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Karriere im Tandem: Warum Jobsharing mehr als nur ein „Muttimodell“ ist

Halbe Stelle, volle Verantwortung: Wenn sich zwei Mitarbeiter eine Position teilen, ­sprechen Experten von Jobsharing. Das Konzept bietet auch für Führungskräfte handfeste Vorteile – wenn man bereit ist, draufzuzahlen.

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Lydia Leipert und Rebecca Zöller (v. l.) teilen sich die Leitung der Abteilung „Film Digital“ beim ­Bayerischen Rundfunk. (Foto: Max Hofstetter/BR)

Teilzeit plus Teilzeit ergibt Vollzeit. So lässt sich die ­Geschichte von Rebecca Zöller und Lydia Leipert auf den Punkt bringen. Die beiden Journalistinnen sahen sich mit einem Problem kon­frontiert, das viele Arbeitnehmer kennen: Wie bringe ich Beruf und Familie unter einen Hut? Vor allem Menschen mit Wunsch auf eine ­Führungsposition müssen sich häufig entscheiden. ­Stelle ich die Karriere der Kinder zuliebe hintenan? Oder mache ich weiter und überlasse dem Partner die Betreuung im Zweifel allein? Noch bis vor wenigen Jahrzehnten wäre die Antwort wohl klar auf die zweite Option gefallen. Viele ­Männer machten Karriere, Frauen blieben daheim. Für moderne Familien ist das heute undenkbar. Geschlechterrollen der 1960er-Jahre stoßen nur noch selten auf Akzeptanz.

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Auch Rebecca Zöller wollte sich nicht entscheiden. Ihr Arbeitgeber, der Bayerische Rundfunk (BR), schrieb eine interessante Stelle aus, die für sie jedoch unerreichbar schien. Gesucht wurde eine Person, die die Leitung der Abteilung „Film Digital“ übernimmt. „Mir war klar, dass ich die Position nicht zu 100 Prozent besetzen kann“, sagt Zöller. Das war bitter, denn fachlich schien sie perfekt ins Profil zu passen. Statt sich zurückzuziehen, suchte Zöller jedoch das Gespräch mit ­ihrer Chefin. „Dort haben wir die Idee gehabt, meine Kollegin Lydia zu fragen, ob sie sich die Stelle mit mir teilen möchte.“ Lydia Leipert war kurz davor, aus der Elternzeit zurückzukommen und war perfekt für die Stelle qualifiziert. „Sie hat dann Gott sei Dank ‚ja’ gesagt und wir haben das Projekt unbürokratisch in Angriff genommen“, erzählt Zöller.

Großunternehmen offen für Jobsharing

Das Projekt, wie sie es nennt, kennen Arbeitsexperten unter dem ­Begriff „Jobsharing“. Bei dem flexiblen Arbeitszeitmodell teilen sich zwei oder mehr Arbeitnehmer eine Vollzeitstelle. Das kann allein die Arbeitszeit betreffen (Jobsplitting), spezielle Veranwortlichkeiten (Jobpairing) oder – wie im Falle von Rebecca Zöller – eine partnerschaftliche Führungsposition (Topsharing). Auch wenn die Anglizismen das Gegenteil vermuten lassen: Neu ist Jobsharing nicht. So tauchte der ursprünglich aus den USA stammende Begriff in Deutschland erstmals in den 1980ern auf. Und obwohl bereits einige Unternehmen auf Verantwortung im Tandem setzen, kennen bis heute nur wenige Arbeitnehmer das Modell. Laut einer Studie, die die Unternehmensberatung Roland Berger im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt hat, wird Jobsharing zwar in 32 Prozent der befragten Unternehmen angeboten, aber nur 16 Prozent der Mitarbeiter wissen überhaupt davon. Dabei bietet sich Jobsharing nicht nur für Mütter wie ­Lydia Leipert und Rebecca Zöller an. Auch wer Angehörige pflegen muss, wichtige Ehrenämter hat, länger verreist oder nebenbei ein Startup gründet: Einsatzmöglichkeiten gibt es viele. Heute sind es vor allem Großunternehmen, die für Jobsharing offen sind.

