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Zwang zur Rentenversicherung für Selbstständige – Panikmache oder akute Gefahr?

Zurzeit warnen viele Versicherungsexperten davor, dass Selbstständige bald zwangsweise in die Rentenversicherung müssen. Doch wie aktuell ist das und wäre das überhaupt so verwerflich?

3 Min.
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(Foto: Shutterstock)

„Bald müssen Selbstständige verpflichtend in die öffentliche Rentenversicherung einzahlen. Nutzen Sie jetzt noch die Auswege und sprechen Sie mit uns, bevor es zu spät ist“ – so oder so ähnlich werben derzeit zahlreiche Versicherungsvertreter und -makler um Selbstständige und Freiberufler, die aus irgendeinem Grund bisher noch nicht in eine gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Doch was ist eigentlich an der Geschichte dran und wie akut ist die Gesetzesneuerung?

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Zunächst einmal: Schon in der aktuellen Legislaturperiode und in der vorherigen findet sich im jeweiligen Koalitionsvertrag eine entsprechende Absichtserklärung. Danach sollen nicht nur Angestellte, sondern eben auch Selbstständige in die gesetzlichen Rentenversicherungen einzahlen – oder zumindest eine Vorsorgepflicht in anderer Weise erfüllen. Deutlich wird bei der Diskussion aber auch, dass es über eine entsprechende Idee noch nicht hinausgeht. Ende 2019 sollte der Gesetzentwurf vorliegen, doch schon damals riss der Bundesarbeitsminister den Zeitplan. Aktuell warte man schon reichlich lange auf einen Referentenentwurf, erklärt ein Vertreter eines Selbstständigenverbands – und bis der diskutiert ist, wird wohl noch einige Zeit ins Land gehen. Jetzt im Vorfeld der Wahl, erklärt ein mit dem Thema vertrauter Politiker, sei es unwahrscheinlich, dass hier eine schnelle Einigung zustande komme – den Corona-Faktor und die damit verbundenen Verzögerungen noch nicht einmal mitgerechnet.

Unterdessen legt gerade vergangene Woche die CDU ein Grundsatzpapier zur Rentenpolitik vor, das unter anderem vorsieht, auch Beamte und Selbstständige mittelfristig verpflichtend in das System einzubeziehen. Zudem sollen das Rentenalter sowie die Beitragsbemessungsgrenze hochgesetzt werden, um mehr einzunehmen und weniger auszugeben. Im Laufe der nächsten zehn Jahr könnten so die Rentenbeiträge sukzessive weiter steigen. Doch das Thema Selbstständige? Es kommt dort auch nur am Rande vor und mit einem sehr langen Horizont.

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Was im Rahmen von Vorüberlegungen aber schon kam, ist ein Entwurf, der vorsieht, dass eine Rentenversicherungspflicht vor allem für Selbstständige unter 45 Jahren kommen kann, sofern sie nicht in anderer Form nachweislich im Rahmen etwa eines Rürup-Vertrags vorsorgen oder in einem Versorgungswerk Mitglied sind. Doch zumindest der Entwurf sieht nicht vor, dass zu einem bestimmten Datum, wenn ein solches Gesetz in Kraft tritt, alle Selbstständigen nur noch in die Standard-Rentenversicherung kommen.

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Altersvorsorge: Rentenversicherung mehr als nur sinnvoll

Andererseits ist es natürlich für Selbstständige nicht minder wichtig, auch in Eigenregie vorzusorgen und in irgendein vernünftiges System zur Rentenversicherung einzuzahlen. Denn das tun erfahrungsgemäß viele Selbstständige, Gründer und Freiberufler nicht oder nur sporadisch – teilweise weil es das Geschäftsmodell und die Einnahmen nicht hergeben, teilweise aber auch aus falsch verstandener Sorglosigkeit. Ausnahme sind jene Freiberufler, die verpflichtend in ein berufsständisches Versorgungswerk einzahlen und bestimmte Kriterien erfüllen (etwa die Rentenauszahlung erst ab einem bestimmten Alter).

