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Digitaler Doktor: Ärztetag ermöglicht Telemedizin

Mit seiner Entscheidung zur Liberalisierung der Fernbehandlung hat es sich der Deutsche Ärztetag nicht leicht gemacht. Auch danach sind noch nicht alle Zweifel ausgeräumt.

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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf dem Deutschen Ärztetag. (Foto: dpa)

Ärzte in Deutschland dürfen Patienten künftig auch ohne vorherigen persönlichen Kontakt in der Praxis ausschließlich per Telefon, SMS, E-Mail oder Onlinechat behandeln. Voraussetzung ist, dass die Mediziner die ärztliche Sorgfalt bei Diagnostik, Beratung, Therapie und Dokumentation gewährleisten und ihre Patienten über die Onlinebehandlung aufklären.

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Der Deutsche Ärztetag machte am Donnerstag in Erfurt den Weg frei für eine ausschließliche Fernbehandlung durch in Deutschland ansässige Mediziner über digitale Medien. Die 250 Delegierten beschlossen nach intensiver Debatte mit großer Mehrheit eine entsprechende Änderung der Musterberufsordnung für Ärzte. Die Entscheidung, die von den Landesärztekammern regional umgesetzt werden muss, war mit Spannung erwartet worden.

Jens Spahn begrüßt die Änderung

Doch das Echo ist geteilt. Zustimmung kam von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Krankenkassen und Ärzteverbänden, kritisch äußerte sich die Stiftung Patientenschutz. „Das persönliche Arzt-Patienten-Verhältnis wird weiter das dominierende Element in der ärztlichen Behandlung bleiben“, versicherte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Bislang waren Ärzten in Deutschland solche Fernbehandlungen nur nach einer persönlichen Untersuchung erlaubt.

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Nach dem Beschluss des Ärztetages ist Medizinern nun „im Einzelfall“ eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über digitale Medien möglich, wenn dies medizinisch vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt bei Diagnostik, Beratung, Therapie und Dokumentation gewährleistet wird. Außerdem müssen die Patienten von ihrem Arzt über die Onlinebehandlung aufgeklärt werden. „Beide müssen wissen, was sie tun, und sich darüber einig sein“, sagte Montgomery.

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Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mahnte, nun müssten die neuen Möglichkeiten auch so genutzt werden, „dass die Patienten auch wirklich etwas davon haben“. Spahn zeigte sich überzeugt, dass mit Onlinesprechstunden Patienten unnötige Wege und Wartezeiten erspart werden. „Damit helfen wir Ärzten und Patienten“, sagte er. Der Deutsche Hausärzteverband warnte indes davor, dass das neue Angebot „als Kostensparprogramm für Krankenkassen missverstanden“ werden könne.

Nachteile befürchtet auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Verlierer sind vor allem pflegebedürftige und schwerstkranke Menschen, die auf ihren Mediziner daheim hoffen“, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Die ausländischen Call-Center-Betreiber reiben sich vor Freude über den neuen Markt die Hände.“

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Ärzte sorgen sich vor „Büchse der Pandora“

Diese Sorge hatten auch mehrere Mediziner in der Debatte auf dem Ärztetag geäußert. Der Ärztetag solle „diese Büchse der Pandora jetzt nicht aufmachen“, sagte ein Arzt aus Niedersachsen. Der Dammbruch sei bereits eingetreten, erklärte ein Mediziner aus Baden-Württemberg und verwies auf bestehende Online-Angebote. Die Ärzte hätten mit einer Änderung der Berufsordnung die Chance, zu bestimmen, „wohin das Wasser fließt“.

Vor allem durch das zunehmende Angebot ausländischer kommerzieller Telemedizin-Portale hatte sich die Kammer unter Druck gesehen. Dass sie sich schon vor Jahren damit hätte beschäftigen sollen, räumte Montgomery am Donnerstag auf Anfrage ein: „Wir versuchen, die Zeit wieder aufzuholen, die dadurch vergangen ist.“ Ärzte-Vizepräsident Max Kaplan betonte, dass die Neuregelung den Patienten eine gesicherte Behandlungsqualität und auch rechtliche Sicherheit biete. „Das können andere Internetportale nicht.“

Montgomery warnte vor überzogenen Erwartungen an eine ausschließliche Fernbehandlung. „Sie wird keinen chirurgischen Eingriff ersetzen und auch keine radiologische Untersuchung“, sagte er. „Die Kirche bleibt im Dorf.“ Bei der Entlastung der Klinik-Notaufnahmen könne sie hingegen hilfreich sein. Krankschreibungen und Rezeptverordnungen per Fernbehandlungen hält die Bundesärztekammer hingegen schon aus rechtlichen Gründen für problematisch. Der Hausärzteverband hält klare Regelungen für erforderlich, in welchen Fällen eine Fernbehandlung sinnvoll und möglich ist.

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Nach dem Grundsatzbeschluss des Ärztetages müssen die meisten der 17 Landesärztekammern nun die regionalen Berufordnungen entsprechend anpassen. Bis dies flächendeckend geschehen sei, könnten bis zu zwei Jahre vergehen, sagte Montgomery. Mit einer ausschließlichen Fernbehandlung durch digitale Medien werden bisherige Instrumente der Telemedizin ergänzt. Dazu gehören zum Beispiel Telekonsile zum Online-Austausch von Befunden oder Röntgenbildern, die elektronische Übermittlung von Patientendaten bei Hausbesuchen durch Praxisangestellte zum Arzt oder die bisher nur für einige Fachgruppen und bei bestimmten Erkrankungen erlaubten Videosprechstunden. dpa

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