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Quantencomputer: Wir räumen mit den 5 häufigsten Missverständnissen auf

Es gibt wenige Themen, die mit ähnlich großen Erwartungen verbunden sind wie Quantencomputer. Das sorgt für viele Missverständnisse. Unser Gastautor erklärt die häufigsten.

Von Stefan Seegerer
4 Min.
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Auf der Entwicklung von Quantencomputern ruhen große Hoffnungen. (Bild: Bartlomiej K. Wroblewski shutterstock)

Quantencomputer haben das Potenzial, Dutzende Bereiche unseres Lebens revolutionär zu verändern. Zum Beispiel, indem wir mit ihnen völlig neue Materialien erfinden und so unsere Batterien um ein Vielfaches effizienter machen.

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Oder sie sollen eines Tages medizinische Simulationen so einfach machen, dass die Entwicklung von Arzneien oder Impfungen nur noch einen Bruchteil der bisherigen Zeit in Anspruch nehmen könnte.

Doch im Alltag hören wir meist nur abstrakte Meldungen dazu, wie viele Quantenbits (Qubits) ein bestimmter Hersteller bauen kann, oder man vermittelt uns eine Vorstellung von Quantencomputern, die eher an Science-Fiction erinnert. Das führt dazu, dass viele Missverständnisse zu dem Thema kursieren. Und mindestens so lange nur wenige von uns mit Quantencomputern arbeiten, wird es diese Missverständnisse weiter geben.

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Missverständnis 1: Qubits haben gleichzeitig viele verschiedene Zustände

Beginnen wir mit dem wahrscheinlich hartnäckigsten Missverständnis: Ein Qubit kann ähnlich wie ein herkömmliches Bit die Zustände 0 und 1 einnehmen, das aber gleichzeitig.

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Tatsächlich ist es so, dass sich ein Qubit in einem sogenannten Superpositionszustand der Zustände 0 und 1 befinden kann. Das bedeutet, dass es zwar nur einen einzigen Zustand repräsentiert, dieser aber eine Kombination oder Überlagerung von 0 und 1 ist.

Mathematisch drücken wir diesen Zustand als Linearkombination von 0 und 1 aus. Sehr vereinfacht gesagt können wir uns das so vorstellen: Wenn ein Bit die Farben Blau oder Gelb annehmen könnte, dann könnte ein Qubit auch alle Farbkombinationen zwischen Blau und Gelb annehmen.

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Es gibt jedoch eine Besonderheit: Sobald wir auslesen wollen, welchen Zustand das Qubit hat, erhalten wir als Ergebnis immer nur entweder 0 oder 1 – beziehungsweise in unserem Farbenbeispiel blau oder gelb.

Trotzdem können wir mit der Information mehr anfangen als mit dem Bit eines herkömmlichen Computers. Je nachdem, wie nah der Wert des Qubits an 0 beziehungsweise 1 liegt (also welche Koeffizienten die Linearkombination aus 0 und 1 beschreiben), desto wahrscheinlicher zeigt es auch diese Zahl an.

Für Quantenalgorithmen heißt das oft, dass sie viele Male wiederholt werden müssen, bis sich ein Muster ergibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie nach einer bestimmten Berechnung eines der möglichen Ergebnisse liefern.

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Missverständnis 2: Quantencomputer funktionieren wie klassische Computer, aber sehr viel schneller

Oft wird ein Quantencomputer als sehr schneller, hochgradig parallelisiert arbeitender Computer dargestellt. Quantencomputer sind zwar potenziell in der Lage, bestimmte Aufgaben viel schneller auszuführen als normale Computer, nicht aber, weil sie die Ausführung herkömmlicher Algorithmen beschleunigen, sondern weil sie neue algorithmische Lösungen ermöglichen. Sie sind daher auch nicht zwangsläufig in allen Bereichen schneller.

Ursprung dieses Missverständnisses ist der Begriff Quantenparallelität, den es in der Quantenwelt durchaus gibt. Er bezieht sich auf die Fähigkeit von Quantenalgorithmen, bei bestimmten mathematischen Funktionen mehrere Eingaben in einer Superposition (siehe Missverständnis 1) zusammenzufassen.

