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Zuckerberg-Investment Adyen: „Wer will uns denn kaufen?“

Adyen bietet künftig Wechat als Zahlungsmethode an der Ladentheke an. Was sich der niederländische Zahlungsanbieter davon verspricht – und was er zu den IPO-Gerüchten sagt.

Von Lisa Hegemann
8 Min. Lesezeit
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Adyen mit starkem Börsendebüt. (Foto: Adyen)

Adyen ist so etwas wie ein Hidden Champion: Der niederländische Zahlungsanbieter hat rund 217 Millionen Euro an Finanzierung erhalten. Sogar die Investmentfirma von Mark Zuckerberg ist Anteilseigner, Firmen wie Netflix schwören auf den Dienst. Selbst eine Banklizenz kann das Unternehmen seit 2017 vorweisen. Trotzdem kennen es nur wenige, weil es komplett im Hintergrund arbeitet: Über Adyen werden Zahlungen im E-Commerce abgewickelt.

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Allerdings konzentriert sich das Unternehmen längst nicht mehr nur auf das Web. Zunehmend ist es auch im stationären Handel präsent. So hat Adyen am Mittwoch bekannt gegeben, dass chinesische Kunden mit ihrer Hilfe künftig auch an der Ladentheke mit Wechat zahlen können. Deutschlandchef Volker Steinle hat uns vorab erklärt, wie es dazu gekommen ist, was Omnichannel für einen Zahlungsanbieter bedeutet – und was es mit den Gerüchten um einen möglichen Börsengang von Adyen in diesem Jahr auf sich hat.

Adyen-Deutschlandchef über IPO-Pläne, Wechat und die deutsche Konkurrenz

t3n.de: Volker, jeder macht gerade irgendwas mit China, auch Adyen. An der Ladentheke wollt ihr nun Wechat Pay einführen. Warum ausgerechnet da?

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Volker Steinle: Weil unsere Händler danach gefragt haben. Wechat Pay haben wir ja schon vor einer Weile im E-Commerce integriert. Aber wenn ein Chinese in Europa oder in den USA shoppen geht, will er auch im Laden von Louis Vuitton oder Swarovski mit Wechat zahlen können. Das ermöglichen wir jetzt.

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t3n.de: Wie funktioniert das konkret?

In China läuft ja alles über QR-Codes. Kann man sich hierzulande nicht vorstellen, ist aber so. Deswegen gibt es einen QR-Code auf unseren Terminals, den können die Käufer scannen und dann per Wechat bezahlen.

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t3n.de: Ihr richtet euch konkret an chinesische Konsumenten. Warum zahlen die nicht mit Master- oder Visacard?

Ganz einfach: Weil das Limit für den Auslandseinsatz dort geringer ist. Bei Wechat ist direkt das Konto von China Union Pay hinterlegt, da gibt es keinen umständlichen Umweg über die Karten.

Volker Steinle ist der Deutschlandchef von Adyen. (Foto: Adyen)

t3n.de: China ist nicht gerade als das datenschutzfreundlichste Land bekannt, das gilt auch für Anbieter wie Wechat. Die FAZ bezeichnete das Ökosystem dahinter kürzlich gar als Überwachungsapp. Wie steht ihr dazu? 

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Wir halten uns natürlich an die lokale Gesetzgebung, das ist klar. Aber den Datenaustausch zwischen Wechat und der Regierung können wir nicht verhindern. Wichtig ist hier aber, dass die Zahlungsdaten nicht bei uns hinterlegt sind, sondern direkt bei Wechat Pay oder Alipay. Die sind für uns nicht einsehbar. Wir können also gar keine Daten weitergeben.

t3n.de: Auch in Deutschland nutzen viele Adyen, wissen das aber gar nicht. Ihr arbeitet im Hintergrund. Wie würdest du einer Person auf der Straße erklären, was ihr macht?

Wir sind die Schnittstelle zwischen dem Shopper und dem Onlineshop. Wenn ein Kunde seine Zahlungsdaten in ein Onlineformular einträgt, sind wir diejenigen, die die Zahlung entgegennehmen.

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t3n.de: Warum nehmen die Unternehmen die Zahlung nicht selbst an?

In Deutschland muss ein Händler meinetwegen fünf Zahlungsarten anbieten, beispielsweise Kreditkarte, Paypal, Giropay, Sofortüberweisung und Sepa. Wenn er all diese Zahlungsweisen an seinen Shop anbindet, hat er nicht nur fünf Verträge, sondern auch fünf verschiedene technische Anbindungen und fünf verschiedene Reportings. In Deutschland tut sich das ein Onlineshop vielleicht noch an. Aber bei einer Expansion wird es schon heikel.

t3n.de: Der Einsatz von Adyen lohnt sich also erst, wenn ein Händler in mehreren Ländern aktiv ist?

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Nicht unbedingt. Aber dann wird der Vorteil besonders deutlich. Wir bieten 250 verschiedene Bezahlmethoden. Es würde ein einzelnes Unternehmen wie Hugo Boss, Sixt oder Groupon ganz schön viel Zeit kosten, die alle anzubinden – und dann auch noch für Onlineshops und im Laden.

t3n.de: Die Händler sparen den Aufwand vielleicht, ihr habt ihn aber trotzdem. Wie funktioniert das im Alltag?

