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Analyse

Telekom könnte Glasfaseranschlüsse der Mitbewerber abschalten oder drosseln

Wem gehört die sogenannte letzte Meile? Die Bundesnetzagentur hat jetzt Stellung bezogen. Mit womöglich weitreichenden Folgen für Nutzer schneller Glasfaseranschlüsse, die nicht von der Telekom sind.

Von Ekki Kern
4 Min.
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Führt sich nach Meinung vieler immer noch auf wie einst die Bundespost: die Deutsche Telekom (Foto: dpa)

Nutzer von schnellen Internet-Anschlüssen über Glasfaser-Leitungen müssen sich künftig möglicherweise auf weniger Geschwindigkeit oder sogar eine Abschaltung ihrer Anschlüsse einstellen. Mitverantwortlich sind die alten Kupferleitungen in vielen Gebäuden, die die Daten aus dem Erdreich in die Wohnungen bringen. Neuesten Erkenntnissen zufolge komme es in deutschen Kellern immer häufiger zu frequenzbedingten technischen Störungen, wenn die Telekom hier ihre (viel kritisierten) Vectoring-Anschlüsse schalte und zugleich ein Glasfaseranschluss eines anderen Anbieters anliege.

Telekom bestätigt „Verbindungsabbrüche“

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Einem Bericht von Welt zufolge hat die Telekom dies bestätigt: „Tatsächlich“, wie es heißt, komme es nach Angaben des Konzerns „immer wieder zu Verbindungsabbrüchen in den Häusern, wenn gleichzeitig Glasfaser-Anbieter im Keller Zugang zu den Kupferleitungen im Haus haben.“ Bei VDSL-Vectoring/Super-Vectoring könne dies auch zum Synchronisationsverlust, also zum Ausfall des Anschusses, führen, heißt es von der Telekom auf Anfrage von t3n.de. Um die gegenseitigen Störungen „ganz zu vermeiden”, müsste die Glasfaser durchgängig bis in die Wohnung des Endkunden gelegt und genutzt werden.

Fakt ist allerdings, dass in den allermeisten alten Häusern die Glasfaser nur bis in den Keller geht, und dort die alte Kupfer-Infrastruktur quasi „übernimmt“ (Fiber-to-the-Building, FTTB). Und um diese kreist folglich auch die vorliegende Debatte. Genauer gesagt um die Frage: Wem gehören die alten Kupferleitungen?

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Die Telekom verweist da wenig überraschend auf sich selbst. Schließlich sei man legitimer Rechtsnachfolger der Bundespost. Und der habe die Infrastruktur schließlich gehört. Nicht nur die vor, sondern auch die in den Häusern selbst. Die Bundesnetzagentur (BNetzA), Aufsichtsbehörde der Telekommunikationskonzerne, stellt sich in dieser Sache jetzt offensichtlich hinter die Telekom. Wie aus der sogenannten 1. Teilentscheidung eines Beschlusses hervorgeht, hat die Bundesbehörde festgelegt, dass die Telekom auf der sogenannten letzten Meile (Teilnehmeranschlussleitung) Anbieter von Glasfaser drosseln darf.

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Telekom-Konkurrenten sollen eigene Leitungen verlegen

Die Bundesnetzagentur verweist außerdem auf das Telekommunikationsgesetz (TKG): Darin heißt es unter anderem förmlich, dass nicht der Hauseigentümer, sondern „der Betreiber des Kommunikationsnetzes [zum] Zugang verpflichtet sei.“ Das ist die Telekom.

„Die Bundesnetzagentur gewährt den Kupferanschlüssen der Telekom einen weitreichenden Schutz gegenüber ihren auf reine Glasfaser setzenden Mitbewerbern

Zudem schlägt sie den Mitbewerbern des Marktführers vor, doch einfach „eigene Endleitungen im Gebäude zu verlegen“. Dem schließt sich auch die Telekom auf Anfrage von t3n.de an: „Die Wettbewerber können gerne jederzeit selber eine Glasfaserleitung im Rahmen der Möglichkeit bis in die Wohnung des Endkunden verlegen und somit selber den Ausbau von Glasfaserleitungen in die Hand nehmen”, heißt es. Und: Es sei „eine aktive Entscheidung des Wettbewerbers, die bisherige Infrastruktur im Haus zu nutzen”.

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Diese Einstellung lehnen viele Experten als weltfremd ab. So etwa auch der Bundesverband Breitbandkommunikation: Die Bundesnetzagentur wisse „sehr genau“, dass im Falle bestehender Wohngebäude ein Glasfaserausbau bis in jede einzelne Wohnung „nicht zeitnah realisierbar“ sei und es „in nahezu keinem Fall“ bereits entsprechende Glasfaserleitungen gebe, die mitgenutzt werden könnten. Der hier aufgezeigte Weg stelle „daher keine realistische Lösung des Problems dar“, sondern stelle die Wettbewerber der Telekom vielmehr ins Abseits.