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Dazu zählt auch SAP. Das Softwareunternehmen aus Walldorf fördert die geteilte Verantwortung auf Führungsebene bereits seit Jahren. Tatsächlich lässt sich eine gewisse Tradition ­erkennen. Die Vorstandsspitze bestand einst aus zwei Tandempartnern. Von 2010 bis 2014 teilten sich Jim Hagemann Snabe und der erst vergangene Woche ausgeschiedene Bill McDermott die Position des Konzernchefs. Ersterer stieg damals aus persönlichen Gründen aus. Das Beispiel machte jedoch Schule. Seit 2013 ließ SAP das Konzept des ­Jobsharings auf Führungsebene in ­Einzelfallentscheidungen zu. Seit 2018 sind alle Führungspositionen grundsätzlich so ausgeschrieben, dass sie im Tandem möglich sind. Falls sich kein Partner findet, können die Stellen jedoch auch zu 70 Prozent in Teilzeit ausgefüllt werden. Das ist einzigartig in der deutschen Unternehmenswelt.

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SAP-Manager Cawa Younosi. Jobsharing führt zu facettenreichere Blickwinkel. (Foto: SAP)

„Früher war Jobsharing eher die Ausnahme“, erklärt SAP-Personal­chef Cawa Younosi. „Jetzt haben wir es zur Regel gemacht.“ Dieser Sinneswandel ist in den Augen von Younosi für das Unternehmen vor allem wichtig, um die nötigen Führungskräfte zu bekommen. Es sei schlichtweg unklug, talentierte Menschen von leitenden Positionen auszuschließen, nur weil sie eine Stelle nicht zu 100 Prozent ausfüllen können. Laut Younosi lassen Arbeitgeber so enorme ­Potenziale ungenutzt. „Flexibilität ist heute das Allerwichtigste im Arbeitsleben“, sagt er und stützt sich unter anderem auf Befragungen innerhalb der Belegschaft. Er sei sich sicher, dass SAP viele Talente nicht hätte halten können, wenn das Unternehmen sich nicht schon früh so aufgeschlossen positioniert hätte.

Daneben gibt es aber noch weitere Gründe, warum der Konzern dem Konzept so offen gegenübersteht. „Früher war es so, dass die Älteren immer die Mentoren und die Jüngeren die ­Mentees waren“, erzählt Cawa Younosi und beugt sich dabei ein Stück nach vorne. „Das gibt es heutzutage jedoch nicht mehr, weil gerade die Jungen in bestimmten Bereichen viel mehr ­Wissen mitbringen als die Älteren.“ Jobsharing, so wirbt er regelrecht für das Modell, führe unweigerlich dazu, dass die doppelt besetzte Position auf einmal einen erweiterten Erfahrungsschatz und facettenreicheren Blick auf die Unternehmensprozesse hat. „Bedenkt man, wie hoch die Geschwindigkeit heutzutage ist, liegen die Vorteile eines Teams mit zwei Führungskräften auf der Hand“, so der SAP-Manager.

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„Bedenkt man, wie hoch die Geschwindigkeit heutzutage ist, liegen die Vorteile eines Teams mit zwei Führungskräften auf der Hand.“

Ein beliebtes Argument gegen Jobsharing ist der ­erhöhte ­Organisationsaufwand. Mit zwei Personen auf einer ­Stelle ­assoziieren ­Kritiker, dass Prozesse aufgebläht werden oder Zuständigkeiten nicht mehr allen im Team klar sind. Nicht zuletzt deswegen sei Jobsharing keineswegs kosten­neutral, wie die Arbeitsmarktexpertin Jutta Rump auf Nachfrage erklärt: „Wer glaubt, dass Unternehmen bei dem Modell nicht draufzahlen, irrt leider gewaltig. 50/50 ist ein ­Ammenmärchen, das können Sie drehen und wenden wie Sie wollen.“ Damit das Tandem ­funktioniere, sollte eine Stelle als Faustregel mit einer Kapazität von 120 Prozent besetzt werden. „Sie sollten mit mindestens 60/60 kalkulieren, damit es Überschneidungen für Übergaben gibt“, so die Direktorin des Instituts für Beschäftigung und ­Employability in Ludwigshafen. Wenn auf diese Weise die Abläufe gewährleistet ­seien und immer eine Vertretung da sei, könne Job­sharing tatsächlich auch die wirtschaftlichen Erwartungen übertreffen.

