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Ratgeber

User-Experience: Wie UX-Maturity zum Unternehmenserfolg beiträgt

UX-Maturity-Modelle helfen, zu erkennen, wo eine Organisation in Hinblick auf die User-Experience-Reife steht. Wie können Unternehmen das nutzen, um positive UX zu schaffen und in Business-Vorteile zu verwandeln?

Von Björn Rohles
7 Min.
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(Abbildung: Shutterstock / asife)

Digitale Produkte sollen uns das Leben einfacher machen. Für Unternehmen bedeutet das: Die Eindrücke und Erfahrungen, die Menschen beim Umgang mit diesen Tools machen, werden auf einmal genauso wichtig wie die täglichen Kontakte mit dem Außen­dienst. Diese Umstellung sollte man systematisch angehen. Wie aber geht das, wenn man mit solchen Denkweisen noch nie etwas zu tun hatte?

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Mit zunehmender Digitalisierung geraten Usability und ­User-­Experience (UX) immer stärker in den Fokus von Unternehmen, die damit vorher kaum in Berührung gekommen sind. ­Usability beschreibt dabei die Gebrauchstauglichkeit eines ­Produkts, also beispielsweise, ob Nutzer ihre Ziele effektiv und effizient erreichen können. UX ist ein breites Konzept, das neben Usability auch andere Aspekte des Nutzungserlebnisses umfasst, etwa das subjektive emotionale Empfinden [Abbildung 1]. UX verfolgt das Ziel, die Interaktionen und Erfahrungen von ­Menschen mit Produkten und Services so positiv und erfolgreich wie möglich zu gestalten. Um das zu erreichen, hat sich die mensch­zentrierte Gestaltung – das Human-centered-Design – durchgesetzt. Hier stehen Nutzerinnen und Nutzer im ­Zentrum der Gestaltung und werden immer wieder in den Prozess eingebunden. Unternehmen können damit positive Nutzungserlebnisse schaffen und in Unternehmensvorteile ­umwandeln.

Abbildung 1: Das Honigwabenmodell erläutert, wie die Wahrnehmung eines Produkts sein sollte, um eine positive UX zu erzeugen. (Abbildung: Björn Rohles, nach Peter Morville und Katerina Karagianni)

Menschzentrierte Gestaltung geschieht jedoch nicht über Nacht – ganz im Gegenteil. Bis es so weit ist, dass Menschen wirklich im Zentrum stehen, müssen Unternehmen eine ­ganze Reihe von Schritten gehen. UX-Experten sprechen hierbei vom UX-­Reifegrad, der UX-Maturity, und stellen mithilfe von ­Modellen dar, wo sich ein Unternehmen gerade befindet. Von solchen Modellen gibt es eine ganze Menge – der UX-Designer Gena Drahun hat im Juli 2017 rund 40 zusammengestellt. Abbildung 2 zeigt eine Zusammenfassung von zentralen Aspekten, die in vielen UX-Maturity-Modellen vorkommen. Typischerweise unterteilt man den UX-Reifegrad in einige Stufen, die sich von geringer (oder keiner) zu hoher Bedeutung von UX für ein Unternehmen bewegen. Sechs besonders häufig verwendete Stufen sind in der Abbildung zu sehen. Sie unterscheiden sich in einigen Aspekten voneinander:

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  • Einstellung: Wie steht eine Organisation zu UX?
  • Umsetzung: Wird menschzentrierte Gestaltung genutzt, und wenn ja, auf welche Weise?
  • Zuständigkeiten: Wer innerhalb der Organisation ist für UX zuständig und gibt es ein Budget dafür?
  • Anwendungsfälle: Für welche Zwecke wird menschzentrierte Gestaltung eingesetzt?

Die Stufen der UX-maturity

Geringe UX-Maturity

Für Unternehmen auf den Stufen eins und zwei spielt UX keine nennenswerte Rolle in ihren Prozessen. Um den Wert von UX zu untermauern, ist sehr viel Überzeugungsarbeit notwendig.

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UX bleibt unerkannt: Die unterste Stufe ist geprägt von Unwissenheit, Ablehnung oder Feindseligkeit gegenüber ­Usability und User-Experience. Unternehmen auf dieser ­Stufe tendieren beispielsweise dazu, Wünsche von Nutzern als ­störende zusätzliche Arbeit zu empfinden und Optimierung von Nutzerfreundlichkeit und Nutzungserlebnis als un­nötig abzutun.

Auch interessant: „User-Experience: UX-Testing im Guerilla-Style“

UX wird erkannt: In Unternehmen auf der zweiten Stufe ist UX zwar prinzipiell bekannt, wird aber nicht systematisch umgesetzt. Menschzentrierte Gestaltung hängt in solchen Unternehmen beispielsweise an einzelnen Mitarbeitern, die sich auf ihre Intuition oder Best Practices verlassen. Das führt dazu, dass die Optimierung des Nutzungserlebnisses allenfalls sporadisch geschieht.

