Nach Twitter-Umfrage: Elon Musk sucht Nachfolger
Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten – allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Das twitterte der Eigentümer des Kurznachrichtendienstes am Dienstag (Ortszeit). Sollte er jemanden finden, der „blöd genug“ ist, werde er selbst nur noch die Software- und Server-Teams führen.
Twitter-Nutzer hatten sich zuvor in einer von Musk eingeleiteten Umfrage mehrheitlich für dessen Rücktritt ausgesprochen. Es deutet derzeit allerdings wenig darauf hin, dass Musk zügig einen geeigneten Kandidaten für den Top-Job findet. So oder so dürfte er als Eigentümer großen Einfluss behalten.
Musk hatte vor der Abstimmung bereits gewarnt, dass es keine Interessenten gebe, die in der Lage seien, „Twitter tatsächlich am Leben zu halten“. Er selbst hatte den Spitzenposten im Zuge seines rund 44 Milliarden Dollar schweren Kaufs der Internetplattform im Oktober übernommen.
Musk hatte allerdings schon wiederholt signalisiert, dass dies keine Dauerlösung sein dürfte. Er gehe davon aus, seine Arbeitszeit bei Twitter zu reduzieren und die Führung dort mit der Zeit abzugeben, sagte Musk vergangenen Monat.
Musk leitet mittlerweile 3 Unternehmen
Der Tech-Milliardär leitet auch noch andere Unternehmen wie den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX. Bei deren Investoren sorgen Musks großes Engagement und die andauernden Turbulenzen bei Twitter für Unmut und Befürchtungen, dass er seine anderen Unternehmen vernachlässigt und ihrem Ruf schadet.
Einige wichtige Aktionäre von Tesla haben sich bereits öffentlich beschwert, dass Musks Fokus zu stark auf Twitter liege und er als Vorstandschef des Autokonzerns zurzeit ausfalle. Tesla steht ohnehin unter Druck – die Aktie ist in drei Monaten um rund 50 Prozent gesunken.
Musks bislang knapp zwei Monate als „Head of Twitter“ waren von Chaos und Kontroversen geprägt. Nach einer Reihe höchst umstrittener Entscheidungen wurde der Gegenwind für den 51-jährigen Starunternehmer zuletzt immer stärker.
Twitter-Votum war eindeutig
So fiel die am Sonntag von ihm selbst eingeleitete Twitter-Umfrage dann auch recht klar aus: Von 17,5 Millionen Stimmen waren 57,5 Prozent für den Rücktritt. Zuvor hatte Musk versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. Laut US-Medienberichten war seine Suche nach einem neuen Chef schon vor der Abstimmung im Gange – bislang jedoch ohne Erfolg.
In der vergangenen Woche eskalierte die Lage bei Twitter immer weiter. So sperrte Musk – trotz seines immer wieder betonten Bekenntnisses zur Redefreiheit – zunächst einen automatisierten Account zur Nachverfolgung seines Privatjets und später zeitweise auch die Nutzerkonten einiger US-Journalisten.
Weiteren Ärger löste sein Vorhaben aus, Nutzerinnen und Nutzern künftig nicht mehr zu erlauben, ihre Präsenz auf bestimmten Konkurrenzplattformen zu bewerben – darunter Facebook, Instagram oder Mastodon. Musk versprach in der Nacht zu Montag in einem weiteren Tweet, größere Änderungen der Richtlinien künftig ebenfalls zur Abstimmung zu stellen.
Musks Faible für Twitter-Umfragen
Das Votum über seinen Rücktritt als Twitter-Chef ist nicht die erste Umfrage, die Musk auf der Internetplattform durchführen ließ. Im vergangenen Jahr ließ Musk sich zum Beispiel mit einer Twitter-Abstimmung verpflichten, ein Zehntel seiner Tesla-Aktien zu verkaufen.
Im November ließ er abstimmen, ob der ehemalige US-Präsident Donald Trump wieder auf dem Kurznachrichtendienst tätig werden darf. Ja, darf er, lautete mit knapper Mehrheit die Antwort, woraufhin Twitter den Account wieder entsperrte. Trump war im Zuge von Sympathiebekundungen für Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, von Twitter verbannt worden.
Elon Musks Leben in Bildern
Musks Twitter-Kauf hatte von Anfang an für viel Argwohn gesorgt. Der Multimilliardär begründete die Übernahme als Aktion zur Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchteten jedoch eine weitere Verrohung der Internetplattform und sorgten sich, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führen könnte. Musk gelang es nicht, diese Bedenken auszuräumen.
Im Gegenteil: Mit einer Kündigungswelle, erratischen Regeländerungen und anderen brisanten Entscheidungen erschütterte er das Onlinenetzwerk und verschreckte Anzeigenkunden – die wichtigste Einnahmequelle.
Musk ist der CEO für die Öffentlichkeit.
Wer die Unternehmen wirklich führt, steht auf einem anderen Blatt.
Es ist schon reichlich seltsam, dass es immer noch jede Menge Leute gibt, die ernsthaft glauben, ein einzelner Mensch könnte so ein Unternehmen (oder gleich mehrere davon) alleine führen. Vollkommen abwegig.
Das Problem mit Musk ist, dass der entgegen allen internen Berichts- und Beschlusslinien einfach per Elektronik immer wieder durchsticht und damit den Laden in diverse Schwierigkeiten bringt. Das nennt der dann „offene Kommunikation“, ist aber eigentlich nichts anderes als undiszipliniertes, nichtkonstruktives Verhalten, weil er damit das eigentliche Management unter Zugzwang setzten will.
Die Frage ist nur noch von kurzer Dauer, wie lange der das noch durchhalten kann und die Truppe diesen Querschläger noch aushalten will. Je mehr seine Anteile schwinden und Tesla Schwierigkeiten hat, sich über den Kapitalmarkt Cashflow zu beschaffen, desto schneller geht es mit seinem Abgang.