Durch den genannten Beschluss erhalte der Bonner Konzern zudem ein „Quasi-Monopol“ über die Gebäudeverkabelung, über die Kunden vom Zugangspunkt im Keller aus bis in ihre Wohnungen versorgt werden.

Anstelle der höherwertigen Glasfaser-Technologie, die Gigabit-Bandbreiten ermöglicht, Vorrang einzuräumen und damit auch das Ziel der Bundesregierung (Glasfaseranschlüsse für alle bis 2025) zu unterstützen, gewähre die Bundesnetzagentur den Kupferanschlüssen der Telekom einen „weitreichenden Schutz gegenüber ihren auf reine Glasfaser setzenden Mitbewerbern.“

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„Vergangenheit Vorfahrt gegenüber der Zukunft“

Diesen bleiben also nur zwei Möglichkeiten: Während die kupferbasierte Übergangslösung der Telekom unangetastet bleiben würde, blenden sie das von VDSL oder VDSL-Vectoring genutzte Frequenzspektrum aus, wodurch den Endkunden nach Experten-Schätzungen im schlimmsten Fall nur noch eine Bandbreite von 400 bis 600 MBit/s zur Verfügung steht. Oder sie laufen Gefahr, dass ihre Anschlüsse durch die Deutsche Telekom von der Nutzung der Gebäudeverkabelung ausgeschlossen und damit abgeschaltet werden.

„Der Regulierer räumt mit seiner Entscheidung der Vergangenheit Vorfahrt gegenüber der Zukunft ein“, urteilen Stephan Albers, Geschäftsführer des Breko, und Wolfgang Heer, Geschäftsführer des Bundesverband Glasfaseranschluss.

Die Telekom habe bei der Frage der Gebäudeverkabelung die sogenannte Funktionsherrschaft, also die alleinige Verfügungsgewalt. Sie dürfe somit höherwertige Glasfaseranschlüsse, die ihr Vectoring-Signal stören, notfalls abschalten. „Anstatt zukunftssicherer Glasfaser bis in die Gebäude einen klaren Vorrang einzuräumen, wird vielmehr der Telekom ein ‚Bestands- und Vertrauensschutz‘ auf ihre längst abgeschriebene Kupfer-Infrastruktur gewährt“, heißt es vom Breko.

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Wenn du diese Technologien noch kennst, bist du offiziell alt
Der Amiga 500 ist der meistverkaufte Amiga-Computer von Commodore. Er wurde 1987 auf der CeBit vorgestellt. (Bild: Wikipedia)

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Als Zielmarke zur Erfüllung der gesetzlichen Regulierungsziele zieht die Entscheidung der Bundesnetzagentur eine Versorgung mit 50 Mbit/s heran. Auch das wird kritisiert. Beim Ausbau hochleistungsfähiger Netzinfrastrukturen dürfe man sich nicht länger mit „diesem überholten Bandbreitenziel zufriedengeben, sondern müssen deutlich ambitionierter werden“, sagen Heer und Albers. Ziel müsse es sein, Glasfaser nicht nur in jede Stadt und jede Straße, sondern bis in jedes Gebäude zu bringen.

Die Telekom sieht das freilich anders. Man ermögliche dem Endkunden durch die Nutzung der Vectoring- und Super-Vectoring-Technologie höhere Bandbreiten, „welche den Bandbreitenbedarf noch einige Jahre effizient decken wird”, heißt es wörtlich auf Anfrage von t3n.de.

Die Sichtweise, dass einer „alten“ Technologie der Vorrang gegeben wird, treffe daher „nicht zu”. Vielmehr ermögliche man als Telekom „unter Genehmigung der Bundesnetzagentur im Standardangebot ein Miteinander der alten und der neuen Technologie”.

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Fest steht immerhin: Die Bundesnetzagentur dürfte das Verfahren im Laufe dieses Jahres abschließen. Die neuen Regelungen zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) sollen zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten. In den kommenden Monaten wird es vor allem noch um die Frage gehen, wie einzelne Punkte konkret in die Praxis umgesetzt werden.

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3 Kommentare
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OR

Ja Ja, und VW darf Toyota vorschreiben, dass sie nur noch Kleinwagen verkaufen dürfen, damit die Autobahnen für VW frei bleiben! So ein Scheiß!!

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Trackdeluxe

Wer sich sowas lächerliches ausgedacht hat. Gibt es nur noch Versager bei den Behörden? Die Telekom hat noch nicht mal konkurrenzfähige Preise. Mal hoffen das die Mitwerber mal auf den Putz hauen.

Antworten
Dominikation

Das heißt ja im Umkehrschluss, dass die Telekom jetzt für die Errichtung und den störungsfreien Betrieb meiner Hausverkabelung zuständig ist. Dann bitte gerne!

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