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Mittlere UX-Maturity

In Unternehmen auf den mittleren Stufen drei und vier sind ­Verständnis und Wertschätzung für UX prinzipiell vorhanden. Alle Organisationen auf diesen Stufen haben daher gute Voraussetzungen für hohe UX, können aber noch weiter wachsen, wenn sie die menschzentrierte Gestaltung auch auf strategischer ­Ebene einsetzen.

UX wird beachtet: Auf der dritten Stufe wird UX als ­wichtiger Bestandteil von Qualität betrachtet. Manchmal gibt es ein Budget für UX-Optimierung, aber eher in kleinem Umfang oder stark projektbezogen. UX ist oft in verschiedene ­Abteilungen verstreut oder von einzelnen Personen abhängig. UX folgt relativ spät im Projektprozess, etwa in ­Usability-Tests unmittelbar vor Veröffentlichung.

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UX ist implementiert: Auf der nächsten Stufe ist UX fest im Unternehmen etabliert. Das bedeutet, dass es nicht mehr von einzelnen Personen abhängt, wie nutzerfreundlich ein Produkt wird. Stattdessen gibt es Prozesse und Zuständigkeiten für UX, etwa in Form von UX-Managern oder Digital­abteilungen, die nach Bedarf zu Projekten hinzugezogen werden können.

Höhere UX-Maturity

Die oberen Stufen stehen für Organisationen, die UX und menschzentrierte Gestaltung ganzheitlich eingebettet haben. Solche Organisationen schaffen es, auf allen Ebenen von UX zu profitieren.

UX ist integriert: Auf der fünften Stufe ist User-­Experience endgültig in alle Projektphasen integriert und treibt die ­Entwicklung neuer Produkte. Die Wünsche und Bedürf­nisse von Menschen werden bereits in der frühen Ideenfindung analysiert. Der Design- und Entwicklungsprozess von Produkten ist iterativ und bindet immer wieder Feedback von Nutzern ein.

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UX ist institutionalisiert: Auf der höchsten Stufe beeinflusst die UX entscheidend die Geschäftsstrategie. ­Unternehmerische Ziele basieren auf Nutzerforschung. UX bezieht sich also nicht mehr nur auf den digitalen Bereich, sondern findet in allen Geschäftsbereichen Anwendung. Selbst Mitarbeiter in ­anderen Bereichen besitzen ein fundiertes Grundwissen, das es ihnen ermöglicht, hochwertige Produkte zu gestalten. Auch die Prozesse selbst werden kontinuierlich verbessert.

UX-Maturity-Modelle anwenden

Ein Vorteil von UX-Maturity-Modellen ist, dass sie UX-Verantwortlichen und Entscheidern helfen, zu analysieren, wo ein Unternehmen auf seiner Reise hin zur menschzentrierten Gestaltung steht. Aus dieser Erkenntnis lassen sich dann konkrete nächste Schritte ableiten – immer mit dem Ziel, die Qualität der eigenen Prozesse zu erhöhen und zu besseren Resultaten zu gelangen. Wichtig ist dabei eine ehrliche und realistische Bestandsaufnahme. UX-Experten empfehlen außerdem, immer nur den nächsten Schritt anzupeilen und nicht zu versuchen, einen Schritt zu überspringen. Denn dann würde sich UX nicht im Unternehmen festsetzen und könnte auf hohe Widerstände stoßen. Eine Politik der kleinen, überlegten Schritte ist also angebracht.

Beliebte UX-Maturity-Modelle

Von den vielen verschiedenen Modellen haben sich einige besonders hervorgetan. Dazu zählt das UX-Maturity-Modell des Usability-Experten Jakob Nielsen. Es arbeitet mit acht Stufen und enthält Ratschläge, wie sich Unternehmen von einer Stufe zur nächsten weiterentwickeln können.
Weitere Klassiker sind das fünfstufige Modell von Jared Spool sowie das Modell von Rolf Molich, das sich an die ISO-Definition 33020 zur Evaluierung von Prozessen anlehnt.

Wer es etwas pragmatischer mag, sollte einen Blick auf das vierstufige Modell von Natalie Hanson werfen. Es eignet sich gut dafür, Unternehmen überhaupt erst einmal von menschzentrierter Gestaltung zu überzeugen.

Einen wissenschaftlichen Einstieg ins Thema bietet eine systematische Literaturstudie von Thaísa C. Lacerda und Christiane Gresse von Wangenheim. Schließlich ist Jeff Sauros Umfrage ­unter UX-Experten einen Blick wert, die anhand einiger Zahlen zeigt, welchen UX-Reifegrad ­verschiedene Unternehmen aufweisen.

Wie genau diese Schritte aussehen, hängt natürlich vom Einzelfall ab. Drei Fallbeispiele verdeutlichen die unterschiedlichen Möglichkeiten.

