3 Enttäuschungen in der Games-Industrie, über die wir noch lange reden werden
Enttäuschungen gehören zum Leben, sagt man. Zu Videospielen gehören sie definitiv. Sei es das hoffnungsvoll erwartete Game, das zum Release doch nicht die vielen Erwartungen erfüllt, oder die vielversprechende Technologie, die dann doch vor allem für fragwürdige Dinge eingesetzt wird.
2023 gab es einige solcher Enttäuschungen in der Games-Industrie. In diesem Artikel wollen wir uns drei davon anschauen, die uns wohl noch eine längere Weile begleiten werden. Sie stehen für längerfristige Entwicklungen in einer Industrie, die neben Innovationen und Spielspaß eben auch tief geprägt ist von Kommerz und Gewinnstreben.
Der kostensparende Einsatz von KI
Mit dem Aufkommen von Sprach-KI wie etwa ChatGPT und Bild-KI wie Dall-E haben sich auch in der Games-Industrie neue Perspektiven eröffnet. Sowohl die Produktion von Videospielen als auch deren Inhalt und die Interaktion mit ihnen wird sich verändern – und hat es teilweise auch schon.
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Doch neben klugen und zukunftsweisenden Überlegungen dazu, wie die KI eingesetzt werden kann, gab es 2023 bereits einige Fälle, in denen der Einsatz eher von Profitgier und Kurzsichtigkeit zeugte. Von Entschuldigungsschreiben, die offensichtlich von einer KI erstellt wurden, bis hin zu grotesken Werbebildern, die ausgerechnet die Indie-Szene hervorheben sollten.
Auch einer der ersten Einsätze einer Bild-KI in einem Videospiel war eher fragwürdig: Die Entwickler von High on Life erstellten Artworks per KI, die dann an den virtuellen Wänden im Spiel hingen. Weniger ein Schritt, um die Spielwelt immersiver wirken zu lassen, als mehr eine Möglichkeit, Kosten zu sparen.
Im Ego-Shooter The Finals wurde derweil sogar der Einsatz von echten Menschen als Synchronsprecher wegrationalisiert. Künstliche Intelligenz sei in puncto Qualität „gut genug“. Das sahen viele der Spielerinnen und Spieler jedoch anders und beklagten einen monotonen und – naheliegend – künstlichen Sprachstil.
All das sind Beispiele dafür, wie KI nicht zur Erweiterung von Videospielen genutzt wird, sondern um Kosten zu sparen und Stellen zu kürzen. Freilich alles im Glauben, dass die Konsumenten das nicht stört. Ob dem tatsächlich so ist, dürfte wohl schon dieses Jahr zeigen.
Entlassungen und eine kurzsichtige Planung
Ungefähr 9.000 Menschen haben allein 2023 in der Videospiel-Industrie ihren Job verloren. Vielfach aufgrund von Studioschließungen infolge der Konsolidierung des Videospiel-Marktes und gestrichenen Stellen, die während der Pandemie erst neu geschaffen wurden.
Große Publisher wie die Embracer Group haben in den vergangenen Jahren etliche kleine und mittelgroße Studios aufgekauft – um viele davon direkt zu schließen. Ein ausgebliebener Investment-Deal und vor allem kurzsichtige Planung haben Hunderte Menschen den Job gekostet.
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Ähnlich sieht der Backlash bei Live-Service-Games aus. Ein erfolgreiches Spiel dieser Art zu entwickeln braucht Jahre und gigantische Ressourcen – und nur wenige Games as a Service sind wirklich erfolgreich. Die Erfolgreichen sind dafür aber ein Umsatz-Garant für das Studio. Darum haben sich in den vergangenen Jahren viele Unternehmen auf dieses vermeintliche Erfolgsmodell gestürzt. Viele dieser Spiele erreichten aber nicht das nötige Publikum, um profitabel zu sein.
Es zeigt sich, dass in der Videospiel-Industrie oft zu kurzsichtig geplant wird. Durch die lange Produktionszeit der Spiele und die immer größeren Kosten werden immer weniger Risiken eingegangen und es wird lieber auf Spielmodelle gesetzt, die als besonders lukrativ angesehen werden. Eine Sättigung des Marktes wird dabei oft zu spät erkannt.
Die Leidtragenden dieser schwerwiegenden Publisher-Entscheidungen sind derweil die Angestellten. Bis das nächste große Projekt ansteht und das Studio dann unterbesetzt zur Anhäufung von Überstunden gezwungen ist. Statt dem massenhaften Aufkaufen von Studios würde es dieser Industrie gut tun, ein gesundes Wachstum und nachhaltige Geschäftsmodelle anzustreben, die nicht auf den schnellst- und größtmöglichen Gewinn ausgelegt sind.
Hype-Spiele, die nicht liefern
Die Userbewertungen für Starfield auf Steam sind derzeit „größtenteils negativ“. Nicht wegen eines gezielten Review-Bombings. Dahinter steckt keine Kampagne, sondern vor allem die große Enttäuschung vieler Gamer, die einfach mehr erwartet hatten. Und das aus gutem Grund.
Starfield ist sicherlich kein schlechtes Spiel. Für sich betrachtet ist es sogar ein ziemlich gutes, in dem man viele Stunden verbringen kann. Was Starfield aber zu einem enttäuschenden Spiel gemacht hat, sind die vielen Versprechungen im Zuge einer gigantischen Marketing-Offensive, die der Veröffentlichung vorausging.
Starfield und der Hype-Cycle: Nichts von Cyberpunk 2077 gelernt?
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Spiel von seinem eigenen Hype heimgesucht wurde. In dem Bestreben der Games-Industrie, Spiele immer gigantischer zu machen, voll mit Features zu packen, die möglichst jeden und jede ansprechen sollen, werden Ansprüche an viele AAA-Spiele immer unerfüllbarer.
Immer von neuem beginnt ein Hype-Cycle, in dem Fans und PR-Abteilung eines Publishers sich gegenseitig überbieten – und am Ende weder Gamer noch Entwickler oder das Unternehmen gut bei wegkommen. Vorbesteller-Boni scheinen dabei mehr wert zu sein als die tatsächliche Substanz des Spiels. Und sei es nun Starfield oder ein anderes AAA-Spiel. Den Hass, der auf den Hype folgt, werden wir wohl auch 2024 wieder erleben.