Gegen den Bias: Dieses Startup hat eine Gender-Autokorrektur erfunden
Diversität und Inklusion sind keine nice-to-haves, sondern Voraussetzungen und Treiber für den Erfolg und die Innovationskraft von Unternehmen, davon ist Nadia Fischer, CEO und Co-Gründerin des Schweizer Startups Witty Works, überzeugt – und wird dabei von starken Fakten unterstützt.
Der McKinsey-Report „Diversity wins“ aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die Diversität von Führungsteams positiv mit der finanziellen Performance eines Unternehmens korreliert ist. Und zwar deutlich: Betrachtet man die Gender-Gleichstellung, so übertrumpfen Unternehmen des obersten Quartils, also mit einer besonders hohen Frauenquote, Unternehmen des letzten Quartils um ganze 25 Prozent. Bei der ethnischen und kulturellen Vielfalt ist der Unterschied zwischen oberstem und unterstem Quartil mit 36 Prozent sogar noch größer.
Sprache ist Kultur
Diversität geht bei der Kommunikation los. „Sprache ist ein Kommunikationsinstrument zwischen Menschen und damit Ausdruck und Träger von Kultur“, sagt die Sprachwissenschaftlerin Melanie Malzahn. „Wer jetzt nicht gendersensibel und inklusiv kommuniziert, setzt negative Zeichen“, führt die österreichische Kommunikationsagentur ikp diesen Gedanken weiter. Am Puls der Zeit sei heute nur, wem es gelänge, „Diversity“, „Equity“ und „Inclusion“, kurz: DEI, in der Unternehmenskommunikation zu verankern. Dabei lauern beim Thema Diversity Fettnäpfchen und Cringe-Momente hinter jeder Ecke.
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Die „Blacklist“ ist rassistisch
„In unserer heutigen Kommunikation verstecken sich noch immer viele Stereotype, die zahlreiche Menschen ausschließen oder gar diskriminieren“, sagt Fischer gegenüber dem Schweizer Magazin 20 Minuten. Das geschehe meist unabsichtlich, führe aber dazu, dass sich Menschen aus gewissen sozialen Gruppen ausgeschlossen oder beleidigt fühlten. Spricht man beispielsweise von einer Blacklist und einer Whitelist, so ignoriert man ihr zufolge die rassistische Konnotation der Begriffe, da sie den Farben Schwarz und Weiß eine positive beziehungsweise negative Wertung zuschreiben.
Um Unternehmen die inklusive Kommunikation zu erleichtern, hat Fischer 2018 zusammen mit ihrem Co-Founder Kahwe Smith das Startup Witty gegründet. Ihre Lösung funktioniert wie eine automatische Rechtschreibkorrektur: Einmal im Internetbrowser als Add-on installiert, überprüft die Software mittels künstlicher Intelligenz (KI) und Computerlinguistik automatisch, ob der Text stereotypische Begriffe enthält. Ist das der Fall, werden inklusivere Alternativen vorgeschlagen.
Mehr als Gendern
Witty ist sich dabei natürlich bewusst, dass inklusive Sprache mehr ist als Gendern. Das Programm erkennt daher nicht nur Diskriminierung bezüglich des Geschlechts, sondern auch bezüglich ethnischen Hintergrunds, Hautfarbe, sexueller Identität und Orientierung, körperlicher und geistiger Fähigkeiten, Alter, sozioökonomischer Unterschiede oder religiöser Überzeugungen. „Je inklusiver ein Text ist, umso mehr Menschen fühlen sich angesprochen“, sagt Fischer.
Aktuell ist Witty für die Sprachen Englisch und Deutsch verfügbar. Für Privatpersonen ist die Nutzung auf Deutsch und Englisch kostenlos. Vor Kurzem konnte Witty die erste Finanzierungsrunde über 700.000 Euro abschließen. Damit will das Unternehmen auch nach Deutschland und Österreich expandieren.