TV-Werbung wirkt – noch vor online
Werben und damit die Mediaplanung ist schwieriger geworden. Die Aufmerksamkeit sinkt. Die Kanäle haben sich vervielfacht. Und auch wenn jeder Nutzer zigmal am Tag auf sein Handy starrt, ist TV-Werbung immer noch das beste Mittel, um sich, seine Marke oder seinen Onlineshop bekannt zu machen.
Nutzer schauen immer die gleichen TV-Sender
Die Zahl TV-Sender, die ein Haushalt empfangen kann, ist in den letzten zehn Jahren um 66 Prozent gewachsen. Netflix und Co. sind daran nicht ganz unschuldig. Die Anzahl der Online-Werbekanäle ist in der gleichen Zeit um 34 Prozent gestiegen, verrät Andrea Malgara, Geschäftsführer der Mediaplus Gruppe, die zu Serviceplan gehört, in einem Vortrag zum Thema „The next big Thing in Media“.
Die Anzahl der Angebote, die ein User nutzt, ändert sich jedoch nicht: 80 Prozent der TV-Nutzung entfällt auf nur sieben Sender. Und auch die Zeit, die ein Nutzer Medien konsumiert, ist nicht unendlich. Facebook und Google schenkt er den Großteil seiner Zeit. Zugleich erfolgt die Mediennutzung auf immer mehr Geräten – gern auch parallel.
Das hat Konsequenzen für die Aufmerksamkeit. Zu TV gesellen sich Tablet und Smartphone hinzu. Bereits 36 Prozent der Multiscreener nutzen neben TV und Laptop noch das Smartphone als dritten Screen, wie United Internet Media 2015 in der Untersuchung „Catch Me If You Can! 2.0” herausgefunden hat. Alle zwölf Minuten wird das Smartphone genutzt.
Kurze Aufmerksamkeitsspanne
Die Folge: Während des TV-Werbeblocks schenken die Nutzer nur 28 Prozent ihrer Aufmerksamkeit dem TV. Sogar Goldfische haben eine längere Aufmerksamkeitsspanne als Menschen, scherzt Malgara.
Die klassische Herleitung der Aufteilung von Werbeinvestitionen nach Nutzungszeit verliert an Sinn, weil nur ein Teil der Nutzungszeit der abgerechneten Mediazeit entspricht. Die Konsequenz: Eine Marke zu etablieren wird schwerer. Die Netto-Reichweite ist zwischen 2005 und 2015 um zehn Prozent gesunken. Die Werbekosten haben dagegen um 18 Prozent zugenommen.
Dass die Werbung ihre Zielgruppen nicht oder nur noch sehr schwer erreicht, drückt sich in folgenden Zahlen aus: Wenn sich eine neue Marke etablieren will, floppen Prof. Hans-Willi Schroiff, Marketing Professor und Management Consultant, zufolge 60 bis 80 Prozent der Innovationen. 70 Prozent der Neukäufer sind Einmalkäufer und auch mit der Treue ist es nicht weit her: 37 Prozent der Stammkäufer wandern nach einem Jahr bereits wieder ab, wie Mediaplus Strategic Insights errechnet hat.
Eine Antwort kann sein: nicht nur auf die großen TV-Sender setzen.
TV-Werbung: Großer TV-Sender oder Spartensender?
Nun kann man dagegen argumentieren, dass – wer groß werden will – auch nur in den großen Sendern schalten kann. Oder dass man heute digital schalten müsse, weil klassische Werbung nicht mehr funktioniere. Aber, betonte Malgara, TV sei immer noch das effizienteste Werbemittel, da ihr mit TV 60 bis 80 Prozent der Bevölkerung erreicht. Der Beweis: Amazon und Apple werben auch nicht nur online. TV hat einfach immer noch die größte Reichweite. Online punktet weiter unten im Marketing-Funnel, wo es schon Richtung Kaufabschluss geht. Malgara betont: Klassik treibt online.