Die Sozialversicherung unterscheidet bei der Vorsorge nach Säulen. In der „ersten Säule“ finden sich jene Vorsorgetypen, die eine Basisversorgung bedeuten. Neben der klassischen gesetzlichen Rentenversicherung kommen hier auch die berufsständischen sowie die für Selbststände gedachten Rürup-Rentenverträge in Betracht. Hier kann der Selbstständige neben regelmäßigen Einzahlungen auch am Jahresende noch einmalige Sonderzahlungen leisten und so sein zu versteuerndes Einkommen um rund 25.000 Euro senken (anerkannt werden derzeit 90 Prozent davon, Tendenz in den nächsten Jahren steigend bis 100 Prozent). Im Gegenzug dazu kommt der Selbstständige aber auch nicht vor dem Rentenalter an das Geld heran, kann es nur als Rente und nicht als einmalige Kapitalzahlung genießen und seine Angehörigen erhalten nach seinem Tod auch (normalerweise!) keine Witwen- oder Witwerrente. Und versteuern muss er es im Alter auch noch. Das ist allerdings oftmals praktischer, da er in höherem Alter weniger Einkommen und somit weniger Steuerlast hat.

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Dennoch hat diese Form der Vorsorge, insbesondere wenn nicht wie etwa bei der Künstlersozialkasse noch eine weitere Partei mit einzahlt, den Vorteil, das sie kapitalbildend und nicht umlagefinanziert ist. Das Geld, das du hier einzahlst, steht – im Gegensatz zur Solidargemeinschaft in der gesetzlichen Standardversicherung – auch dir zu.

Rentenversicherungspflicht: Nicht der Panikmache zum Opfer fallen

Wichtig dazu aber zu wissen: Sämtlichen Versicherungsvertretern, die dich aktuell in eine Versicherung treiben wollen, um ihr Jahresendgeschäft zu erfüllen, solltest du nur generell Gehör schenken, aber dich von der verbreiteten Torschlusspanik frei machen. Denn auch wenn in Zukunft irgendwann die Rentenversicherungspflicht kommen wird, lässt sich mit Rürup und gegebenenfalls auf anderen Wegen diese (an sich ja sinnvolle) Versicherungspflicht erfüllen. Schließlich attestierte eine OECD-Studie aus dem vergangenen Jahr Selbstständigen und Menschen mit „atypischem Versicherungsverlauf“ (also solchen, die mal angestellt, mal selbstständig sind) ein deutlich höheres Risiko, im Alter unterversorgt zu sein.

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6 Kommentare
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Gunar Gürgens

Weiß auch nicht warum die Leute da in Panik verfallen. Wie im Text schon geschrieben hätte man mit der gesetzlichen Rentenversicherung wenigstens einen Teil abgedeckt. Bei den ganzen Privat Sachen muss man noch bedenken, dass das alles wieder geändert werden kann. So wie z.B. gerade diskutiert wird die Beitragsgarantie der Riester-Rente im Sinne der Versicherungslobby auf 80% zu senken. Vor wenigen Jahren wurde das ganze noch als Waffe gegen die Altersarmut gepriesen. Ähnlich verhält es sich bei alten Sparverträgen mit hohen Garantiezinsen, oft wurde da entschieden, dass die Banken oder Versicherungen die Leute da raus kicken können. Man kann davon ausgehen, dass sowas im Sinne der Banken und Versicherungen auch in Zukunft so gehandhabt wird.
Ich finde die gesetzliche Rente ist dahingehend am besten aufgestellt auch wenn eventuelle Kürzungen kommen werden.

Antworten
Max

Die Abschaffung der Beitragsgarantie wäre die größtmögliche Verbesserung für die Riester-Rente.
Die aktuelle 100 % Beitragsgarantiert verhindert, im Zusammenspiel mit Zinssätzen für risikolose Geldanlagen gegen 0 % p.a., eine Anlage in volatile, renditestarke Anlagevehikel.
Diese sind jedoch für eine Altersvorsorge zwingend notwendig und auch sinnvoll. Insbesondere auch ohne Versicherungsmantel. Hier ist Eigeninitiative gefragt: über 30 – 40 Jahre läge die durchschnittliche Renditeerwartung bei einer Beteiligung am Produktivkapital bei 3 – 7 % p.a. nach Steuern und Inflation. Die gesetzliche Rentenversicherung kommt auf nicht einmal 0,5 % jährlich und ist damit in der aktuellen Form erbärmlich gescheitert.
Eine kontrollierte Vorsorgepflicht ist sinnvoll, das Wie sollte jedoch JEDEM (Unternehmer, Selbständiger, Angestellter, Arbeiter, Beamter, Richter, etc.) selbst überlassen werden. Alle unmündigen Bürger können sich dabei auch auf staatliche Windel-Produkte verlassen, die zumindest das Existenzminimum absichern.