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Fallbeispiel eins (von Stufe eins auf Stufe zwei): Wer beispielsweise in einer Onlineagentur arbeitet und vor der Auf­gabe steht, einen Kunden davon zu überzeugen, sich mit UX zu beschäftigen, erlebt immer wieder, dass Überlegungen zur UX ­bisher noch ­keine allzu ­große Rolle in den Unternehmensprozessen des Kunden gespielt haben. ­Designer sollten daher zunächst die konkreten Vorteile betonen, die mit UX einhergehen. Eine positive UX erhöht die Kundenloyalität und kann helfen, sich von einem Wettbewerber abzusetzen. Je früher in einem Design- und Entwicklungsprozess mit Feedback von Nutzern gearbeitet wird, umso geringer ist das Risiko, teure Umwege bei der Entwicklung zu gehen, die sich ­später als unnötig erweisen. Usability und UX liefern daher nicht nur eine Liste von notwendigen Features, ­sondern sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Erfolg eines Produkts. Daran dürfte eigentlich jedes Unternehmen interessiert sein.

Fallbeispiel zwei (von Stufe zwei auf Stufe drei): Manche Unternehmen setzen UX bei der Entwicklung von digitalen Tools, etwa für Beratungsleistungen, als Qualitätsmerkmal voraus, aber erforschen sie nicht. Entwickler könnten versuchen, ihre Vorgesetzten zu überzeugen, das Thema systematisch anzugehen, um eine realistische Einschätzung zu erhalten, wie ­Menschen die eigenen digitalen Produkte erleben.

Dafür sind viele offen: Fast jeder ist schon einmal über einen Fehler gestolpert oder hat die eine oder andere wichtige ­Funktion vermisst. Das bedeutet, dass ein gewisses Bewusstsein für UX durchaus vorhanden ist. Als nächsten Schritt empfiehlt es sich, im Unternehmen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufzubauen, die User-Experience der eigenen digitalen ­Produkte zu verbessern und damit entscheidend zu seinem Erfolg beitragen zu können. Selbst ohne ein Budget könnten Entwickler ­darauf hinwirken, ein kleineres Projekt als eine Art Leuchtturm­projekt zu definieren, das im Rahmen eines menschzentrierten Ge­staltungsprozesses erschaffen werden könnte.

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Kostenneutrale Guerilla-UX-Verfahren können wichtige Erkenntnisse liefern und damit wertvolle Überzeugungsarbeit leisten. So könnten ­Developer beispielsweise einige besonders aufgeschlossene ­Kunden in den Entwicklungsprozess mit einbeziehen und Ideen von ihnen bewerten lassen. Wichtig ist, die Erfahrungen nachvollziehbar zu dokumentieren und konkrete Resultate abzuleiten. Auf diese Weise können Designer das Leuchtturmprojekt nutzen, um ein dauerhaftes Bewusstsein für UX zu erschaffen und dem Unternehmen helfen, eine höhere Stufe im UX-Reifegrad zu erreichen.

Fallbeispiel drei (von Stufe drei auf Stufe vier): Einige sind da schon einen Schritt weiter. Diese Unternehmen geben Apps und andere digitale Produkte in Auftrag, in denen auch auf die Einhaltung von ­Usability- und UX-Standards geachtet werden soll. Eine eigene Abteilung jedoch gibt es für so etwas nicht. Dabei können dedizierte Prozesse helfen, eine höhere Stufe auf dem UX-Reifegrad zu erreichen.

UX-Design: Glücklichere User durch positives Webdesign

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Hier empfiehlt es sich, innerhalb des Unternehmens nach Verbündeten zu suchen, die die Leidenschaft für UX teilen. Auf diese Weise könnten Entwickler eine Art Grundrauschen ­schaffen, indem in immer mehr Abteilungen und in immer mehr Meetings auf die Bedeutung von Usability und UX eingegangen wird. In eigenen Projekten achten sie zudem verstärkt darauf, dass ­Metriken etabliert werden, um UX messen zu können, etwa mithilfe standardisierter Fragebögen. Außerdem könnten Entwickler zunehmend verhandeln, einen kleinen Teil ihres ­Budgets zur Optimierung von UX einsetzen zu können. Mithilfe der kontinuierlichen Erfolgsmessung schaffen sie es, eine Akzeptanz für diese Maßnahmen zu schaffen. Nach und nach folgen andere Abteilungen diesem Beispiel, und UX findet den Weg in das ­Anforderungsprofil von ersten Stellenanzeigen. Schritt für Schritt bereiten Entwickler das Unternehmen damit darauf vor, die Arbeit an und mit UX zu systematisieren, etwa durch die Schaffung einer eigenen ­Abteilung oder durch geeignete Prozesse.

Fazit

UX-Maturity-Modelle können Unternehmen helfen, Schritt für Schritt geeignete Prozesse einzuführen, um eine gute User-­Experience ­sicherzustellen. Sie helfen bei der ehrlichen Bestandsaufnahme und ermöglichen es, sinnvolle nächste ­Schritten zu planen. So wird UX immer mehr zum festen Teil der Unter­nehmens­kultur und legt damit einen wichtigen Grundstein für den Erfolg der eigenen digitalen Produkte und Services.

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