Die beiden BR-Frauen können das bestätigen. Sie haben sich in Projekte aufgeteilt. „Jede von uns hat ihren klaren Zuständigkeitsbereich“, erklärt Rebecca Zöller. „Daneben gibt es die Bereiche, die wir uns teilen.“ Projekte orientieren sich entlang der ­TV-Produktionen. Beide Frauen arbeiten gemeinsam am derzeitigen Flaggschiff, wie sie es nennen, der vom BR produzierten ­Familienserie „Dahoam is Dahoam“. Miniserien wie „Servus Baby“ oder „Das Institut“ teilen sie sich auf, damit die Kollegen, die die operative Arbeit machen, immer eine Ansprech­partnerin haben. Nur der Aufwand, die Prozesse und Absprachen zu ­dokumentieren, habe sich etwas erhöht, damit im Notfall jede einspringen kann. Davon profitieren alle im Team: Denn offene Fragen lassen sich klären, ohne dass jedes Mal ein ­neues ­Meeting einberufen werden muss. Denn beide sind so drin in den Themen der jeweils anderen, dass sie nahtlos übernehmen können. Der Aufwand amortisiert sich recht schnell. Zumal es bei Abwesenheiten keinen Entscheidungsstillstand gibt.

Per Software zum passenden Tandempartner

Ein Problem, das viele Arbeitgeber mit dem Jobsharing haben, liegt vielmehr in der Personalsuche. Im Falle von Lydia Leipert und ­Rebecca Zöller konnte der BR sich glücklich schätzen, dass die beiden Frauen sich kannten und die Initiative von sich aus ergriffen. Andernorts braucht es da mehr Hilfestellung. In diese Kerbe schlägt das Berliner Startup Tandemploy, das ein Match-Making-Tool entwickelt hat, das interessierte Mitarbeiter ähnlich der Dating-App Tinder zusammenbringt. Mitarbeiter füllen ihr Profil mit persönlichen und beruflichen Informationen, die relevant für eine zu schaffende Tandemstelle sind: ­Qualifikationen, Erfahrungen, Lebensumstände, Persönlichkeit oder ganz einfach Wunschvorstellungen. Diese Daten werden dann automatisiert per Algorithmus abgeglichen. Auch SAP nutzt seit März dieses Jahres das Programm: „Innerhalb von einer Stunde nach Freischaltung haben wir 1.000 Registrierungen verzeichnet, mittlerweile haben wir fast 3.000 Kolleginnen und Kollegen, die ­registriert und auf der Suche nach Tandems sind“, sagt Personal­chef Cawa Younosi. Da hätten sich bereits tolle Verbindungen ergeben, erzählt er. Auch andere Unternehmen ziehen Software zu Hilfe. Mit dem „Job ­Connector“ hat beispielsweise Bosch ein eigenes Matching-Tool entwickelt, das von 1.600 Beschäftigten genutzt wird. Zudem gibt es Agenturen wie „The Jobsharing Hub“, die Unternehmen beratend zur Seite stehen.

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Jana Tepe ist neben Anna Kaiser eine der Gründerinnen von ­Tandemploy. Ihrer Beobachtung nach hat das Konzept des ­Jobsharings innerhalb der letzten Jahre erheblich an Popularität gewonnen. „Als wir ‚Jobsharing’ vor sechs Jahren das erste Mal bei Google eingaben, fanden wir quasi nichts: einen ­Wikipedia-Eintrag über Arbeitsplatzteilung und einen Fach­beitrag aus den 1980ern“, erklärt sie. „Heute gibt es unzählige Seiten mit Treffern.“ Das allein sei natürlich noch kein Indiz für den steigenden Erfolg des Konzepts.

