Rewe und Allyouneedfresh liefern schon länger Lebensmittel, Amazon wird bald in Deutschland an den Start gehen, die Discounter sind offenbar noch nicht so weit oder erklären, sich gleich ganz aus dem lukrativen Markt raushalten zu wollen – kein Zweifel: Der Markt für Lieferdienste bei frischen Lebensmitteln ist in Bewegung.
Aktuell hat bereits jeder fünfte Deutsche (20 Prozent) schon einmal Lebensmittel im Internet bestellt, weitere 20 Prozent können sich vorstellen, dies in Zukunft zu tun. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie „Supermarkt ade?“ des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts Yougov. Für die Studie wurde auf die 100.000 Datenpunkte umfassende Yougov-Datenbank zugegriffen, für die im Jahresverlauf 60.000 Deutsche ab 18 Jahren kontinuierlich repräsentativ befragt wurden.
Doch es gibt auch Vorbehalte: 70 Prozent der Befragten bemängeln, dass man die Ware und deren Frische vor dem Onlinekauf nicht prüfen kann. Hinzu kommt, dass sechs von zehn (60 Prozent) Deutschen angeben, gerne in den Supermarkt zu gehen und darauf nicht verzichten möchten. Wie oft sie das dann tun würden, wurde nicht gefragt. Es scheint aber – das haben andere Untersuchungen und Erfahrungen in weiter entwickelten Märkten gezeigt – bei vielen Kunden eher ein situatives Kaufverhalten zu geben.
Lebensmittel online vor allem von Familien und weiblichen Singles gewünscht
Die Potenzialgruppe (also die 40 Prozent, die bereits online Lebensmittel kaufen oder sich das vorstellen könnten) besteht zu 55 Prozent aus Frauen, und diese befinden sich häufig im Alter zwischen 35 und 44 Jahren. Auch verfügen 43 Prozent von ihnen über ein Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 2.500 Euro gegenüber 36 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Personen in der Potenzialgruppe sind zudem mit 50 Prozent deutlich häufiger verheiratet (39 Prozent in der Gesamtbevölkerung). Der Lebensmittelonlinehandel ist somit besonders für Familien interessant, wobei jedoch auch drei von zehn Personen in der Potenzialgruppe zu den Singles zählen, ähnlich viele wie in der Gesamtbevölkerung.
„Singles sollten beim Thema Online-Lebensmittel nicht außen vor gelassen werden“, sagt Svenja Becker, Consultant bei Yougov. „Zu hohe Mindestbestellmengen schrecken diese kaufkräftige Zielgruppe häufig noch ab – hier sind single-freundliche Systeme gefragt“. Auffällig ist auch, dass längst nicht nur Großstädter offen für Online-Lebensmittelbestellungen sind: Immerhin knapp jeder Dritte (28 Prozent), der Lebensmittel und Pflegeprodukte im Netz bestellt, wohnt in ländlicher Umgebung.
Lebensmittel eine der letzten Offline-Bastionen – bisher
Trotz des großen Potenzials treten neben der Qualitätsprüfung weitere Vorbehalte in der Gesamtbevölkerung zutage: Etwa die Hälfte (49 Prozent) vertraut der Qualität der im Netz angebotenen Waren nicht, 46 Prozent empfinden die Versandkosten als zu hoch. Dabei muss beachtet werden, dass die Bedenken in der Bevölkerung variieren: Jene, die sich für Lebensmittelbestellungen interessieren oder diese bereits nutzen, beklagen eher, dass ihr „Stammgeschäft“ keinen Bestellservice anbietet und das Angebot an Online-Lieferdiensten zu gering ist. Nicht-Nutzer hingegen kritisieren vermehrt die zusätzliche Umweltbelastung durch den Versand.
„Lebensmittel stellen einen der letzten Bereiche des Einzelhandels dar, der noch nicht vom Onlinehandel dominiert wird“, sagt Becker. „Grund hierfür sind Bedenken, ob die Ware frisch und unbeschadet Zuhause ankommt, was deutschen Verbrauchern sehr wichtig ist. Es ist nun an den Lebensmittelhändlern, Überzeugungsarbeit zu leisten und potenzielle Kunden beim ersten Kauf mit Qualität für sich zu gewinnen.“ Dabei dürften vor allem die Frage, wie frisch und hochwertig die Waren sind, und die Einfachheit und Zuverlässigkeit der Lieferung eine wichtige Rolle spielen.