DIY für’s Büro: Office-Projekte mit Raspberry Pi

Raspberry Pi. (Foto: Josh Emerson / Flickr, Lizenz: CC BY 2.0)
Als der Raspberry Pi vor knapp zweieinhalb Jahren auf den Markt kam, war die Nachfrage an dem Ein-Platinen-Computer so hoch, dass der Ansturm der Interessenten zeitweise die Webshops der Distributoren lahmlegte. Ein halbes Jahr später war der initiale Ansturm bewältigt und die kleinen, preiswerten Rechner waren flächendeckend verfügbar. Es folgte eine Welle an Bastelprojekten, die die Fähigkeiten des Scheckkarten-großen Computers demonstrierten. Der HD-fähige Videocodec prädestiniert den Pi für Mediacenter und Retro-Spielkonsolen-Emulation. Und so wundert es nicht, dass viele Projekte eine dieser beiden Anwendungen als Ziel haben. Es gibt aber auch nützliche Projekte für Unternehmen.
Eine Besonderheit des Pis sind nämlich die „general purpose input output”-Pins, kurz GPIO-Pins, an die Bastler beinahe jede nur denkbare Hardware anschließen können. Sämtliche, in der Mikrocontroller-Welt (und damit in der Arduino-Welt) üblichen Bus-Protokolle wie 1-Wire, I2C und SPI werden unterstützt, sodass eine Vielfalt von Sensoren und Aktoren genutzt werden kann. Es lassen sich aber auch einfach Schalter abfragen und LEDs oder Relais ansteuern.
Allgemeines zu den Raspberry-Pi-Projekten
Alle im Folgenden vorgestellten Projekte sollten umsetzbar sein, ohne in die direkte Nähe von Netzspannung zu müssen. Im Zweifel sollte aber immer jemand vom Fach zurate gezogen werden.
Beim Basteln kann man auf viele Schaltungsbeispiele aus der Arduino-Welt zurückgreifen. Allerdings muss man darauf achten, dass viele Arduino-Projekte mit fünf Volt arbeiten, der Raspberry Pi aber nur 3,3 Volt verträgt. Hier gilt, lieber einmal öfter messen, als einen neuen Pi bestellen zu müssen. Die Preis- und Materialangaben verstehen sich ohne Raspberry Pi und Zubehör wie SD-Karte und Netzteil.
Test-, Build- oder Netzwerk-Ampel
Benötigtes Material (außer Raspberry Pi) |
eine Ampel |
je 3 Relais, Dioden 1N4148 o.ä., Transistoren BC549 o.ä, Widerstände ~1kOhm |
ggf. 3 Funksteckdosen + Fernbedienung |
- Kosten: 20-100 €, je nach Ampel
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
Wer für den Betrieb von EDV-Netzen zuständig ist, überwacht deren Zustand mit Monitoring-Software wie Nagios oder Icinga. Sie benachrichtigt den Admin im Falle einer Störung per E-Mail oder SMS. Dieses Prinzip hat sich bewährt und bedarf keiner Änderung. Ein bisschen Bling kann aber nicht schaden. Man könnte sich etwa eine monströs große Verkehrsampel in das Büro stellen, die einem den Status von kritischen Diensten anzeigt. Ampeln gibt es bei Ebay, aber je nach Art und Zustand muss man noch Hand anlegen, bis sie für dieses Projekt verwendet werden können. Ziel ist es, alle drei Ampelfarben einzeln ansteuern zu können.

Die Anwendungsmöglichkeiten einer Büro-Ampel sind so vielfältig wie Ampel-Modelle. (Foto: Heiko S. / Flickr)
Die Verbindung zum Raspberry Pi erfolgt am besten per Relais. Arbeitet die Ampel mit Niederspannung, können die Lampen direkt mit ausreichend dimensionierten Relais geschaltet werden. Bei Modellen, die mit Netzspannung versorgt werden, bieten sich hingegen Funksteckdosen an. In diesem Fall werden die Relais einfach an die Schaltkontakte der Fernbedienung angeschlossen.
Die GPIO-Pins auf dem Raspberry Pi selbst werden im einfachsten Fall per Shell Script gesteuert:
Shell Script:
# Hier wird GPIO-Pin 4 als Ausgang konfiguriert. echo "4" > /sys/class/gpio/export echo "out" > /sys/class/gpio/gpio4/direction # echo “1” schaltet den Pin an, echo “0” wieder aus echo "1" > /sys/class/gpio/gpio4/value # So wird der Pin wieder freigegeben. echo "4" > /sys/class/gpio/unexport
Listing 1
Weitere Codebeispiele (auch für andere Sprachen) finden sich bei eLinux.
Was letztlich als Datenquelle dient, ist der Fantasie überlassen. Von Nagios- oder Icinga-Status über den Build-Status auf Continuous Integration Servern wie Jenkins bis zum Sensor an der Kaffemaschine ist alles, was man irgendwie auslesen kann, machbar.

