Älterwerden in Schüben: Warum unsere Körper mit 40 und 60 Jahren plötzlich anders ticken

Altern erfolgt nicht linear, sondern in Schüben. (Foto: Pressmaster/Shutterstock)
Es mag sich so anfühlen, als würde beim Älterwerden alles langsam und allmählich nachlassen. Neue Forschungsergebnisse legen allerdings nahe, dass wir auf molekularer Ebene eher von zwei Wellen der Veränderung getroffen werden: Die erste kommt in unseren 40ern, die zweite in den 60ern.
Die Erkenntnisse stammen aus einer Studie von Michael Snyder von der Stanford University und Kolleg:innen, die eine große Menge an biologischen Daten von 108 kalifornischen Freiwilligen im Alter von 25 bis 75 Jahren nach altersbezogenen Mustern untersucht hat. Die Ergebnisse könnten helfen, Fragen über das Altern zu beantworten und möglicherweise sogar Medikamente gegen einige der unangenehmsten Aspekte dieses Prozesses zu finden.
Für die Mitte August im Fachjournal Nature Aging veröffentlichte Studie sammelten Snyder und Kolleg:innen Daten über die Genexpression, Proteine, Stoffwechselprodukte und verschiedene andere chemische Marker der Proband:innen. Das Team nahm auch Abstriche von ihrer Haut, Mund und Nase sowie Stuhlproben, um sich ein Bild von den mikrobiellen Gemeinschaften zu machen, die dort leben.
Diese Proben wurden alle paar Monate über einen durchschnittlichen Zeitraum von 1,7 Jahren gesammelt, bis das Team insgesamt 5.405 Proben mit mehr als 135.000 biologischen Merkmalen zur Verfügung hatte. „Die Idee ist, ein sehr komplettes Bild von der Gesundheit der Menschen zu erhalten“, sagt Snyder.
Schubweise statt allmählich
Die Forscher:innen stellten fest, dass sich nur etwa sieben Prozent der gemessenen Moleküle und Mikroben im Laufe der Zeit allmählich und linear verändern. Dagegen veränderten sich 81 Prozent schubweise in bestimmten Lebensabschnitten. Zwei der wellenartig auftretenden Veränderungen scheinen besonders wichtig zu sein: eine im Alter von 44 Jahren und eine weitere um das 60 Lebensjahr herum.
Die dramatischen Veränderungen im Alter von 60 Jahren sind wenig überraschend und scheinen mit der Nieren- und Herzfunktion sowie mit Krankheiten wie Atherosklerose, die die Arterien verengt, zusammenzuhängen. Das ergibt Sinn, denn das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt mit zunehmendem Alter drastisch an. Etwa 40 Prozent der 40- bis 59-Jährigen haben solche Erkrankungen, bei den 60- bis 79-Jährigen sind es sogar 75 Prozent.
Der frühere Veränderungsschub um das 40. Lebensjahr herum war für Snyder zunächst überraschend. Einige Beispiele ergäben bei näherem Nachdenken intuitiv Sinn, sagt er. Viele von uns beobachten etwa, dass es ab diesem Alter etwas mehr knackt und knirscht, und es kann länger dauern, bis wir uns zum Beispiel von Verletzungen erholen.
Andere Veränderungen deuten darauf hin, dass sich auch unsere Fähigkeit, Fette und Alkohol zu verstoffwechseln, mit 40 ändert, obwohl es aus mehreren Gründen schwer zu sagen ist, warum. Erstens ist nicht klar, ob die Veränderung des Alkoholstoffwechsels bedeutet, dass wir weniger in der Lage sind, Alkohol abzubauen, oder sie auftritt, weil die Menschen einfach weniger davon konsumieren, wenn sie älter werden.
Ist Altern einprogrammiert?
