Youtube löscht 100.000 Videos: Wieso der Staat sich raushalten muss

Youtube löscht 100.000 Hatespeech-Videos. (Bild: A. Aleksandravicius / Shutterstock)
Youtube hat im vergangenen Quartal 100.000 Videos gelöscht, die mit Hatespeech gegen die Richtlinien von Google – und gegen Gesetze – verstoßen haben. Ebenfalls verschwanden 17.000 Kanäle und 500 Millionen Kommentare. Immer wieder wird angesichts solcher Zahlen die Forderung nach eine staatlichen Kontrolle der Plattformen laut, entweder weil die Befürchtung vorherrscht, dass diese enorme Menge nur die Spitze eines Eisbergs sein könnte – oder weil sich jemand zensiert fühlt. Derartige Forderungen öffnen die Büchse der Pandora: Denn Zensur wird es in dem Moment, in dem staatliche Mechanismen in die Veröffentlichung und Verbreitung von Inhalten eingreifen.
Staatliche Mechanismen zur Kontrolle von Veröffentlichungen: Das ist Zensur
Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen, wenn sie beispielsweise die Ehre von Menschen verletzt, oder zur Verletzung ihrer körperlichen Integrität oder ihrer Freiheit aufruft. Das ist gesetzlich geregelt durch Gesetze, die ebendiese Verletzungen verbietet. Darüberhinaus können private Betreiber von Plattformen wie Google bei Youtube im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen eigene Grenzen setzen.
Es gibt schon Beispiele, wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder die Uploadfilter im Rahmen der EU-Urheberrechtsreform. Solche Mechanismen sind brandgefährlich, denn sie privatisieren die Rechtsdurchsetzung und fördern überzogenes Blockieren von Inhalten bei Betreibern aus Angst vor Sanktionen. Wenn Betreiber zu viel löschen, sanktioniert das niemand.
Staatliche Mechanismen um zu kontrollieren, was veröffentlicht wird, das ist ein Euphemismus für Zensur. Es ist mehr noch die Definition von Zensur.
Rechtsdurchsetzung gehört in die Hand von Gerichten
Wer Mechanismen fordert, um eine demokratische Kontrolle von Inhalten durchzuführen, für den habe ich eine Überraschung: Gibt es schon und nennt sich „Gerichte“. Bürger, die verunglimpft werden oder die Unwahrheiten korrigieren lassen möchten, können sich Recht bei der Judikative verschaffen.
Die Durchsetzung unserer Rechte gehört nicht in die Hand von Google, Facebook oder Twitter. Die Plattformen dürfen dafür lediglich Erfüllungsgehilfe nach gerichtlicher Anweisung sein.
Mehr Maßnahmen gegen Hatespeech, aber keine staatlichen Mechanismen
Ist es gut, dass Youtube 100.000 Hassvideos gelöscht hat? Das wird niemand bestreiten wollen. Aber woher weiß ich, dass es nur Hassvideos waren? Wenn ich betrachte, mit welcher schlafwandlerischen Sicherheit die Mechanismen von mir als Volksverhetzung gemeldeten Inhalte nicht als Volksverhetzung anerkennen, stellt sich die Frage, was diese funktionsuntüchtigen Mechanismen alles falsch deklarieren.
Plattformen in die Verantwortung zu nehmen, ist schön und gut, aber es ist als ein gefährlicher Trend zu betrachten, Plattformen hoheitliche Aufgaben zu übertragen. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden. Denken wir lieber darüber nach, wie wir unsere Judikative zeitgemäßer ausstatten und technologische Werkzeuge für die Rechtsdurchsetzung schaffen können.
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