Anzeige
Anzeige
News

Verdeckter Datenzugriff: Polizei soll schon bei Bagatellen E-Mails und Cloud-Daten einsehen dürfen

Die Bundesregierung hat dem Gesetzentwurf zur Änderung der Strafprozessordnung einen Passus zugefügt, der es Behörden erlaubt, über Clouds zugängliche Daten einzusehen. Juristen melden Bedenken an.

2 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

Neues Gesetz: Wer liest künftig deine E-Mails mit und schaut sich deine Fotos und Dokumente an? (Foto: Gorodenkoff / Shutterstock)

Das Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften liegt, nachdem der Bundestag es hat passieren lassen, nun beim Bundesrat. Der soll sich am Freitag erstmals damit befassen.

StPO-E: Letzte Fassung enthält erstaunliche Vorschrift

Anzeige
Anzeige

In der letzten Fassung des Entwurfs ist Juristen nun eine Änderung aufgefallen, die sie für durchaus problematisch halten. Es handelt sich um den geplanten neuen Paragrafen 95a der Strafprozessordnung. Der soll nun nämlich Strafverfolgungsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft eine einfache Möglichkeit der Beweisführung ermöglichen. Dazu soll es ihnen erlaubt werden, verdeckt, also ohne den Betroffen darüber zu unterrichten, auf dessen E-Mails und andere in der Cloud gespeicherten Daten zuzugreifen.

Strafrechtsanwälte wie Mayeul Hiéramente, der darüber auf Netzpolitik.org berichtet, sehen darin nicht weniger als einen Paradigmenwechsel. Bislang gelte eine weitestgehende Transparenz im Strafverfahren. Heimliche Maßnahmen dürften zum Schutz Betroffener nur unter strengen Voraussetzungen und nach einem formell detaillierten Verfahren erfolgen, so Hiéramente.

Anzeige
Anzeige

Beschlagnahme schon bei Bagatelldelikten möglich

Die neue Regelung würde nun diesen Schutz der Betroffenen verwässern, denn für einen verdeckten Datenzugriff soll schon ein Anfangsverdacht genügen. Der sei in der Praxis keine große Hürde, so der Jurist.

Anzeige
Anzeige

Besonders bedenklich sei, dass dabei keine Beschränkung auf bestimmte Straftatbestände erfolgen soll, sodass etwa ein Ladendiebstahl oder ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort schon eine heimliche Beschlagnahme der im Netz gespeicherten Daten des Verdächtigen rechtfertigen könnte.

Als ebenso bedenklich stuft der Jurist den Umstand ein, dass für den verdeckten Datenzugriff keine detaillierten Verfahrensschritte definiert seien, wie es etwa bei der Onlinedurchsuchung der Fall ist. Damit hätte die Polizei mit der neuen Regelung „freie Hand“.

Anzeige
Anzeige

Nur längerfristige Geheimhaltung unter Richtervorbehalt

Erst wenn auch im weiteren Verfahren eine Unterrichtung des Betroffenen über den erfolgten Zugriff unterbleiben soll, macht die neue Regelung einen richterlichen Beschluss zur Voraussetzung. Das hält der Fachanwalt für Strafrecht auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten für nicht ausreichend. Immerhin sei zu diesem Zeitpunkt längst alles Material in den Händen der Polizei. Die könnte also geradezu ermutigt sein, erstmal zu schauen, was sich aus dem beschlagnahmten Material ergibt, um dann darauf das weitere Unterbleiben der Benachrichtigung zu begründen.

Zudem sehe der Gesetzentwurf keine Konsequenzen für eine unterbliebene Benachrichtigung vor. Damit dürften Strafgerichte nach Einschätzung des Juristen nicht einmal Verwertungsverbote für so entdeckte Beweise aussprechen.

Jurist wundert sich über stark beschleunigte Gesetzgebungsverfahren

Alles in allem sieht Mayeul Hiéramente damit dem „Missbrauch Tür und Tor“ geöffnet. Mindestens erstaunlich mutet an, dass der kritische Paragraf seinen Weg erst zu einem Zeitpunkt in den Gesetzentwurf gefunden hat, als alle Stellungnahmen zum Referentenentwurf bereits abgegeben waren, sodass eine kritische Befassung damit nicht mehr möglich war. Hier erkennt der Jurist ein Muster. So seien in den letzten Monaten eine „Vielzahl von Sicherheitsgesetzen […] in einer Geschwindigkeit durch den Bundestag gejagt worden, die eine kritische Reflexion kaum möglich gemacht haben“. Selbst die gehörten Sachverständigen hätten auf die „extrem kurzen Fristen“ hingewiesen und moniert, dass die „eine sachverständige Bewertung nahezu unmöglich“ machen.

Anzeige
Anzeige

Exakt die gleichen Bedenken äußert auch Alexander Ignor in einem Beitrag für die Legal Tribune. Ignor ist Vorsitzender des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer und Professor an der Berliner Humboldt-Universität.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
4 Kommentare
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Cpt.OYZO

Willkommen im Polizeistaat. Der nächste Schritt werden dann „Social Credits“.

Antworten
H.Noser

Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar !

– VERORDNUNG 3B (BEI MASKEN)
– Die Würde
– Dikriminirung
– Willkür
– Nötigung
– Unversehrtheit
– STGB Nr.1 (Gesetz)
– krank = nur klinische getestet.

4 Stufen:
Busse nach EPG (Epidemiengesetz) Nr.40 Bundesrat Verordnung und Nr.83. Bussenkatalog.
(zurückschicken ohne Kommentar)

Verfügung oder Strafbefehl , zurückschicken mit dem
Vermerk: Ich erhebe Einspruch.

Antworten
KalSkirata

Und wo ist das Problem? Wer nicht im Verdacht steht eine Straftat begangen zu haben, dessen Daten bleiben ja auch unberührt. Einfach gesetzestreu verhalten und keiner schaut eure peinlichen Katzen-emails an…

Antworten
Dieter Petereit

Menschen wie Du sind es, die unsere Gesellschaft in Gefahr bringen. „Wer nichts tut, hat ja nichts zu befürchten“, ist einfach argumentativer Unfug. Denn Staaten können einfach durch die Definition dieses „Nichts“ die Grenzen verschieben. Außerdem sehe ich nicht, wieso der Verdacht etwa einer Fahrerflucht es rechtfertigen soll, die Cloud- und E-Mail-Daten von Personen zu checken.

Antworten

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige