heranwachsen werden”, wie es heißt.
Insbesondere die großen Aushängeschilder der europäischen Technologie-Szene zögen mittlerweile mehr Wachstumskapital an als in der Vergangenheit, würden umsatzseitig skalieren und nachhaltig profitabel werden.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres hätten bereits fünf Unternehmen eine Finanzierungsrunde von über 350 Millionen US-Dollar Investitionssumme erhalten. Im Vergleich dazu: Im Jahr 2013 habe es nicht eine in dieser Höhe gegeben.
Europa bislang im Hintertreffen
„Während in jüngster Zeit weltweit große Fortschritte gemacht wurden, konnten die europäischen Tech-Leader bisher im Durchschnitt nur ein Fünftel des Kapitals von Titanen wie beispielsweise Facebook, Tesla und Baidu einsammeln“, sagt Manish Madhvani, Managing Partner bei GP-Bullhound.
Der jetzt vorgelegte Report lege nahe, dass Europas führende Unternehmer nunmehr die Visionen, den Ehrgeiz und die Möglichkeiten hätten, „um ebenfalls gigantische Unternehmen zu bauen”.
Anhand einer Stichprobe europäischer Milliarden-Unternehmen werde deutlich, dass sich die Jahresumsätze pro Firma zwischen 2013 und 2015 von 163 Millionen US-Dollar auf 454 Millionen US-Dollar fast verdreifacht hätten.
Über 60 Prozent der europäischen Milliarden-Unternehmen würden heute einen Umsatz von über 150 Millionen US-Dollar erwirtschaften, 26 Prozent dieser Unternehmen generierten angeblich einen Jahresumsatz von über einer Milliarde US-Dollar.
Großbritannien, Deutschland und Schweden Europas führende Tech-Hubs
Ein weiteres Indiz für tendenziell nachhaltiges Wachstum – statt hoher Cash-Burn-Raten in der europäischen Technologie-Landschaft – sei nach Angaben von GP-Bullhound, dass 72 Prozent (letzte Studie vor einem Jahr: 60 Prozent) der Milliarden-Dollar-Unternehmen nun profitabel arbeiten.
Dieses nachhaltige Wachstum habe dazu geführt, dass die europaweit einflussreichsten Technologie-Unternehmen einen Anstieg der kumulativen Bewertung von 130 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 auf 169 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr verzeichnen konnten.
Großbritannien, Deutschland und Schweden seien mit 36 Unternehmen, die mit einer Milliarde US-Dollar oder mehr bewertet werden, Europas führende Tech-Hubs. Mittlerweile seien solche Milliarden-Dollar-Unternehmen in insgesamt zehn weiteren Ländern ansässig, von denen wiederum zwei Länder mindestens zwei Unternehmen dieser Größenordnung aufweisen könnten, wie es heißt.
Zalando, Xing und Hellofresh vorne mit dabei
Insbesondere Deutschland habe in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum gezeigt. Neben dem 10-Milliarden-Unternehmen Zalando seien hierzulande seit 2014 sechs weitere Milliarden-Dollar-Unternehmen hinzugekommen. Dazu gehören Xing, Auto1, Hellofresh, Delivery Hero, Trivago und Rocket-Internet.

Deutschland ist vorne mit dabei. (Screenshot: Studie GP Bullhound)
Schweden teile sich mit Deutschland den zweiten Platz und habe sieben Unternehmen mit einer Milliarden-Dollar-Bewertung. Israel folge mit fünf Unternehmen, Frankreich und Russland mit je drei.
Im Rahmen der Studie, sagt GP-Bullhound, habe man auch sein eigenes „Netzwerk der einflussreichsten Investoren Europas” befragt, welche zehn Unternehmen in den nächsten zwei Jahren „am wahrscheinlichsten eine Bewertung über einer Milliarde US-Dollar erreichen würden”. Die fünf führenden Unternehmen seien Darktrace, The Hut Group, GoEuro, Elastic und Sigfox.
Die Studie von GP Bullhound bezieht sich auf Technologie-Unternehmen mit Sitz in Europa, die im Jahr 2000 oder später gegründet wurden und eine Equity-Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar in den öffentlichen oder privaten Märkten haben.