Bekleidungshändler Zalando plant Medienberichten zufolge den Einstieg in den USA. Wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist, soll Jim Freeman, Chief Business and Product Manager, für 2023 mit einem eigenen Team unter dem Projektnamen „Projekt Kangaroo“ den Launch des Onlinehändlers und seiner Plattform in den Vereinigten Staaten vorbereiten. Eine dreistellige Millionensumme wolle sich der Modehändler das Projekt, das bislang noch als Geheimprojekt laufen soll, kosten lassen.
Man habe, berichtete zunächst Business Insider, sämtlichen an dem Projekt Mitarbeitenden durch ein spezielles NDA untersagt, über das Projekt zu sprechen – auch innerhalb des Unternehmens. Was allerdings offenbar nicht verhindert hat, dass dennoch zumindest ein paar Details an die Öffentlichkeit drangen – bei mehr als 100 Mitarbeitenden, die offenbar eingeweiht sind, wenig verwunderlich.
Losgehen soll es zunächst im Nordosten der USA, wobei sich Zalando aber nicht nur auf die dortigen Ballungsräume rund um Boston, New York City und New Jersey konzentrieren will, sondern auch ländliche Regionen adressieren will. Interessant ist diese Region für das Unternehmen wohl vor allem aufgrund der hohen Gehälter und der damit verbundenen Konsumfreudigkeit. Außerdem ist die Gegend logistisch und technologisch gut ausgebaut und Zalando kann hier auch mit ausreichend Mitarbeitenden rechnen.
Interessant ist das Marketingkonzept, das offenbar auch in größerem Stil dort bekannte Influencer:innen einbinden will. So dürfte zwar recht schnell in bestimmten Zielgruppen Bekanntheit hergestellt werden, aber risikolos und ganz preiswert ist auch das nicht. Eine Strategie, die wir hierzulande vor allem aus dem About-you-Umfeld kennen, die im US-amerikanischen Raum aber nicht ungewöhnlich ist. Dorther kommt Jim Freeman – der US-Amerikaner hat jahrelange Erfahrungen in verschiedenen Teams bei Amazon gesammelt.
Zalando muss eigene Positionierung in den USA finden
Schwieriger dürfte die Positionierung für Zalando werden. Das große und breite Markenangebot, die großzügigen Regelungen bei Retouren und nicht zuletzt auch das frühe Bekenntnis zu einer umfassenden Plattformstrategie – all das waren zwar in Deutschland und Europa Argumente für Zalando, doch für den Ostküstenmarkt in den USA dürfte das nicht reichen, zumal gerade dort die Konkurrenz groß und hochgradig digitalisiert ist. Hinzu kommt die Frage, wie gut bis zum Start das Thema Lieferketten zu beherrschen ist und welche gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen noch auf Zalando in den USA zukommen. Denn auch wenn es aktuell noch in Europa einigermaßen gut läuft, weht der Handelsplattform, die sich schon früh als „das Spotify der Mode“ positionierte, aktuell der Wind ins Gesicht.
Eine Anfrage an das Unternehmen seitens Business Insider blieb zwar nicht unbeantwortet, die Antwort liest sich aber gewohnt ausweichend. „Wir halten kontinuierlich Ausschau nach Möglichkeiten, unser Angebot zu verbessern, dazu gehören auch mögliche neue Kategorien und Regionen. Wir glauben, dass es in diesem Zusammenhang auch Möglichkeiten geben wird, über den europäischen Kontinent hinaus zu wachsen.“ Auch wenn Zalando gute Gründe hat, gerade jetzt einen spannenden, ausbaufähigen Markt wie die USA ins Visier zu nehmen, wird all das kein Spaziergang werden und dürfte vor allem auch umfassende finanzielle Investitionen erfordern.