Das führt zu einer zentralen Frage des Alterns: Handelt es sich um ein eingebautes Programm, das uns auf den Weg des Verfalls bringt, oder ist es lediglich eine Folge des Lebens? Eine eindeutige Antwort gibt es noch nicht. Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus beidem. Unser Körper ist im Laufe der Zeit verschiedenen Umweltstressoren ausgesetzt. Mit zunehmendem Alter sind unsere Zellen aber auch weniger in der Lage, sich zu teilen und den molekularen Müll zu beseitigen, den sie im Laufe der Zeit angesammelt haben.
Es sei auch schwer zu sagen, was in dieser Studie passiert, weil das Forscherteam keine physiologischen Marker des Alterns, wie Muskelkraft oder Gebrechlichkeit, gemessen hat, sagt Colin Selman, Biogerontologe an der Universität Glasgow in Schottland.
Die weniger wissenschaftliche Frage ist, ob man über diese Art von molekularen Veränderungen besorgt sein sollte, wenn man etwa gerade auf die 40 zugeht? „Nein“, antwortet Sara Hägg sofort, die am Karolinska-Institut in Stockholm die molekulare Epidemiologie des Alterns untersucht. Snyders Team hat zwar eine große Menge an Daten gesammelt, aber nur von einer relativ kleinen Anzahl von Personen und über einen relativ kurzen Zeitraum. Keiner von ihnen wurde über die zwei oder drei Jahrzehnte verfolgt, die man braucht, um die beiden Wellen molekularer Veränderungen bei derselben Person zu beobachten.
„Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie, in der verschiedene Personen miteinander verglichen werden“, sagte Hägg. „Es gibt absolut keinen Beweis dafür, dass dies auch bei Ihnen der Fall sein wird. Schließlich kann im Laufe von 20 oder 30 Jahren im Leben eines Menschen eine Menge passieren. Sie fangen vielleicht mit einer Sportart an. Sie geben vielleicht das Rauchen auf oder essen kein Fleisch mehr. Die Ergebnisse unterstützen jedoch die Idee, dass das Altern kein linearer Prozess sei. „Die Leute haben immer behauptet, dass das Leben ab dem Alter von 40 Jahren abnimmt“, sagt auch Selman. „Aber so einfach ist es nicht.“
Mehr gesunde Jahre
Snyder hofft, dass Studien wie seine dazu beitragen werden, neue Ansatzstellen für Therapien zu finden, die einigen der schädlichen molekularen Veränderungen, die mit dem Altern einhergehen, entgegenwirken können. „Die Gesundheitsspanne der Menschen ist 11 bis 15 Jahre kürzer als ihre Lebensspanne“, sagt er. „Idealerweise möchte man so lange wie möglich [bei guter Gesundheit] leben und dann sterben“.
Solche Medikamente gibt es bisher noch nicht. So läuft es vorerst weiter auf die uralten Ratschläge hinaus, sich gesund zu ernähren, genug zu schlafen, sich ausreichend zu bewegen und auf Rauchen und Alkohol zu verzichten. Was aber ist, wenn man am Ende eines besonders anstrengenden Tages auf ein Glas Wein freut, auch wenn die Forschung zeigt, dass es „kein sicheres Maß“ an Alkoholkonsum gibt?
„Ein kleines bisschen Alkohol ist eigentlich ganz nett“, stimmte Selman zu. Was eine zu starre Sicht bewirken kann, illustriert er mit einem Erlebnis, das er auf einer Konferenz über das Altern gemacht hat. Einige der Teilnehmer gehörten einer Gesellschaft an, die Kalorienrestriktion praktizierte – also die Zahl der verzehrten Kalorien reduzierte, um die Lebenserwartung zu erhöhen. Ob das, was laut Versuchen bei einigen Tieren zu funktionieren scheint, auch bei Menschen Positives bewirkt, ist noch nicht klar. „Es gab ein großes Bankett… und diese Leute hatten alle kleine Waagen dabei und wogen ihre Salate auf der Waage“, erzählt er. „Das scheint mir eine ziemlich miserable Art zu sein, sein Leben zu leben.“