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Vergesst die Wettervorhersage für 14 Tage: KI soll sie für 30 Tage berechnen können

In einer neuen Studie haben Forschende erstmals gezeigt, dass eine präzise Wettervorhersage über einen Monat hinweg möglich sein könnte – mithilfe von KI.

Von Wolfgang Stieler
4 Min.
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Wenn die Warnung der Wetter-App nicht zur Realität passt ... (Bild: Dall-E / t3n)

Das KI-Wettermodell Graphcast von Deepmind könnte Vorhersagen für einen Zeitraum von einem Monat oder mehr berechnen. Das geht aus einem Paper hervor, das Trent Vonich, Doktorand an der University of Washington (UW) und sein Team kürzlich als Vorabdruck auf arXiv veröffentlicht haben. Konventionelle Wettermodelle können das Wetter maximal für etwa 14 Tage vorhersagen.

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Wer hat moderne Wettervorhersagen erfunden?

Der britische Mathematiker Fry Lewis Richardson kam bereits Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts auf die Idee, dass es möglich sein müsste, mithilfe von physikalischen Gesetzmäßigkeiten das Wetter vorherzusagen. Bis dahin verließen sich die Meteorologen weitgehend auf Erfahrung und Beobachtung und entwickelten empirische Modelle auf der Basis der Entwicklung ähnlicher, bekannter Wetterlagen.

Richardson dagegen wollte sich ganz auf die Physik verlassen. Allerdings waren seine Methoden damals noch nicht praktikabel. Seine ersten von Hand berechneten Vorhersagen für Luftdruckänderungen lagen weit neben den tatsächlichen Messungen – gelten aber heute als Klassiker der Meteorologie.

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Wie funktionieren Wettervorhersagen?

Wettermodelle beschreiben die zeitliche – also zukünftige – Entwicklung von Druck, Temperatur. Luftfeuchtigkeit anhand von konkreten Anfangswerten. Die physikalischen Gleichungen geben allerdings erst mal nur an, wie stark sich Größen ändern – in der Regel sind es miteinander gekoppelte Differentialgleichungen. Um zu berechnen, wie das Wetter wird, müssen diese Gleichungen numerisch gelöst werden. Das passiert in einem Raster in festen Zeitschritten.

Wie präzise ein Wettermodell ist, hängt davon ab, wie klein das Raster ist. Das Wettermodell Cosmo-DE des Deutschen Wetterdienstes etwa verwendet ein Raster von 2,8 km × 2,8 km mit 50 Höhenschichten. Wolken, die jedoch meist kleiner als solche Zellen sind, müssen daher „parametriesiert“ werden – sie tauchen nur in der Anpassung einzelner Modellparameter auf. Deshalb sind Vorhersagen auch immer dann besonders ungenau, wenn sich in einer größeren Luftströmung kleinräumige Störungen befinden.

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Warum ist ihre Vorhersagezeit begrenzt?

Die Regel, dass Wettervorhersagen nur etwa bis 14 Tage brauchbar sind, geht auf den amerikanischen Mathematiker und Meteorologen Edward Lorenz zurück. Lorenz untersuchte Anfang der 1960er Jahre die Möglichkeiten der numerischen Wettervorhersage, in einem stark vereinfachten System – einer so genannten Konvektionszelle. Das ist ein Luftvolumen, das von unten gleichmäßig erwärmt wird. Die warme Luft steigt auf, kühlt ab und strömt dann wieder nach unten. Dabei entdeckte er, dass schon kleine Ungenauigkeiten in der Anfangswerten nach einiger Zeit große Ungenauigkeiten in der Vorhersage bewirkten. Lorenz vermutete daher, dass auch bei beliebig genau gemessenen Anfangswerten der Zeithorizont der Vorhersage begrenzt sein würde. Die Chaostheorie lieferte später die theoretische Unterfütterung für diesen so genannten „Schmetterlingseffekt“. Kurz: Wettermodelle sind chaotische Systeme.

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Wie funktionieren dann die KI-Modelle?

Die KI-Modelle versuchen nicht, ein physikalisches Modell des Wetters zu berechnen. Sie lernen anhand von Trainingsdaten, wie sich meteorologische Größen mit der Zeit verändern.

