2020 wurde mehr in Startups investiert – trotz Corona
Im Jahr 2020 erhielten mehr deutsche Startups frisches Kapital als noch im Vorjahr – und das trotz der Coronakrise. Die Anzahl der getätigten Finanzierungsrunden stieg um rund sechs Prozent auf insgesamt 743 Investments an. Das zumindest ergab das neue Startup-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Die Zahl der Investments erreicht damit in Deutschland einen neuen Rekordwert.
Es gab weniger Großdeals
Doch trotz der gestiegenen Zahl der Finanzierungsrunden wurde im Jahr 2020 insgesamt weniger Geld in deutsche Startups investiert. Der Gesamtwert der Investitionen schrumpfte im vergangenen Jahr um fünfzehn Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Der Grund: Es gab deutlich weniger Großdeals mit einem Investitionsvolumen von über 100 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. „Es gibt zwar einen Corona-Effekt bei den Risikokapitalinvestitionen“, beobachtet Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland, „dieser beschränkt sich aber in erster Linie auf den Rückgang bei sehr großen Deals.“ Es wurden also insgesamt deutlich mehr kleine Transaktionen abgeschlossen.
Die Gewinner-Regionen, in die die meisten Investitionen geflossen sind, waren 2020 Berlin und Bayern. Die Zahl der Finanzierungsrunden in der Hauptstadt stieg um 20 Prozent auf insgesamt 314. In Bayern lag die Zahl der Deals mit 176 um 36 Prozent höher als noch im Vorjahr. Die anderen größeren Startup-Standorte haben dagegen deutlich weniger Investments abgegriffen im Vergleich zu 2019. In Nordrhein-Westfalen sank die Zahl der Transaktionen um 29 Prozent, in Hamburg um 15 Prozent und in Baden-Württemberg um 17 Prozent.
Die Branchen Health und E-Commerce sind die Gewinner
Auch bei den Branchen, in die das meiste Geld geflossen ist, zeigen sich Abweichungen zum Vorjahr. Thomas Prüver ist Partner bei EY. Er sagt zum neuen Startup-Barometer: „Vor allem sehen wir Veränderungen bei den Branchen, in die das Geld fließt. Eindeutige Gewinner des letzten Jahres waren die Bereiche Health und E-Commerce, in die jeweils deutlich höhere Summen investiert wurden. Auf der anderen Seite schrumpfte das Investitionsvolumen bei Mobilitäts-Startups und Fintechs kräftig.“ Die Corona-Pandemie hat damit also einen deutlichen Einfluss darauf gehabt, welche Branchen in der Krise bei Investoren als besonders unterstützenswert galten.
Insgesamt sieht es aktuell wohl aber ganz danach aus, dass die deutsche Startup-Industrie die Krise bisher recht gut überstanden hat. Das von vielen befürchtete „Startup-Sterben“ ist bisher noch ausgeblieben. Für eine Entwarnung sei es allerdings noch zu früh, betonte Prüver. „Aufgrund der ausgesetzten Insolvenzanmeldungspflicht ist nicht klar, wie es tatsächlich um die vielen kleinen Unternehmen steht, die nicht im Investorenfokus stehen und womöglich vollständig mit Eigenmitteln finanziert sind.“