Aussagekräftiger sind da eher die eigenen Geschäftszahlen: 70 Kunden zählt Tandemploy, Stand Juli 2019. Dazu zählen ­neben SAP auch DAX-Konzerne wie die Allianz und Beiersdorf sowie IT-Startups wie Idealo und ­Babbel. „Wichtiger als die Größe des Unternehmens ist die Kultur“, kommentiert Gründerin Tepe den eigenen Kundenstamm. Unternehmen, die noch immer ­Alphatiere statt Teamarbeit stärkten, verstünden Konzepte wie Job­sharing nicht.

Den Wandel einfordern

Inga Höltmann ist Gründerin der Accelerate Academy. Jobsharer hätten einen Exotenstatus. (Foto: Privat)

Dass das Konzept des Jobsharings an Popularität gewonnen hat, sieht auch Inga Höltmann. Sie ist Gründerin der Accelerate ­Academy – einer Plattform für New Work, mit der sie Menschen und Organisationen in ihrer Transformation begleitet. „Mein Eindruck ist, dass wir mehr und mehr darüber reden, was gut ist, denn es ist der erste Schritt“, so Höltmann. Dennoch glaubt sie, dass das Konzept in der Unternehmenswelt noch weit entfernt von Normalität und Alltag ist. „Ich habe das Gefühl, dass diejenigen, die so arbeiten, immer noch eher Exotenstatus haben.“ Jobsharing funktioniere, wo sich Unternehmen von Personen lösten und stärker in Prozessen und Rollen dächten. „Solange wir aber noch an ein­dimensionalen Vorstellungen haften, tun wir uns auch schwer, die Umstände aufzubrechen.“ Damit sich auch konservative ­Unternehmen dem ­Modell öffnen könnten, brauche es engagierte Mitarbeiter, die bereit seien, entsprechende Angebote einzufordern und im ­Zweifelsfall sogar selbst aufzubauen. So hat es auch bei den ­Journalistinnen vom Bayerischen Rundfunk geklappt. ­„Jobsharing ist eine gemeinsame Anstrengung in den Unternehmen“, sagt ­Höltmann. Wer den Wandel wolle, müsse ihn einfordern.

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Das Bild vom Exotenstatus, das Höltmann zeichnet, deckt sich mit der Roland-Berger-Studie, die dem Konzept Jobsharing ­mangelnde Bekanntheit attestiert. Selbst bei SAP gibt es trotz der Förderung zurzeit nur 13 Tandempartner – inklusive der neuen Führungsspitze bestehend aus Jennifer Morgan und Christian Klein. Gemessen an der Gesamtzahl der Mitarbeiter, ist das ein geringer Anteil. Cawa Younosi weist jedoch daraufhin, dass es eben auch viel Beratung braucht, um Jobsharer zu einem Team zu verbinden. „Da sind viele Gespräche nötig.“ Selbst wenn die Nachfrage da sei, bleibe immer noch die Suche nach der idealen Person als Ergänzung. Zwar könnten Jobsharer unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen, das sei sogar gut, jedoch müssten sich Anspruch und Grundverständnis an die Arbeitsleistung zweifelsfrei decken, damit das Projekt ein Erfolg werden könne.

Dass Jobsharing das Potenzial hat, in wenigen Jahren mehr als nur ein Randphänomen zu sein, darin sind sich trotzdem alle Befragten einig. Lydia Leipert und Rebecca Zöller glauben, dass es nur mehr Vorbilder braucht: „Wir merken, wie unsere Familien, unser Arbeitgeber, und damit letztlich wir selbst davon profitieren“, sagt Leipert. „Wir wollen weiter mit gutem Beispiel vorangehen.“ Cawa Younosi glaubt, dass Jobsharing in Zukunft ein ganz ­normales Beschäftigungsangebot – vergleichbar mit Teilzeit – sein wird: „Jedes Unternehmen hat eine Personalabteilung, die beraten kann. Alles was es braucht, sind offene Rahmen­bedingungen.“

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Dein t3n-Team

Esther Himmen

Guten Tag Herr Weck,
herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Artikel zu JobSharing. Wir – damit meine ich meine Tandem-Partnerin Katharina Wiench und mich von pairforming.com – freuen uns immer wieder, wenn über JobSharing & TopSharing-Tandems berichtet wird. Denn, wie wir aus unserer Arbeit als Tandem-Coaches und aus unserer zur Zeit laufenden Interview-Studie unter Doppelspitzen wissen, gibt es bereits sehr viel mehr TopSharing Tandems als die meisten glauben. Und diese Rollenvorbilder müssen bekannt werden. Da geben wir Ihnen Recht! Zu zwei Aspekten wollen wir jedoch ein paar Denk-Impulse geben.

