Vorsätze für 2020: Wie du ein Projekt wirklich durchziehst

Es gibt Menschen, bei denen hat man das Gefühl, ihr Tag hätte mehr als 24 Stunden. Leute, die Vollzeit als Programmierer arbeiten und nebenbei zwei Bücher schreiben, beispielsweise.
Ich habe nie verstanden, wie das funktioniert. Und bin immer fasziniert, wenn jemand zwei Dinge gut macht: einen anspruchsvollen Job und ein anspruchsvolles Nebenprojekt. Deswegen war ich auch schockiert, als ein Bekannter neulich ein Buch über die Programmiersprache Rust aus der Tasche zog und erzählte, er würde abends Bücher schreiben.
Weil das neue Jahr ansteht und eine Menge Leute Vorsätze fassen werden, habe ich Claus Matzinger noch mal angerufen und gefragt, wie das geht: Vollzeit arbeiten und Bücher schreiben.
t3n: Bevor wir anfangen, kannst du noch mal erklären, was genau dein Job ist?
Claus Matzinger: Ich arbeite bei Microsoft und berate Unternehmen, wie sie die Azure-Cloud nutzen können. Das bedeutet in der Regel: ein bis zwei Wochen einlesen und auf ein Projekt vorbereiten, dann zum Kunden fliegen und mit den Entwicklern dort eine bestimmte Funktion aufbauen, die dann auf der Cloud läuft.
t3n: Wie lange arbeitest du dann dort normalerweise?
Das hängt vom Land ab. In Frankreich länger, aber mit einer bis eineinhalb Stunden Mittagspause. In England eher von neun bis fünf, mit „Desk-Lunch“. Aber meistens sind es acht Stunden.
t3n: Und wann genau schreibst du dann Bücher?
Tja. Man muss sich die Zeit nehmen. Die Kunden freuen sich meistens, wenn man sie besucht und wollen oft noch gemeinsam ein Bier trinken gehen. Theoretisch ist man ja auch im Hotel und hat nichts zu tun. Das ist der Punkt, an dem man abwägen muss – Bier trinken oder Buch schreiben.
t3n: Das heißt, du sagst einfach alles ab?
Wenn jemand jeden Tag zusammen essen will, minimiere ich das und sage alle Termine bis auf einen ab. Kurz irgendwohin gehen, was essen und ein Mineralwasser trinken und dann zurück ins Hotel – das geht. Man muss sich vor sich selbst schützen.
„Mindestens eine Stunde – jeden Tag.“
t3n: Und das funktioniert bei dir, nach der Arbeit noch mal arbeiten?
Wenn es bei dem Kunden anstrengend ist und man in einer Woche vor Ort ein komplexes Problem lösen muss, schreibt man natürlich nach der Arbeit keine sechs Stunden mehr an seinem Buch. Aber mindestens eine Stunde schreibe ich jeden Tag. Wenn man in die USA fliegt und einen Jetlag hat, kann man das auch vor der Arbeit machen.
t3n: Und wie machst du das, wenn alle erwarten, dass du Zeit hast? Zum Beispiel über Weihnachten?
Letztes Jahr war die Hochzeit meiner Mutter als einwöchiger Urlaub angelegt. Da musste ich auch hin und wieder zum Schreiben verschwinden. Man muss sich dann eben loslösen und für eine bis zwei Stunden schreiben. Wie wenn man kurz telefonieren muss, nur dass es eben etwas länger dauert. Außerdem hilft einem ein knappes Zeitfenster, Sachen wirklich auch zu erledigen. Wenig Zeit macht sowieso effizienter: Statt lange einkaufen zu gehen, geh ich dann nur noch kurz raus und hol die fünf Dinge, die ich wirklich brauche.
t3n: Wo hast du diese Eine-Stunde-Regel her?
Von Stephen King, der schreibt in seinem Buch „On Writing“, dass man einfach jeden Tag schreiben muss, egal, was dabei herauskommt. Ich versuche allerdings, erst zu planen und dann zu schreiben.
„Wenn man irgendwas gut machen will, muss man sich jeden Tag damit beschäftigen.“
t3n: Deine Bücher sind ja keine Romane, du schreibst über die Programmiersprache Rust. Gilt da das Stephen-King-Konzept auch?
Wenn man irgendwas gut machen will, muss man sich jeden Tag damit beschäftigen. Malcom Gladwell hat in seinem Buch geschrieben, dass man sich 10.000 Stunden mit etwas beschäftigen muss, um gut zu werden. Das hat aber auch mit Lust zu tun: Wenn du nicht so viel Lust auf Schreiben hast, wird es dir schwerfallen, jeden Tag eine Stunden zu opfern.
t3n: Mal abgesehen vom Schreiben, hast du Vorsätze fürs neue Jahr?
Nein.
t3n: Okay, verstanden. Vielen Dank für das Interview.
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Wir haben uns für das Jahr 2020 schon eine Roadmap mit Zielen erstellt. So wollen wir sicher stellen, alle Ziele zu erreichen. Außerdem wollen wir in einem Ticketsystem erfassen, wo wir Zeit verloren haben. So wollen wir unsere Ziele besser timen und erreichen und dokumentieren woran es auch mal happert.
Wir wünschen allen viel Erfolg im neuen Jahr.
Ich habe eine schöne Liste mit verrückten Vorsätzen gefunden – einer der wichtigsten: Keine guten Vorsätze! Ganz ehrlich: Wer etwas ändern will, kann und sollte damit sofort starten. Es ist doch schon eine Art des Aufschiebens, wir unbedingt bis zum 1.1. damit warten, oder? Hier die Liste: https://eu-joy.com/verrueckte-neujahrsvorsaetze-2020-twitter-instagram/
Nach lagen grübeln habe ich beschlossen, dass ich mich 2020 endlich der Kunst widmen werde. Was sowohl einen deutlichen Umbau meiner Sichtbarkeit mit Website und Social Media nach sich ziehen wird, aber auch ein in großen Teilen neues Netzwerk brauchen wird. Heißt ich starte quasi bei Null (Komma Fünf), oder so. Da wartet viel Arbeit auf mich, auf die ich mich allerdings sehr freue, auch wenn sie viel innere Arbeit bedeuten wird. Vielleicht so eine Art Selbstwerdung, viel mehr als mit meiner bisherigen Tätigkeit.