So viel Digitalisierungspotenzial steckt in der Healthcare-Branche
In der Digitalisierung ruht für das Gros der Unternehmen aus der Gesundheitsbranche ein großes Potenzial, das bislang kaum ausgeschöpft wurde. Zugleich sehen sich die Unternehmen mit massiven Änderungen und Neuerungen konfrontiert. Diese werden längst nicht mehr nur von kleinen und innovativen Startups vorangetrieben. Vielmehr haben Technologie-Giganten wie Amazon, Google und Apple das Potenzial und die Chancen der Healthcare-Branche für sich entdeckt – und das ist kein Zufall.
Ein neuer Healthcare-Riese wächst heran
Anfang des Jahres haben Amazon, Berkshire Hathaway und JPMorgan Chase ihre gemeinsamen Pläne vorgestellt: Durch das Bündeln ihrer Expertise wollen die drei Unternehmen die Gesundheitsversorgung ihrer Mitarbeiter revolutionieren – rund eine Million Arbeitnehmer sollen hiervon profitieren. Insider gehen davon aus, dass diese Kollaboration die altbekannten Regeln der Gesundheitsbranche revolutionieren wird. Das könnte unter Umständen zu Lasten von traditionellen Krankenversicherern gehen, deren Aktienkurse nach der Ankündigung im Januar deutlich einbrachen. Das Vorhaben wird einen nicht-kommerziellen Charakter haben und hat zum Ziel, die immer weiter steigenden Gesundheitskosten in den USA zu senken. Der Fokus liegt hierbei vorerst auf technischen Aspekten des Vorhabens. Darüber hinaus sind zwar noch keine Details bekannt, es ist aber durchaus denkbar, dass das gemeinsame Projekt von Amazon, Berkshire Hathaway und JPMorgan Chase eines Tages auch für Personen zugänglich sein wird, die bei keinem dieser Unternehmen tätig sind. Das könnte Krankenversicherer unter Zugzwang bringen.
Die Big Player betreten den Ring
Nicht erst seit der Ankündigung der drei Großunternehmen richten immer mehr Konzerne ihr Augenmerk auf den Gesundheitssektor. Die durch die Digitalisierung entstehenden Möglichkeiten befeuern den dynamischen Markt. Durch technisch immer ausgereiftere Smartphones und Wearables ist es dem Patienten beispielsweise möglich, die eigene Gesundheit zu überwachen und Daten hierzu an den eigenen Arzt zu senden – das Smartphone kann durch die Übermittlung von Blutdruck-, Körperfett- und Herzwerten dazu beitragen, die eigene Gesundheit zu kontrollieren und so zu verbessern. Die hierdurch verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation könnte den immer beliebteren Video-Sprechstunden, bei denen sich die Computer von Patienten und Ärzten ohne Umweg über einen Server direkt miteinander verbinden, weiteren Aufwind verleihen. Die Grenzen des Möglichen sind hierbei noch lange nicht erreicht. So arbeiten Apple und die Stanford University gemeinsam daran, via Smartphone Blutzuckerwerte zu messen.
Googles Dachgesellschaft Alphabet hingegen positioniert sich vor allem im Feld der künstlichen Intelligenz. Auf Mobile Devices gesammelten Daten sollen künftig dabei helfen, in Verbindung mit der Beschreibung von Symptomen fundierte Diagnosen und Risikoeinschätzungen abzugeben und durch die Vernetzung mit den Daten anderer Patienten optimale Behandlungsoptionen aufzeigen. Die Stanford University wiederum nutzt Tensorflow, Googles Plattform für maschinelles Lernen, um einen Algorithmus zu trainieren, der bereits jetzt mit einer 91-prozentigen Genauigkeit von Hautkrebs betroffene Stellen erkennen kann. Damit unterstützt die Technologie Ärzte bei der Diagnose von Erkrankungen. Vor dem Hintergrund, dass Früherkennung das beste Mittel gegen Hautkrebs ist, kann dies ein entscheidender Schritt im Kampf gegen die Krankheit sein.
Facebook hingegen konzentriert sich bereits seit längerer Zeit auf geistige Gesundheit. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz überprüft das Unternehmen das Onlineverhalten seiner Nutzer, so beispielsweise die auf Facebook oder Instagram geposteten Fotos. Hierdurch sollen Indikatoren für Depressionen erkannt und potenzielle Suizide verhindert werden.
Die Suche nach Gesundheitsthemen boomt
Doch auch die Möglichkeiten des digitalen Marketings sind in der Gesundheitsbranche groß. So sind im vierten Quartal 2017 die Suchanfragen auf Google zu Gesundheitsthemen im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr um satte 185 Prozent gestiegen. 46 Prozent aller Anfragen kamen hierbei von Smartphones, was einem Zuwachs von 200 Prozent entspricht – das bereits seit einiger Zeit bekannte und von Google unterstützte Prinzip Mobile First trifft also auch auf die Gesundheitsbranche zu.
Patienten informieren sich mehr und mehr über das Internet. Dieser Trend setzt sich nicht nur weiter fort, sondern er verstärkt sich, wie die massiv steigenden Zahlen steigen. Unternehmen aus der Gesundheitsbranche, die nicht entschieden in ihre Internetpräsenz und ihre digitale Sichtbarkeit investieren, werden also Gefahr laufen, von der digitalisierten Konkurrenz abgehängt zu werden.
Die Potenziale der digitalen Gesundheit sind grenzenlos
Hinzu kommt, dass die Extraktion und Strukturierung von Daten aus Data-Warehouses hinaus in der Zukunft immer wichtiger werden. Das ist besonders im Healthcare-Sektor mit seinen vielen verschiedenen Praxis-Systemen von größter Bedeutung. Hierdurch können Kennzahlen erkannt, aber auch Informationen besser miteinander verknüpft werden.
Den Möglichkeiten sind auch über Data-Warehouses hinaus kaum Grenzen gesetzt. So können perspektivisch Herzschrittmacher oder Insulinpumpen im Notfall via Remote-Steuerung bedient werden, Bonusprogramme von Krankenkassen können mit Gesundheits-Apps oder Daten aus Fitnessstudios verbunden werden und verschiedene Ärzte können gemeinsam mit Hilfe der Blockchain-Technologie eine detailliertere Krankengeschichte eines individuellen Patienten gewährleisten. In Estland setzt man bereits heute auf die Vorteile, die durch die Blockchain-Technologie gewährleistet werden können. Patientendaten werden in einem zentralen Portal sicher und verschlüsselt gespeichert. Hierauf können Ärzte und Krankenhäuser zugreifen und digitale Rezepte an Apotheken übermitteln.
Es gilt, die Potenziale für die verbesserte Gesundheit der Menschen auszuschöpfen und Herausforderungen auf dem Weg anzugehen. Hierzu zählen die Klärung von Datenschutzfragen, der Aufbau einer verlässlichen IT-Infrastruktur sowie ein transparentes und verantwortungsvolles Handeln gegenüber der Öffentlichkeit. Denn nicht selten werden Sorgen vor einer Totalüberwachung geäußert. Können eben solche Hürden genommen werden, so bringen die neuen technologischen Möglichkeiten nicht nur Vorteile für Unternehmen, sondern vor allem auch für jeden einzelnen Patienten.