Chinesische Behörden planen, die Verwendung von Algorithmen für den Verkauf von Produkten an Verbraucher durch Unternehmen einzuschränken. Die größten Technologieunternehmen des Landes, zu denen E-Commerce-Riese Alibaba genauso gehört wie Tiktok-Besitzer Bytedance, haben ihre milliardenschweren Geschäfte auf Algorithmen aufgebaut. Diese Algorithmen stellen Inhalte bereit, die für Kunden aufgrund früherer Aufrufe und ihres Suchverhaltens von Interesse zu sein scheinen und für die sie vermutlich bereit sind, Geld zu investieren. Eine Einschränkung der Verwendung von Algorithmen entspricht also sehr wahrscheinlich nicht dem Interesse der jeweiligen Anbieter und könnte einen Präzedenzfall auch für andere Länder darstellen.
Am Freitag veröffentlichte die Regulierungsbehörde für Cybersicherheit umfangreiche Regelentwürfe zur Regulierung des Einsatzes dieser sogenannten Empfehlungsalgorithmen. Ein Teil des Vorschlags sieht vor, dass Nutzern die Möglichkeit geboten wird, Algorithmen selbstständig abzuschalten. Bis zum 26. September kann der Vorschlag noch kommentiert werden. Ein Umsetzungsdatum ist noch nicht bekannt.
Müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen?
Empfehlungsalgorithmen bestehen aus Code, dem spezifische Informationen über Benutzer zugeführt werden, um perfekt maßgeschneiderte Ergebnisse auszuspielen. Der Code des Algorithmus wird jedoch nicht veröffentlicht. Regulierungsbehörden könnten jetzt von Unternehmen verlangen, den Code offenzulegen, um die Algorithmen prüfen zu können. Das könnte den Regulierungsbehörden in China enorme Macht verleihen. „Ich bin mir sicher, dass es bei Unternehmen Probleme mit Datenschutzrechten gibt und dass der Code an proprietäre Informationen geknüpft ist“, vermutet Kendra Schaefer, Partnerin des in Peking ansässigen Beratungsunternehmens Trivium China im Gespräch mit CNBC.
Die neuesten Regeln könnten Unternehmen dazu zwingen, ihre Geschäftsmodelle zu ändern. Viele von Chinas Tech-Giganten verdienen zwar nicht direkt Geld mit den Algorithmen, aber sie sind ein wichtiger Bestandteil, um Verbraucher auf Produkte zu lenken, für die sie am Ende bezahlen. „Es hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wie dem Grad der Durchsetzung und den Marktreaktionen. Wie viele Benutzer würden den Empfehlungsalgorithmus deaktivieren, wenn dieser zu einer suboptimalen User-Experience führt?“, sagt Ziyang Fan, Leiter des digitalen Handels beim Weltwirtschaftsforum. Sobald Chinas Gesetz für Algorithmen in Kraft getreten ist, wird auf der ganzen Welt genau beobachten werden, wie Unternehmen reagieren und was die Regulierung für die Zukunft bedeutet.
Das ist ganz einfach: China ist dabei, den Primat der Politik gegenüber den übermächtigen Wirtschaftsinteressen wieder nach vorne zu stellen.
Anders als in den westlichen Staaten, wo sich die meisten Politiker nicht trauen, das auch nur ansatzweise durch zu setzen, ist die chinesische Führung und Politik längst auf einem anderen Pfad unterwegs.
Auf Dauer wird es auf den internationalen Märkten für chinesische Firmen immer schwieriger, Vertrauen bei den Nutzern chinesischer Produkte aufzubauen, wenn in der Heimat radikale, rein kapitalistisch wirkende Prinzipien existieren, die den Konsumenten und auch letztendlich einen großen Teil der Wirtschaft und Verwaltung als beliebig ausspähbares Objekt ansehen. Das man nach Belieben manipulieren kann und will.
Es ist auch abzusehen, dass es in den westlichen, liberalen Demokratien zu ähnlichen Entwicklungen kommen wird.