Die Idee, statt physikalischer Modelle datengetriebene Vorhersagen zu verwenden, liegt nahe. Denn der Rechenaufwand für solche Modelle ist viel kleiner, sie kommen schneller zu Ergebnissen. Weltweit arbeiten Forschungsgruppen seit den 1990er Jahren auf diesem Gebiet – nicht nur für Wetter – sondern auch für Klimamodelle. Allerdings lässt bisher die Genauigkeit der Ergebnisse zu wünschen übrig.

2019 stellten Google-Forscher ihre Version eines Nowcast vor. Die Kurzeit-Wettervorhersage für wenige Stunden nutzt als Trainingsdaten für ein neuronales Netz Aufnahmen eines Regenradars. Viele Länder veröffentlichen im Laufe des Tages regelmäßig Radarmessungen, die zeigen, wie sich Wolken über den Tag bilden und bewegen. In Großbritannien wird alle fünf Minuten ein neuer Messwert veröffentlicht. Setzt man diese Schnappschüsse zusammen, ergibt sich ein aktuelles Stop-Motion-Video, das zeigt, wie die Regenmuster über das Land ziehen, ähnlich wie die Vorhersagebilder im Fernsehen. Das neuronale Netz wird dann darauf trainiert, das jeweils nächste Regenbild vorherzusagen. Das hat für kurze Zeiträume gut funktioniert, aber die KI-Ansätze haben ein Problem: Sie berücksichtigen nicht automatisch Naturgesetze wie die Erhaltung von Energie und Masse. KI-Modelle neigen dazu, sich unphysikalisch zu verhalten.

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Um dieses Problem zu lösen, gibt es verschieden Ansätze. 2023 veröffentlichte beispielsweise die Forschungsabteilung von Huawei hat Paper zu einem tiefen, neuronalen Netzwerk entwickelt, das globale Wettervorhersagen für bis zu sieben Tage erstellt. Und zwar mit vergleichbarer Genauigkeit aber 10.000 mal schneller als aktuell existierende Wettermodelle. Da die Auflösung numerischer Wettermodelle nach wie vor stark durch den Bedarf an Rechenleistung begrenzt wird, ließen sich mit Hilfe solcher neuronaler Netze auch sehr viel feiner aufgelöste Vorhersagen berechnen.

Pangu-Weather, das Modell von Huawei, verwendet zwei neue Techniken, um die Ergebnisse zu verbessern: Zum einen arbeitet das Team um Kaifeng Bi mit einem Transformer-Modell, das dreidimensionale Daten verarbeitet. Die Software berechnet meteorologische Größen wie Temperatur, Druck, Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit in verschiedenen Höhenschichten. Weil sie die Berechnungen für die unterschiedlichen Höhen innerhalb des Modells untereinander konsistent halten, vermeiden die Forschenden auf diese Weise elegant, dass das Modell unphysikalisch wird – und so aus dem Ruder läuft.

Wieso kann Graphcast jetzt noch bessere Vorhersagen treffen?

Um die KI-Vorhersagen noch langfristiger zu machen, verwendeten Vonich und sein Team einen eleganten Trick. Sie wollten sehen, wie gut Graphcast funktionieren würde, wenn es ihnen gelänge, die Genauigkeit der Ausgangsbedingungen, also der Start-Daten, radikal zu verbessern.

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Dazu verglichen sie den Endzustand der Atmosphäre aus so genannten Reanalyse-Daten – also Wetterdaten der Vergangenheit – mit den Vorhersagen von Graphcast. Mängel in einer Vorhersage konnten dann verwendet werden, um die Ausgangsbedingungen der Reanalyse-Daten anzupassen, die das Modell für den Start seiner Vorhersage verwendet hatte. Mit den so verbesserten Ausgangsbedingungen verbesserte sich die Genauigkeit der 10-Tage-Vorhersagen von Graphcast um durchschnittlich 86 Prozent. Auch konnte das Modell bei der Vorhersage des Wetters für mehr als 33 Tage in der Zukunft gute Ergebnisse liefern.

Die offene Frage ist jetzt, wie gut dieser Trick auch für reale Vorhersagen funktionieren würde. Generell neigen KI-Modelle dazu, nur dann sinnvolle Vorhersagen zu liefern, wenn die Bedingungen nicht zu weit von denen ihrer Trainingsbeispiele entfernt sind. Dennoch hat die Arbeit für viel Aufsehen gesorgt – die Möglichkeiten der KI-Wettervorhersage sind offenbar noch lange nicht ausgereizt.

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