Sie schreiben: „Das Konzept bietet auch für Führungskräfte handfeste Vorteile – wenn man bereit ist, draufzuzahlen.“

Es stimmt. Dieses Modell bietet sehr viele Vorteile für Führungskräfte und Arbeitgeber. Die hier gewählte Formulierung klingt jedoch so, als ob TopSharing (JobSharing für Führungskräfte & ExpertInnen) für den Arbeitgeber unter’m Strich immer teurer ist als eine Einzelbesetzung. Dem ist nicht so. Es ist richtig, dass es zu höheren Gehaltskosten kommen kann (je nach Gehaltshöhe) und es stimmt, dass man z. B. doppelte Verwaltungskosten für die Gehaltsabrechnung sowie zweifache Ausstattungskosten (z. B. Laptop) und auch höhere Fortbildungskosten hat. Folgende Punkte sind jedoch zu berücksichtigen: Die Produktivität und damit der Output von Tandems ist höher. Die Qualität der Arbeit durch das Einbinden der unterschiedlichen Perspektiven steigt. UND die Ausfallkosten bei Krankheit und Urlaub werden durch eine Tandem-Besetzung enorm (!) reduziert. Denn, dass beide in der Woche gleichzeitig krank werden, ist unwahrscheinlich. Und da JobSharer ihren Haupturlaub meist nicht zur gleichen Zeit nehmen, ist die Position fast immer 100 prozentig besetzt. Zudem ist der/die TandempartnerIn bestens eingearbeitet und damit die perfekte wirkliche (!) Vertretung. D. h. Kunden müssen nicht bis nach dem Urlaub vertröstet werden, Entscheidungen werden nicht aufgeschoben, und die Prozesse können weiter stabil fortgeführt werden. V. a. wenn es sich eher um ein Jobpairing statt Jobsplitting handelt. Dazu kommt, dass Führungstandems sich gegenseitig entlasten, so dass dieses Modell auch Burnout vorbeugt, das Ausfallrisiko reduziert und damit verbundene Kosten verhindert.

Der zweite Aspekt, dem wir aufgrund unserer vielen Gespräche mit Tandems, widersprechen, ist folgender. Sie schreiben, dass eine 50:50 Aufteilung in der Praxis nicht möglich ist, da es eine Überlappung geben muss. Ja, eine Überlappung ist zur Abstimmung wichtig. Dabei plädieren wir für eine großzügige Überlappung. Jedoch nicht aus Übergabe-Gründen, sondern viel mehr, um das Potenzial der Synergie-Effekte voll auszuschöpfen. Die Übergabezeit ist am Anfang etwas mehr und nimmt ab, je besser das Tandem eingespielt ist. Es gibt viele Tandems, die für die Übergabe (also um sich gegenseitig auf den Laufenden zu bringen) nur 1-2 Stunden pro Woche benötigen. Und das geht, wie wir von Tandems wissen, auch bei einer 50:50 Lösung. Zum Beispiel indem die Position an zwei Tagen pro Woche in den Randstunden in der Summe 1-2 Stunden unbesetzt bleibt, was für die meisten Organisationen sehr gut zu verkraften sein dürfte.

Wichtig ist zudem, dass Pilotprojekte und -Tandems in Organisationen durch Beratung & Coaching begleitet werden und dass v. a. auch das Management für das Thema abgeholt und mitgenommen wird. So gelingt es, dieses Innovations-Treiber-Modell erfolgreich einzuführen.

Allen denen, die aufgrund dieses Artikels für sich eine neue Möglichkeit des Arbeitens erkennen, sagen wir daher: Nur Mut. Und viel Spaß beim Pairformen :-)

Mit besten Grüßen aus Köln,
Esther Himmen

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