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Ratgeber

Unternehmenskultur: „Wenn du zu alt fürs Startup bist, dann kündige!“

Der eine will abends lang im Büro bleiben, der andere durcharbeiten und zeitig nach Hause, weil dann der Rest des Lebens beginnt. Richtig und falsch gibt es dabei nicht, sagt Autorin Isabell Prophet.

3 Min.
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Startup-Mitarbeiter bei der Arbeit? Fast.(Foto: wavebreakmedia/Shutterstock)

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Frage: Ich bin seit sechs Monaten bei einem Startup. Wir sind ein kleines Team, alle jung, ziemlich gut qualifiziert, alle sind ziemlich gut drauf. Die Firma erfüllt alle Tischkicker-, Clubmate- und Sofa-Klischees. Mehrmals in der Woche treffen sich meine Kollegen. Anfangs bin ich immer mitgegangen. Jetzt wird mir das aber langsam zu viel. Meine Freundin klagt natürlich auch, dass wir uns zu selten sehen. Mein Tennispartner droht (noch im Scherz), sich bald jemand Neues zu suchen. Und im Team ernte ich schiefe Blicke, wenn ich halbwegs pünktlich gehe. Sogar wenn ich mögliche Probleme vorhersehe, gelte ich als Bremser – dabei warne ich nur. Ich kann es gerade niemandem mehr recht machen.

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Antwort: Bitte kündige. Schnell. Du vergeudest gerade wertvolle Lebenszeit an ein Unternehmen, das nicht zu dir passt und zu dem du nicht passt. Deine Freundin ist nicht das Problem. Deine Hobbys sind auch nicht das Problem. Deine Kollegen sind nicht das Problem und dein Chef auch nicht. Du bist das Problem. Du gehörst da nicht hin. Das macht es für alle Beteiligten schwer, mit der Situation umzugehen.

Startups sind ein Trend und es ist mit Sicherheit gut, das mal ausprobiert zu haben. Das hast du ja jetzt. Aber nicht jeder Unternehmenstyp ist für jeden Menschen geeignet. Im Lebenszyklus eines Unternehmens unterscheidet man vier Phasen:

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  • Startup: Die Zeit kurz nach der Gründung. Alles ist neu und aufregend – und alle Kollegen stecken all ihre Zeit und Energie in die Firma. Also: Work hard, play hard.
  • Wachstum: Jetzt geht es darum, das Produkt groß zu machen. Gleichzeitig wächst die Firma, das verlangt nach mehr Organisation und die muss jemand koordinieren. Also: Work hard – aber benehmt euch, morgen gilt’s (wieder). Und hier ist endlich das versprochene Geld.
  •  Reifephase: Der Laden läuft. Das Produkt ist angekommen, das Unternehmen hat sich stabilisiert. Also: Klar kannst du morgen frei machen – es gibt drei Leute, die dich ersetzen können.
  •  Rückgang: Das Produkt ist nicht mehr wirklich interessant, gelegentlich muss sich die Firma gesundschrumpfen, um profitabel zu bleiben. Also: Wenn du bleiben willst, beweis es.

Weil wir Deutschen gern denken, alle müssen ständig für alles brennen, finden wir Startups besonders sexy. Wir vergessen dabei ein paar Dinge: Wer ständig brennt, ist bald nur noch ein Häufchen Asche. Wer sechs Stunden am Tag brennt, schafft in der Regel mehr, als der, der zwölf Stunden am Tag brennt. Und: Nicht alle Menschen fackeln im gleichen Rhythmus. Über die Leistung sagt all das nur wenig aus.

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Dennoch werten wir einen späten Feierabend als Ausweis des Engagements – vollkommen egal, ob dazwischen eine Stunde Tischkicker liegt oder nicht. In bestimmten Lebenssituationen ist das gut so. So macht der Job mehr Spaß.

Aber wer Familie hat, Hobbys oder eine Beziehung, kann in solchen Konstrukten schnell vor einem Zielkonflikt stehen. Der Firmenkultur gerecht werden? Oder den Ansprüchen an das eigene Leben? Das Ergebnis erlebst du gerade selbst: Du zerreißt dich und wirst niemandem mehr gerecht – schon gar nicht dir selbst.

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Es gibt keine echte Altersgrenze für Startups. Trotzdem sind viele Menschen irgendwann einfach „zu alt“ für diese Unternehmenskultur. Irgendwann kommen wir an den Punkt im Leben, an dem wir merken, dass Freundschaften nicht halten, wenn wir sie nicht pflegen. Und Beziehungen sowieso nicht. Es gibt Zeiten im Leben, in denen ist das egal. Aber wenn wir uns selbst nicht mehr mit der langen Arbeitszeit wohlfühlen, dann ist es Zeit, zu gehen.

Das ist kein Problem mangelnder Leistungsbereitschaft. Die Lebenssituationen sind einfach unterschiedlich. Die meisten Jobs können problemlos innerhalb eines bestimmten Zeitfensters am Tag erledigt werden. Es schadet also nichts, durchzuarbeiten (mit angemessenen Pausen natürlich) und dann zu gehen.

Es schadet aber sehr, dauerhaft gegen seine Bedürfnisse zu leben – und zu arbeiten.

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Deshalb, ja, du solltest diesen Job schnell kündigen. Deine Kollegen machen nichts falsch, du machst auch nichts falsch. Ihr passt einfach nicht zusammen. Mit deiner Erfahrung kannst du jetzt ein anderes Unternehmen dabei begleiten, von einer Phase in eine andere zu wechseln. Betrachte die vergangenen Monate nicht also verlorene Zeit, sondern als lehrreichen Ausflug in eine andere Unternehmenskultur. Und beim nächsten Mal: Frag dich vorher, ob ein Unternehmen zu dir passt.

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Kommentare (1)

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Flulu

Wenn jemand nichts falsch macht, wie kann er dann das Problem sein?

Vielleicht ist er nur ein Pinguin in der falschen Landschaft?

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