Mit Hilfe eines Raspberry Pi lassen sich stromsparende Dashboards realisieren, um beispielsweise im Agenturumfeld stets wichtige Kennzahlen immer im Blick zu behalten. (Foto: Sophie Beaument)
Stromsparendes Dashboard
Benötigtes Material (außer Raspberry Pi) |
DVI/HDMI-Display, passendes Kabel |
PIR-Bewegungssensor (5-10 €) |
ggf. WLAN-Modul (5-20 €) |
- Kosten: Je nach Display
- Schwierigkeitsgrad: Einfach
Es gibt Daten, die man immer im Blick behalten möchte. Im Agenturumfeld sind das beispielsweise die Visits auf den Websites, die man betreut, oder ähnliche Business-Kennzahlen wie von Google Analytics oder die Zahl der Facebook-Fans oder Twitter-Follower. Ständig das Browsertab zu wechseln, ist zwar eine Möglichkeit, aber keine besonders bequeme. Ein eigenes kleines Display als Dashboard ist da viel praktischer.
Die traditionelle Methode für die Ansteuerung setzt auf einen ausgedienten PC. Das ist allerdings sehr unwirtschaftlich, denn die alten Kisten können leicht um die 100 Watt verbrauchen. Ein Raspberry Pi verbraucht dagegen nur etwa 3,5 Watt und lässt sich dazu noch problemlos hinter dem Display verstecken. Wenn man den Stromverbrauch noch weiter senken möchte, kann man das Display per Bewegungsmelder nur dann anschalten, wenn auch jemand davor steht. Dazu werden zwei GPIO-Pins am Raspberry Pi benötigt: An einen wird der Schaltausgang des Bewegungsmelders angeschlossen, an den zweiten ein Relais wie aus dem Ampel-Projekt (gegebenenfalls auch über eine Funksteckdose). Der Code zur Ansteuerung ist denkbar simpel:
Shell Script:
# GPIO 4: Schaltausgang für die Display-Stromversorgung echo "4" > /sys/class/gpio/export echo "out" > /sys/class/gpio/gpio4/direction # GPIO 7: PIR-Bewegungsmelder echo "7" > /sys/class/gpio/export echo "in" > /sys/class/gpio/gpio7/direction while true ; do # Den Eingang, an dem der PIR-Sensor hängt, lesen PIR=`cat /sys/class/gpio/gpio7/value` # Den Wert von $PIR auf den Ausgang schreiben echo "$PIR" > /sys/class/gpio/gpio4/value sleep 1 done
Listing 2
Das Beispiel illustriert den einfachsten Fall, in dem nur das Display an- und ausgeschaltet wird. Zusätzliche Funktionen, wie ein Browser-Reload, lassen sich aber leicht hinzufügen. Für die Darstellung der Inhalte eignet sich beispielsweise das Projekt namens Dashing.