Mythos Youtube
Wer glaubt, Youtube sei das seligmachende Allheilmittel, der irrt. 2016 sind die Ausgaben für Youtube-Werbung kaum gewachsen. Im Gegensatz zu den TV-Budgets, die laut Mediaplus von 2015 auf 2016 um sieben Prozent gewachsen sind. Der Grund für das lahme Wachstum bei Youtube ist die niedrige Reichweite. Bei Youtube wird zwei Drittel der gesamten Nutzung durch nur neun Prozent der Nutzer generiert. Ihr erreicht mit euren Werbeplatzierungen also immer nur die gleichen Kunden. 47 Prozent der Zeit, die die User schauen, ist kürzer als eine Minute und 25,5 Prozent der Nutzung findet im inaktiven Tab statt. Youtube-Werbung verpufft. In den USA geht der Trend daher zu kuratierten Videoplattformen und Communities.
Nun schwirrt der Mythos durch die Galaxie, dass Youtube-Intensivnutzer auch viel TV gucken und von daher eine interessante Zielgruppe seien. Doch auch von den Youtube-Wenignutzern erreicht TV 96 Prozent pro Monat. Bei den Intensivnutzern sind es 98 Prozent. Der Nettoreichweitengewinn durch Online-Bewegtbild kann also sehr gering ausfallen.
Sinnvolles Budget-Splitting
Die Lösung kann sein, Kampagnen mit einem Anteil von 25 Prozent Werbung in Spartensendern und 20 Prozent Screenanteil zu planen. Eine intelligente Bewegtbildplanung kann alle Marken-KPIs steigern, wie diese Grafiken zeigen. Gemessen wurde anhand der Fragen „ Für welche der folgenden Produkte haben sie in der letzten Zeit Werbung gesehen, gelesen oder gehört? und „Welche der folgenden Produkte kennen sie, wenn auch nur dem Namen nach?“.
Mediaplus optimiert die Kampagnen sowohl online als auch für TV. Dazu wird analysiert, welche Werbeaustrahlung am besten funktioniert, indem die Online-Aktivitäten analysiert werden, die unmittelbar nach der Werbung erfolgen. Im Schnitt stellen Seitenbetreiber einen Uplift der Zugriffe auf ihre Seite um 18 Prozent fest, wenn ein TV-Werbespot ausgestrahlt wird.
Findet auf online keine oder nur ungenügende Reaktion statt, das heißt ruft niemand oder fast niemand die Website oder die Landingpage auf, die im TV-Spot erwähnt wird, könnt ihr versuchen, die Werbeschaltzeiten zu ändern. Ihr bucht dann andere Uhrzeiten, andere Wochentage oder auch andere Sender. Wenn das alles nichts hilft, hat wohl die Kreation, also die Gestaltung des Werbespots, versagt. Dann solltet ihr ein ernstes Wörtchen mit eurer Agentur reden.
Sehr Interessantes Ergebnis. Ich kenne in meiner Generation, leute unter 30, eigentlich noch jemanden der Reguläres Fernsehen konsumiert. Wenn wir Filme sehen wollen dann geht es ins Kino oder man schmeißt Netflix an. Ich empfand bisher die reine Fernsehwerbung immer als lästig, ich lehne Marken die mich intensiv mit Werbung stören sogar eher ab als Marken die dies nicht machen.
Aber auch das Internet ist heute ohne einen Adblocker leider kaum noch ertragbar. Überall blinken die animierten Werbebanner….
Dieses Ergebnis gilt nur für B2C-Marken, die eine goßer Reichweite brauchen.
Youtube komplett und pauschal abzulehnen ist zu kurz gedacht. Zum einen, weil Youtube perfekt für Nischen und Special Interest Themen ist und zum anderen ist der Vorteil von Youtube die Messbarkeit.
Wer natürlich viel Geld ausgeben bzw. große Reichweiten erzielen muss, der kommt an TV nicht vorbei.
Liegt wahrscheinlich daran, weils fürs TV keinen Adblocker gibt.