Das letzte Mal mit einem Feedback so richtig daneben gelegen hat Silvia Agha-Schantl gegenüber ihrem Mann. „Als ich der Meinung war, ich müsste ungebeten Ratschläge erteilen“, erklärt die Wienerin im Gespräch mit t3n. „Und das aus einer geladenen Emotion heraus.“ Dabei ist sie eigentlich eine waschechte Expertin in dieser Hinsicht: Als Kommunikationswissenschaftlerin weiß sie um die Tücken im Sprachgebrauch. Als Coach und Keynote-Speaker erklärt sie Mitarbeitern und Führungskräften internationaler Unternehmen zudem, wie es richtig geht. Und doch sei es manchmal schwierig, sich aus einer puren Empfindung heraus zurückzunehmen. „Das geht auch Profis so.“ Wer richtig Feedback geben will, so Agha-Schantl, sollte sich dieser Sache immer bewusst sein: „Kein Feedback ohne Vorbereitung, denn das geht oft nach hinten los – besonders aus einer Erregung heraus.“
„Kein Feedback ohne Vorbereitung, denn das geht oft nach hinten los.“
Insbesondere gegenüber dem Chef beziehungsweise der Chefin wünschen sich Mitarbeiter jedoch häufig, den sogenannten „Oberen“ mal sprichwörtlich „die Meinung zu geigen“. Diesem Impuls einfach einmal nachzugeben, hält die die Expertin für fatal. Dennoch spricht sie sich dafür aus, auch bei einem Vorgesetzten nicht davor zurückzuschrecken, ein Feedback zu geben. Elementar wichtig sei es jedoch, die Bereitschaft für das Feedback im Vorfeld zu erfragen. „Herr so und so, ich habe den Eindruck, dass offene Kommunikation dir sowie dem Unternehmen generell wichtig ist“, könnte die Einleitung laut Silvia Agha-Schantl lauten. „Wenn es seitens Mitarbeitern einige Optimierungsvorschläge gibt – bist du dafür offen?“, wäre die sinnvolle Folgefrage. Hier traue sich keine Führungskraft, das Anliegen einfach abzuweisen, weiß die Expertin.
Sechs von zehn Vorgesetzten scheuen das Urteil ihrer Mitarbeiter, hat die Unternehmensberatung Rochus Mummert unlängst in einer Studie ermittelt. Kommt es zum Feedback, wird in der Regel kritisiert und nur selten gelobt. „Aus Angst zu versagen oder den Ansprüchen der Mitarbeiter nicht gerecht zu werden, scheuen viele Führungskräfte vor Kritik zurück“, erklärt die Expertin. Auch deshalb sei es wichtig, das Feedback immer auch im geschlossenen Raum und nicht vor den Augen anderer Kollegen zu geben. Nicht nur die Art und Weise, wie es zum Gespräch kommt, sei wichtig, sondern auch der Stil, wie es im Anschluss geführt wird. Wertschätzend soll es sein, ohne Unterstellungen. Es sollte zudem nicht vorwiegend negativ, sondern vor allem lösungsorientiert sein. Am Ende sollte eine Bitte stehen, die einem wichtig ist.
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Dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Feedback garantiert zu einem Konflikt führt, gibt Silvia Agha-Schantl abschließend noch einmal zu verstehen. Etwa, wenn mit undifferenzierten Unterstellungen wie „Du sagst nie die Wahrheit!“ oder „Ich muss immer länger arbeiten!“ argumentiert wird. „Immer“, „nie“ oder „jedes Mal“ seien Pauschalisierungen, die oft verwendet werden, doch selten zu 100 Prozent zutreffen. Genau diese Form dränge Personen dazu, das Feedback abzuwehren und sich zu verteidigen. „Zack, ist man mitten in einem Streitgespräch“, weiß Agha-Schantl. Wer argumentativ stark auftreten möchte, solle lieber entlang von Zahlen und Fakten diskutieren. Schlussendlich spielt der Ton die Musik: „Deshalb auch immer mein Tipp: Statt ‚Kritik‘ lieber das Wort ‚Feedback‘ nutzen, und schon verbessert sich das Gesprächsklima auf der Stelle.“
Feedback an den Chef – in 4 Schritten zum Erfolg
Ist die Bereitschaft für Feedback eingeholt, erklärt Silvia Agha-Schantl gutes Feedback gerne anhand vier konkreter Schritte:
- Beobachtung entlang von Fakten sachlich schildern: „Mir ist aufgefallen, dass…“
- Auswirkung dazu: „Das hat dazu geführt, dass…/ Das hat auf mich xy gewirkt…“
- Wunsch beziehungsweise Bitte formulieren: „Deshalb ist mein Wunsch an dich…“
- Nutzen hervorstreichen: „Das bringt dir, uns oder dem Unternehmen…“
Ausformuliert könnte ein konkretes Beispiel in etwa so aussehen:
Vorab: „Lieber Chef, ich habe den Eindruck, dass offene Kommunikation dem Unternehmen durchaus wichtig ist. Bist du offen für Feedback auch seitens der Mitarbeiter?“
Beobachtung: „Mir ist aufgefallen, dass ich in den letzten sechs Monaten immer mehr Verantwortung bekommen habe, was sich auch sehr auf meine Anwesenheit hier ausgewirkt hat. Speziell in den letzten drei Monaten: Im Juni hatte ich 13 Überstunden, im Juli waren es 17 und im August dann bereits 20. Die Projektkoordination und Leitung macht mir auch Spaß und Freude.“
Auswirkung: „Fakt ist aber auch, dass ich meine Familie und die Kinder immer weniger sehe, da ich sehr viel mehr Zeit im Unternehmen verbringe, und das bedauere ich sehr. Zugleich hat meine Frau jetzt noch mehr zu tun, weil sie die Kinder alleine ohne mich handhaben muss.“
Bitte: „Mir ist es wichtig, dass ich Arbeit und Familie gut kombinieren kann. Wenn privat alles rund läuft, dann wirkt sich das auch positiv auf meine Motivation und Effizienz aus. Und genau deshalb ist meine Bitte, dass ich bestimmte Arbeiten, die ich hier stundenlang vor dem PC mache, auch im Home-Office erledigen kann.“
Nutzen: „Damit kann ich meinem Job und der Verantwortung in allen Projekten künftig noch besser und ohne schlechtes Gewissen nachkommen, kann mehr Zeit mit meiner Familie verbringen und deinen Erwartungen auch künftig entsprechen.“
Feedback garantiert gute Zusammenarbeit
Dass Feedback nicht nur von einer Führungskraft an einen Mitarbeiter oder innerhalb des Team wichtig ist, sondern auch gegenüber dem Chef beziehungsweise der Chefin geäußert werden sollte, erklärt Silvia Agha-Schantl so: „Es ist essentiell, um ein besseres Miteinander im Job sicherzustellen.“ Wer bei einer Sache beispielsweise ständig denkt, dass die Führungskraft wieder und wieder den gleichen Fehler macht, ihr jedoch keine Chance auf Veränderung gegeben wird, weil ihr die Sache vielleicht gar nicht bewusst ist, läuft Gefahr, die Person auf Dauer weniger wertzuschätzen. „Das kann sich dann auch schnell auf andere Bereiche auswirken.“ Zudem sei es ungesund, zu viel in sich rein zu fressen, weiß die Expertin. Wer jedoch ein Feedback anbietet, es gut vorbereitet, sachlich übermittelt und einen Lösungsvorschlag mitgibt, könne davon nur profitieren.
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Lieber Andreas Weck,
Vielen Dank für diesen gute Einführung in die Tipps von Frau Agha-Schantl zum Gespräch mit Vorgesetzten. Das Thema trifft auf jeden Fall den Zeitgeist, weil gute Kommunikation in der Firma das Wohlbefinden im Job erhöht. Als professioneller Coach beschäftige ich mich viel mit Fragen der Mitarbeiter-Motivation. Diese erhöht erwiesenermaßen die Produktivität des Unternehmens. Damit dies gelingt, bedarf es auch auf Seite der Führungskräfte ein Umdenken hin zu flacheren Hierarchien und einer agileren Führung. Wer gerne „Neues“ ausprobiert und dabei Unterstützung sucht, schaut gerne mal bei der Coachingpraxis.berlin vorbei.
Ein guter Beitrag, vor allem in der jetzigen Zeit, wo die Kommunikation innerhalb der Unternehmen teilweise geradezu explodiert. Sei es wegen organisatorischer oder arbeitstechnischer Maßnahmen.
Wir hatten selbst erst vor kurzem so einen Fall in der Firma mit einem Azubi. Er kam bei der Arbeit an einer der Fertigungsmaschinen auf die Idee, wie sich der Prozess beschleunigen ließe, traute sich als Frischling jedoch nicht direkt mit Verbesserungsvorschlägen um die Ecke zu kommen. Irgendwann habe ich es dann aus Zufall mitbekommen und ihn natürlich direkt unter vier Augen darauf angesprochen. Nach ein wenig Ermutigung sind wir dann zusammen zur Leitung gegangen und haben den Vorschlag unterbreitet (dass Effizienzsteigerung beim Chef gut ankommt ist wahrscheinlich selbstredend).
Für den Prozess selbst musste am Ende jedenfalls nur ein Schild von https://www.seton.de/28/Warnschilder/ zur Warnung bestellt und angebracht werden, also keine große Sache. Aber für die Arbeit ungemein hilfreich. Im Gespräch sind wir dabei ähnlich vorgegangen wie oben beschrieben. Die Einstellung und Kompromissbereitschaft der Führungsperson spielt hier meiner Meinung nach auch eine große Rolle.