Mit dem Pi und entsprechenden Sensoren lässt sich die Temperatur im Serverraum überwachen. (Foto: BDyksen / iStock)
Serverraum-Temperaturkontrolle
Benötigtes Material (außer Raspberry Pi) |
1 Widerstand 4,7kOhm |
1 oder mehrere DS18B20 Temperatursensoren |
- Kosten: < 10 € bei einem Sensor
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
Ein Projekt aus dem Bereich Server- und Netzwerkadministration befasst sich mit dem Monitoring der Umgebungstemperatur im Serverraum. Zwar haben eigentlich alle modernen Server diverse interne Temperatursensoren, die man überwachen kann; aber wenn die Klimaanlage ausfällt, möchte man davon eigentlich gerne erfahren, bevor die Temperaturen in den Rechnern kritisch werden. Das geht nur mit externen Sensoren, die an strategisch relevanten Stellen angebracht sind, beispielsweise an den Luftauslässen der Klimageräte.
Tatsächlich gibt es für diesen Anwendungsfall kommerzielle Lösungen zu kaufen, aber die DIY-Lösung kostet nur etwa ein Zehntel davon und ist beliebig um weitere Sensoren erweiterbar.
Der in diesem Projekt verwendete Temperatursensor DS18B20 spricht das so genannte 1-Wire-Protokoll. Das bedeutet, dass zur Kommunikation mit dem Host (also dem Raspberry Pi) nur ein Kabel benötigt wird und dass man beinahe beliebig viele Sensoren gleichzeitig an einem einzigen bis zu 300 Meter langen 1-Wire-Bus betreiben kann. Die Bezeichnung 1-Wire ist allerdings etwas irreführend: In der Praxis werden üblicherweise noch zwei zusätzliche Leitungen zur Stromversorgung benötigt. Auch kann man 1-Wire-Sensoren nicht einfach per GPIO-Pin auslesen – man muss eine spezielle Library verwenden. Das Tutorial zu dem Projekt beschreibt ausführlich, wie das gemacht wird. Mit den Sensordaten können Systemadministratoren dann ihr Monitoring-System befüttern und werden so vor kritischen Temperaturanstiegen gewarnt, bevor die Server schmelzen.
Raspberry Pi als Telepräsenzroboter
Benötigtes Material (außer Raspberry Pi) |
Ferngesteuertes Spielzeugauto (möglichst groß und billig) |
div. elektronische Bauteile (siehe Link unten) |
Android-Tablet/iPad |
- Kosten: < 60 € ohne Tablet
- Schwierigkeitsgrad: Schwierig
Dass die Welt durch das Internet zusammengerückt ist, ist eine oft gehörte Plattitüde, die nur teilweise stimmt. Ein Flug von Hamburg nach München kostet zum Beispiel immer noch echtes Geld. Oft lohnt es sich nicht, das Geld für einen Flug auszugeben, um einen Außendienstler für ein einziges Meeting ins Büro zu holen. Natürlich kann man stattdessen Videochat-Systeme wie Skype oder Google Hangouts verwenden, aber es wäre doch um Längen cooler, wenn der Chat-Partner nicht ganz so statisch wäre und sich selbst seinem jeweiligen Gesprächspartner zuwenden könnte.
Auch hierfür gibt es kommerzielle Lösungen, allerdings kann man für die Preise, die für derartige Hardware verlangt werden, schon einige Male zwischen Hamburg und München hin und her fliegen. Ein Selbstbau-Projekt bedient sich eines einfachen ferngesteuerten Autos als Roboterplattform und eines Android- oder iOS-Tablets als „Gesicht”. Das Tablet wird im einfachsten Fall mit Gaffatape an einen Besenstiel geklebt, natürlich kann man auch eine richtige Halterung verwenden; der Raspberry Pi wird mit der Fernsteuerung des Autos verbunden. Das funktioniert nach dem gleichen Prinzip, wie bei der Ampel oder den Info-Displays.
Hier lauert allerdings ein Fallstrick: Die Fernsteuerung aus dem Beispiel ist sehr einfach aufgebaut und arbeitet mit Schaltern statt Potentiometern. Das vereinfacht die Ansteuerung, hat aber den Nachteil, dass keine stufenlose Regelung von Geschwindigkeit und Lenkung möglich ist. Diese Art von Fernsteuerung ist für das Projekt optimal, aber immer seltener am Markt zu finden; daher lohnt es sich, wie der Autor des Beispielprojektes nach Restposten oder Sonderangeboten Ausschau zu halten. Versandhändler wie Pearl oder Pollin, aber auch der lokale Ein-Euro-Laden könnten geeignete Anlaufstellen sein.

Die Grundkomponente aller Projekte: der Raspberry Pi – nicht größer als eine Scheckkarte, kostenkünstig, energiesparend. (Foto: Mark Ramsay / Flickr)
Findet man nur ein modernes Modell mit stufenloser Fernsteuerung, muss die Schaltung aus dem Beispiel noch um einige Widerstände erweitert werden, damit das Auto nicht die ganze Zeit mit Vollgas durchs Büro rast. Die Werte müssen experimentell ermittelt werden; die Widerstände werden dann parallel zu den vorhandenen Potentiometern in der Fernsteuerung angeschlossen. Auf dem Raspberry Pi läuft dann ein kleiner node.js-Server, über den das Auto per socket.io im Browser gesteuert wird.
Fazit
Die vorgestellten Projekte zeigen, dass der Raspberry Pi sich nicht nur für private Basteleien eignet, sondern auch sinnvoll im Büro eingesetzt werden kann. Insbesondere für Aufgaben, die bisher von energiehungrigen Altrechnern oder teuren proprietären Lösungen übernommen wurden, ist der Mini-Computer wie gemacht. Wenn dazu noch Sensoren, Schalter, Potis oder Relais ins Spiel kommen, kann der Raspberry Pi alle seine Stärken ausspielen.