Antworten
Rainer Wegener

Der Versicherungsmantel sorgt jedoch für die ausbleibende Erstragsanteilbesteuerung, was sich deutlich auf den Zinseszinseffekt auswirkt. Es müsste also mal entschieden werden, dass auch in der freien Anlage eine solche Ertragsanteilbesteuerung ausbleibt, wenn man das ganze frühestens mit 62 beziehen wird. Zum Rest geben ich Dir 100% Recht. Es ist ein Farce, dass wir gedanklich im Bereich der Kapitalmarktanlage immernoch auf dem Stand der 90er Jahre sind und keine Aufklärung betrieben wird, wie gefährlich es ist ständig mit klassischen Anlageprodukten und Garantien zu arbeiten. Das ist ein ausbleibender Bildungsauftrag, finde ich!

Thorsten

Und warum gibt es nicht die Möglichkeit von der PKV in die GKV oder eine Basiskrankenversicherung zu wechseln. Bei Krankenversichern geht das ganze (selbständige) Leben nur privat aber jetzt soll die staatliche Rente schon gehen. Entweder beides oder gar nix – für alle zur freien Auswahl.

Also Basisrente und Basiskrankenversicherung für alle und jeden. Privatzusatzversicherung egal ob Rente oder Krankenversicherung gegen zusätzliche Versicherung also Aufpreis. Aber nicht so wie es gerade einem Politiker einfällt…

Antworten
Max

Zu Beginn Ihrer Tätigkeit können Sie sich entscheiden: PKV oder freiwillig versichert in der GKV.
Gerade bei niedriger Gehaltsauszahlung und Gewinnthesaurierung im Unternehmen für die Altersvorsorge ist die freiwillige Versicherung die wesentlich intelligentere Wahl.
Dazu eine private Krankenzusatzversicherung und die Kombination aus Kosten und Leistungsumfang ist unschlagbar.

Antworten
Robert Kock

Ohne einzelne Taktiken der Vertreter zu kennen, die hier Anlass für den Artikel geben, habe ich mich schon an Tag 1 meiner Selbständigkeit zu dem Thema beraten lassen und mich auch selbst damit intensiv beschäftigt. Tenor des Ganzen: Mit der Zeit werden die Bedingungen, zu denen man private Vorsorge betreiben kann immer schlechter. Da geht es im einzelnen um Hochrechnungsfaktoren, die beim Bilden einer Rente später herangezogen werden. Ich hake da immer wieder nach und lasse mir das jedes Jahr wieder vorrechnen und Fakt ist: Wenn man erst dann anfängt, wenn die Pflicht wirklich kommt (habe jüngst was von 2024 gelesen) haben solche, die früher gestartet sind, deutliche Vorteile, selbst wenn man am Ende dasselbe Kapital gespart hat. Weil man muss das Kapital ja verrenten lassen.

Zu Gunar Gürgens: Die gesetzliche Rente ist immer davon abhängig, was umgelegt werden kann. Und garantiert ist da gar nichts. Wenn also, wie es derzeit aussieht, der demographische Wandel in den nächsten Jahren so weiterverläuft, dann gibt es nichts mehr zum Umlegen, wenn die jetzt Anfang 30-jährigen in Rente gehen. Sie sparen dort ja kein Geld, sondern Anwartschaften (in Form von Rentenpunkten). Eine Anwartschaft kann aber noch so hoch sein: Wenn es keinen monetären Gegenwert gibt, für den die Anwartschaft steht, dann ist diese auch nichts wert.

Es gibt ja einen Grund (und das beschreibt der Artikel ja auch), warum die Beamten und Selbständigen einzahlen sollen. Und der ist ja nicht, weil das System so einwandfrei funktioniert. Der Grund ist, dass es kurz vor dem Kollaps steht (für einige Rentner ist der Kollaps schon Realität). Und deswegen sollen möglichst junge Beitragszahler einkassiert werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ;-) Es gibt aber auch schon Statistiken darüber, dass selbst wenn alle mit ins System einzahlen würden (also auch die Freiberufler noch), es dann immernoch nicht ausreichen würde für ein würdevolles Leben nach 67. Da stehe ich mir und meiner Familie näher und mache das privat und zwar solange, bis sich die Herrschaften endlich mal von diesem reinen Umlageverfahren trennen. Das war nämlich schon weit vor der Jahrtausendwende dem Untergang geweiht.

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