Im abgelaufenen zweiten Quartal ist Huawei bei den weltweiten Smartphone-Verkäufen erstmals am bisherigen Branchenprimus vorbeigezogen. Bleiben die aktuellen US-Sanktionen bestehen, könnten dem chinesischen Hersteller aber noch im Laufe dieses Jahres die Chipsätze (SoC) für seine Highend-Geräte ausgehen. Denn der taiwanische Halbleiterriese TSMC hat auf Druck der USA seit Mitte Mai keine Aufträge von Huawei mehr angenommen. Alternativen gibt es für Huawei kaum. Analysten haben sich mögliche Szenarien einmal genauer angeschaut, wie CNBC berichtet.
5 Optionen für Huawei nach TSMC-Aus
Laut Neil Mawston von Strategy Analytics sind von den überhaupt nur 15 Chiplieferanten, die für eine Zusammenarbeit mit Huawei auf diesem Gebiet infrage kämen, nur fünf einigermaßen geeignet. Demnach könnte Huawei sein Smartphone-SoC Kirin theoretisch beim chinesischen TSMC-Konkurrenten SMIC fertigen lassen oder die Produktion zum chinesischen Chipbauer Unisoc sowie zu Taiwans Mediatek auslagern. Auf dem Papier wäre auch ein Outsourcing zum südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung möglich. Eine weitere Idee ist den Analysten zufolge, irgendwie dafür zu sorgen, dass die US-Regierung Qualcomm Lieferungen an Huawei erlaubt.
Wie sich unschwer erkennen lässt, sind selbst diese wenigen Optionen, Huaweis Smartphone-Chip-Produktion zu retten, in der Praxis kaum umsetzbar. Denn SMIC hat wohl derzeit noch nicht die technologischen Voraussetzungen geschaffen, um ein Highend-SoC wie den Kirin-Chip zu bauen. Unisoc komme für Huawei aus Qualitätsgründen ebenfalls kaum infrage. Samsung, das mit dem Exynos seinen eigenen Smartphone-Chip herstellt, dürfte kaum an einer Kooperation mit dem schärfsten Rivalen interessiert sein. Und Qualcomm soll zwar bei der US-Regierung um eine Aufhebung der Sanktionen im Fall Huawei gebeten haben. Ob Trump und Co. diesem Wunsch nachkommen, ist allerdings fraglich.
Mediatek derzeit am wahrscheinlichsten
Für den Strategy-Analytics-Analysten ist daher Mediatek derzeit die wahrscheinlichste Option auf kurze Sicht. Allerdings verwendet auch Mediatek für einen Teil der Produktion Kapazitäten von TSMC und könnte damit auch ins Blickfeld der US-Regierung geraten, wie CNBC schreibt. Die größte Chance ist realistischerweise ein Regierungswechsel in den USA im November, sollte Joe Biden die Wahl zum US-Präsidenten gegen Donald Trump für sich entscheiden können. Dann dürfte auf eine Entspannung der aktuellen China-Politik zu hoffen sein.
Eine deutlich langwierigere Möglichkeit, sich fortgeschrittene Technologien ins Land zu holen, versucht China derzeit schon. Einige von der chinesischen Regierung unterstützte Chiphersteller haben seit dem vergangenen Jahr über 100 gut ausgebildete Ingenieure von TSMC nach China gelockt, wie Nikkei Asian Review unter Berufung auf Insider berichtet. Das Ganze gehört zu dem großen Plan der chinesischen Regierung, eine heimische Chipindustrie aufzubauen, um sich unabhängiger vom Ausland zu machen. Allerdings sind die chinesischen Hersteller trotz der Profi-Unterstützung noch Jahre hinter TSMC zurück.
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