Studie entlarvt Mythos „digitale Demenz“: So profitieren ältere Menschen von Technik

Lange Zeit galt eine hohe Bildschirmzeit im Alter als Risiko für geistige Überforderung. Wie Fast Company berichtet, zeichnet eine neue Studie von Forscher:innen der Baylor University und der University of Texas jetzt aber ein ganz anderes Bild. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass ältere Menschen, die digitale Technologien nutzen, oft von einer besseren kognitiven Gesundheit profitieren.
Digital Fitness statt digitaler Demenz
Die im Fachjournal Nature Human Behaviour veröffentlichte Meta-Analyse fasst die Ergebnisse aus 57 Einzelstudien zusammen. Insgesamt wurden Daten von über 400.000 Personen im Alter von mindestens 50 Jahren ausgewertet – das Durchschnittsalter der Teilnehmer:innen lag bei Studienbeginn bei 69 Jahren. Die beteiligten Neurowissenschaftler:innen kamen im Rahmen ihrer Analyse zu dem Fazit, dass die Nutzung von Computern, Smartphones oder dem Internet in positivem Zusammenhang mit geistiger Fitness im Alter steht.
Moderne Technologien hätten demnach einen vergleichbaren Einfluss wie bereits bekannte Maßnahmen zur Demenzvorbeugung, zu denen beispielsweise Bewegung oder geistig fordernde Hobbys zählen. Das Vorurteil, die Nutzung von Computern oder Laptops könne zu einer Art „digitaler Demenz“ führen, gilt somit laut den beiden Co-Autoren Jared Benge und Michael Scullin als widerlegt.
Der Einfluss von Social Media ist nicht eindeutig
Nicht ganz so eindeutig fällt das Ergebnis in Bezug auf soziale Netzwerke aus: In den drei untersuchten Studien zur Social-Media-Nutzung variierte der Einfluss auf die kognitive Leistung. Die Forscher:innen vermuten, dass vermehrter Konsum sozialer Medien zu weniger persönlichen Begegnungen führen könnte. Dadurch würde eine wichtige Maßnahme gegen kognitiven Abbau geschwächt, da der regelmäßige soziale Austausch als zentrales Element zur Erhaltung der geistigen Gesundheit im Alter gilt.
Digitale Kommunikationsformen können sich aber auch positiv auf ältere Menschen auswirken: Laut den Studienautor:innen haben zum Beispiel Videotelefonie, E-Mails und Messenger-Dienste durchaus das Potenzial, soziale Isolation im Alter zu verringern. Gleichzeitig entfallen bei diesen Kommunikationsformen die Nachteile algorithmisch gesteuerter Social-Media-Feeds, wie sie beispielsweise auf Facebook oder Instagram zu finden sind.
Forscher:innen raten von pauschalem Optimismus ab
Unklar bleibt, ob die beobachteten Effekte auf die Technologie selbst oder auf den allgemeinen Lebensstil der Nutzer:innen zurückzuführen sind. So kann sowohl ein aktives digitales Leben zu besserer geistiger Fitness führen als auch umgekehrt. Die Studie spricht sich daher nicht für einen pauschalen Technikoptimismus aus. Vielmehr sind differenzierte Strategien nötig, um die Vorteile gezielt zu nutzen – etwa durch digitale Bildungsangebote für ältere Menschen oder Technologien, die soziale Teilhabe fördern, ohne persönliche Begegnungen zu ersetzen.
Und: Die analysierten Teilnehmer:innen haben erst im Erwachsenenalter Zugang zum Internet und zu digitalen Geräten bekommen. Ob die positiven Effekte auch für künftige Generationen gelten, die mit Smartphones und Apps aufgewachsen sind, bleibt daher abzuwarten. Fest steht aber: Wer heute älter wird, kann digitale Tools gezielt einsetzen, um geistig aktiv zu bleiben. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Smartphone, Internet und Co. bei richtiger Nutzung keine Gefahr, sondern eine Chance für ein gesundes Altern darstellen können.