Ganz wichtig in Krisenzeiten sind Team-Ansprachen: Wie ist die wirtschaftliche Lage? Was passiert jetzt mit dem Unternehmenserfolg? Welche Herausforderungen gilt es derzeit zu meistern? Während der aktuellen Coronakrise beziehen Geschäftsführende bisweilen sogar wöchentlich Stellung. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Mitarbeitenden im Homeoffice arbeiten und mehr als sowieso schon transparente Kommunikation benötigen, um das Gefühl der Isolation zu verringern und über die Geschehnisse auf dem Laufenden zu bleiben. Die Krux ist jedoch, die Kolleginnen und Kollegen dabei nicht zu demotivieren, sondern ihre Energien nachhaltig freizusetzen. Motivierende Team-Ansprachen bestehen aus vielen Komponenten. Ein sehr unterschätzter Baustein ist die kraftvolle Rhetorik mit Sogwirkung – das sogenannte „Power-Wording“.
Power-Wording: „Das nächste Tor schießt ihr!“
„Gewinnertypen kommunizieren positiv, finden immer passende Worte und wirken souverän“, sagt Kommunikationsexpertin Silvia Agha-Schantl. Dadurch gelinge es leichter, Menschen zu überzeugen anstatt sie mit 0815-Standardsätzen zu langweilen und zu verlieren. „Unsere Sprache wirkt im Unterbewusstsein und diese Wirkung können wir gezielt beeinflussen“, erklärt die Wienerin. Wie das geht, vermittelt sie seit Jahren in Lehrveranstaltungen und persönlichen Coachings für Führungskräfte. Den größten Hebel bedienen Chefinnen und Chefs ihrer Ansicht nach, sobald sie in Lösungen anstatt Problemen sprechen und vor allem doppelte Negationen vermeiden. Zu sagen, dass etwas „nicht schlecht klinge“ habe eine andere Wirkung als zu sagen, dass etwas „gut klinge“, gibt Silvia Agha-Schantl zu verstehen. Gesprochene Worte erzeugen Bilder im Kopf.
„Unsere Sprache wirkt im Unterbewusstsein und diese Wirkung können wir gezielt beeinflussen.“
Sie erklärt das an einem Beispiel: „Angenommen ein Fußballtrainer sagt zu seinem Team: ‚Achtung Jungs! Passt auf, dass die anderen nicht noch ein Tor schießen, sonst sind wir verloren!‘. Welche Emotionen weckt das wohl? Kommuniziert er stattdessen ‚Jungs, jetzt geben wir Vollgas. Das nächste Tor schießt ihr!‘, motiviert er die Mannschaft wesentlich stärker zur Bestleistung und schafft positive Bilder anstatt Frustrationen vorzuprogrammieren.“ Positives Formulieren führt zu Engagement, so ihr Argument. Gestützt wird das unter anderem auch von Verhaltensforschern wie Daniel Goleman, Richard Boyatzis und Barbara Fredrickson, die ein Verhältnis von fünf positiven Wörtern zu jedem negativen Wort empfehlen. Sie haben unter anderem die Ansprachen von Martin Luther King Jr., Nelson Mandela und Charles de Gaulle auf deren Wirkung analysiert.
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Ein weiterer Grund, warum Mitarbeitende oft das Interesse an einer Ansprache verlieren, sind weichmachende Worte. Silvia Agha-Schantl spricht in dem Rahmen sogar von „Müllwörtern“ und rät dazu, sie aus dem Vokabular zu verbannen. „In unserem Sprachgebrauch finden sich sehr häufig Ausdrücke, die unsere Wirkung beeinträchtigen, wie ‚eigentlich‘, ‚ein bisschen‘, ‚quasi‘ oder ‚eh‘“, so die Kommunikationsexpertin. „Wer eigentlich ja eh gerne arbeite, hinterlässt Zweifel, ob damit tatsächlich der Traumjob gemeint ist“, erklärt sie. Enthusiasmus sähe anders aus. Sollten Weichmacher passieren, können Rednerinnen und Redner sich aus der Situation befreien, in dem sie aktivierend nachlegen: „Wenn wir das umsetzen würden – nein, besser gesagt – wenn wir das jetzt umsetzen, sind wir auf Erfolgskurs!“
Team-Ansprachen: „Wer bitte ist denn ‚man‘?“
Manche Ideen und Vorschläge kämen schlichtweg nicht an, weil Führungskräfte unsicher wirken, indem sie eine zweifelhafte Kommunikation nutzen. „Konjunktive wie ‚würde‘, ‚hätte‘ oder ‚könnte‘ lassen uns häufig schwammig klingen“, weiß die Wienerin. Wer überzeugen will, sollte lieber auf Präsenz-Formulierungen setzen. „Anstatt ‚Ich könnte euch dazu vielleicht was zeigen!‘ sollten Führungskräfte lieber auf ‚So, und jetzt zeige ich euch was dazu!‘ zurückgreifen.“ Außerdem gut zu wissen: Vage Formulierungen finden keinen Adressaten. „Wenn du sagst: ‚Das sollte man nochmal überdenken!‘ – wer bitte ist dann ‚man‘?“ Führungskräfte müssen den Mut zur Verbindlichkeit haben und dem „man“ einen Namen geben! Von „Man kann das so lassen!“ hin zum „Teresa, sehr gute Arbeit! Das lassen wir genau so!“
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Mit am wichtigsten sei zudem, Menschen das Ziel der Team-Ansprache, des Meetings oder der jeweiligen Telefonkonferenz gleich zu Beginn mitzuteilen. „Das wirkt selbstbewusst, zielorientiert und strukturiert“, erklärt die Kommunikationsexpertin und fügt hinzu, dass anwesende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so direkt einen perfekten Überblick bekommen und dadurch Desorientierung vermieden wird. Das könnte so klingen: „Guten Morgen allerseits. Schön, dass ihr alle da seid! Wir sind heute zusammengekommen, um euch mitzuteilen, welche Umsatzstrategie wir für die kommenden Monate fahren und was wir gemeinsam sowie als Einzelne tun werden, damit wir während dieser Ausnahmesituation weiterhin erfolgreich zusammenarbeiten.“ Silvia Agha-Schantl meint: „Wer so startet, ist sich der Aufmerksamkeit des Teams sicher.“
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