Quantencomputer nutzen diese Eigenschaft, um viele mögliche Lösungen gleichzeitig zu untersuchen. Anstatt jeden möglichen Lösungsweg nacheinander zu prüfen, kombinieren Quantencomputer verschiedene Lösungen und erzeugen eine Art Kombination der möglichen Ergebnisse.

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Gemessen werden kann am Ende zwar nur eines dieser Ergebnisse, die richtigen Algorithmen zusammen mit den Eigenschaften der Qubits sorgen aber dafür, dass die gewünschten Ergebnisse mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auftreten.

Indem sie diese Eigenschaft der Quantenmechanik ausnutzen, eröffnen Quantencomputer also neue Möglichkeiten für effizientere Berechnungen bei spezifischen Problemstellungen.

Missverständnis 3: Quantencomputer werden klassische Computer bald ersetzen

Es ist unwahrscheinlich, dass Quantencomputer die klassischen Computer in naher Zukunft vollständig ersetzen werden. Quantencomputer versprechen, sich besser für bestimmte Aufgaben zu eignen, zum Beispiel für die Simulation komplexer Systeme oder um Verteilungsprobleme zu optimieren.

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Auch wenn es eines Tages kommerziell verfügbare Quantencomputer gibt, werden klassische Computer in absehbarer Zukunft für viele Anwendungen wie Textverarbeitung oder Internetbrowsing das Mittel der Wahl bleiben.

Wir gehen deshalb davon aus, dass die absehbare Zukunft in der Koexistenz von klassischen Computern und Quantencomputern liegt. Das Handy in unserer Hand – mit klassischer Hardware – könnte irgendwann wie selbstverständlich auf Cloud-Quantenrechner-Kapazitäten zugreifen.

Missverständnis 4: Quantencomputer sind immer noch nur eine Theorie

Quantencomputer wurden bereits gebaut und werden derzeit zu Forschungszwecken eingesetzt. Bevor sie auf die drängendsten Probleme unserer Zeit angewandt werden können, muss die Wissenschaft aber noch einige Hürden überwinden. Eine der größten ist, sicherzustellen, dass die Qubits möglichst wenige falsche Werte ausgeben: Weil die Information eines Qubits etwa nur in einzelnen Photonen oder Ionen gespeichert wird, können schon minimale Umwelteinflüsse sie verändern und so das Ergebnis verfälschen.

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Sobald es aber gelingt, Prozessoren mit einigen Hundert oder einigen Tausend Qubits mit geringen Fehlerraten zu bauen, könnten diese Systeme – zusammen mit herkömmlichen Supercomputern – bestimmte Aufgaben deutlich schneller lösen, als wir das bisher können.

Die Forschung hat bereits eine konkrete Vorstellung davon, welche Wege uns zu einem solchen Quantenrechner führen könnten. Die Frage ist nur, welcher der schnellste sein wird.

Missverständnis 5: Quantencomputer sind das Ende der Kryptografie

Ein beliebtes Missverständnis ist, dass Quantencomputer mit ihrer Rechenpower potenziell alle Verschlüsselungsverfahren knacken könnten. Ein beliebtes Beispiel dafür ist die RSA-Verschlüsselung, die die Grundlage der meisten Online-Sicherheitsverfahren ist. Mit diesem Verfahren kann der Rechenaufwand fast beliebig erhöht werden, der für eine ungewollte Entschlüsselung notwendig ist – für einen herkömmlichen Supercomputer. Quantencomputer allerdings, so die Prognosen, könnten eines Tages die zur Entschlüsselung nötigen Informationen schon in wenigen Stunden berechnen.

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Richtig ist, dass zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, dass Verschlüsselungsverfahren wie RSA eines Tages mit Quantenrechnern leichter zu umgehen sind. Allerdings arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits heute an quantensicheren Verschlüsselungsverfahren.

Es gibt sogar Theorien für Quantenverschlüsselungs­algorithmen, die die Eigenschaften von Qubits nutzen und so sicher sind, dass sie rein physikalisch nicht überwunden werden können, ohne dass der Angreifer sich verrät. Wichtiger ist daher die Frage, wie Daten aktuell zu schützen sind, die für einen wirklich langen Zeitraum sicher aufbewahrt werden müssen.

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