Wir haben ein Team, das sich um alternative Zahlmethoden kümmert. Wenn wir in einen neuen Markt reingehen, schauen wir uns an, was die relevanten Bezahlmethoden dort sind, welche Präferenzen es gibt. Und dann suchen wir den Kontakt zu den Anbietern. Das Team erklärt, wer wir sind, was wir machen wollen, welche Kunden wir haben und was der Vorteil für den Anbieter wäre.

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t3n.de: Und wenn der Zahlungsdienstleister interessiert ist?

Dann schließen wir im zweiten Schritt Verträge ab. Da steht sinngemäß drin, dass wir als „Wiederverkäufer“ auftreten und einen direkten Anschluss an das System bauen. Wenn alles implementiert ist, erstellen wir aus den Zahlungen, die über das System abgewickelt werden, einen eigenen großen Report für alle Bezahlmethoden.

t3n.de: Was steht in so einem Report drin?

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Zum Beispiel, welche Bezahlmethode wie oft gewählt wurde, wie hoch die Beträge im Durchschnitt waren, wie hoch die Kosten für den Händler lagen. Aber auch Daten zu den einzelnen Shoppern: aus welchem Land er kommt, welche IP-Adresse er verwendet.

t3n.de: Da höre ich den Aufschrei der deutschen Datenschützer.

Unsere Verträge mit unseren Händlern in Deutschland sind konform mit dem Bundesdatenschutzgesetz. Und es gibt gewisse Daten, die wir als Paymentprovider aufbewahren müssen. Beispielsweise müssen wir die allgemeinen Zahlungsinformationen sieben Jahre lang speichern. Das ist nicht aus purer Sammelwut, sondern hängt mit Anti-Geldwäsche-Gesetzen zusammen.

t3n.de: Könnt ihr denn die IP-Adresse zurückverfolgen, wenn ein Kunde einen VPN nutzt?

Nein. Wenn uns ein VPN als Standort Warschau anzeigt, obwohl der Kunde in Amsterdam sitzt, lässt sich das nicht nachvollziehen.

t3n.de: Und wie könnt ihr dann den Kunden finden, wenn er betrügt?

Es gibt noch mehr Möglichkeiten als die IP-Adresse. Wir reden ja von großflächigem Betrug. Wenn sich ein professioneller Betrüger eine Liste mit 200 Kreditkarten im Internet gekauft hat, dann ändert er seine Identität. Früher konnte man dann nur die IP-Adresse verfolgen. Mittlerweile werten wir aber alle Informationen, die ein Shopper in Transaktionen überträgt, aus und können mit Hilfe eines Algorithmus auswerten, mit welcher Wahrscheinlichkeit es derselbe Shopper ist. Auch wenn die IP-Adresse eine andere ist. Wir nennen das Shopper-DNA.

t3n.de: Welche Daten fließen da ein?

Zum Beispiel gibt es eine Übereinstimmung in der Referenznummer oder der Betrüger verwendet eine ähnliche E-Mail-Adresse. Aber wir werten das für jeden Händler einzeln aus. Also der Onlineshop bekommt diese Shopper-DNA nur für die Kunden, die wirklich über seine Seite einkaufen. 

t3n.de: Reden wir über die Zukunft. Die großen Schlagworte im Handel heißen nicht mehr nur E-Commerce, sondern auch Omnichannel und Multichannel. Derzeit seid ihr vor allem im Internet unterwegs. Gibt es Überlegungen, in den stationären Handel zu gehen?

Durchaus, da sind wir schon. Wir arbeiten ja auch mit Verifone, einem Kassensystem, zusammen. Wir kaufen die Terminals ein und spielen dann unsere eigene Payment-Software darauf. Wir sind zwar noch am Anfang, wir sind beispielsweise noch nicht in Supermärkten oder in Tankstellen. Aber wir werden da natürlich irgendwann mal landen.

t3n.de: Warum ist euch das so wichtig?

Weil wir bisher nur abbilden können, was der Kunde online kauft. Händler wissen aber nicht, was er im stationären Geschäft erwirbt. Im Omnichannel ist aber genau das eine wichtige Frage: Ist der Kunde gerade zufällig in das Geschäft gelaufen? Oder hat er schon online etliche Male eingekauft? Das ist wiederum wichtig für das Risikomanagement.

t3n.de: Aber wozu braucht der Händler die Zahlungsdaten? Das kann er auch herausfinden, wenn er die E-Mail-Adresse nachfragt.

Ja, aber die E-Mail-Adresse nachzufragen, ist erstens immer noch komisch und vereinfacht zweitens für den Kunden erst einmal nichts. Mit einer einfacheren Zahlung wird es dagegen auch für den Shopper einfacher. Ich persönlich kaufe meine Kleidung am liebsten online. Einige Läden nerven mich: Es gibt nie meine Größe und die Hosen sind nicht in allen Farben verfügbar. Mittlerweile gucke ich im Laden nur noch, ob die Größe passt, und dann bestelle ich online. Für mich wäre es einfacher, wenn ich die Kleidung bestelle und sie dann in den Laden geliefert wird.

t3n.de: Das ist doch jetzt auch schon möglich.

Aber bisher muss ich im Geschäft zahlen. In Zukunft könnte es möglich sein, dass ich mich im Laden identifiziere und meine Hose nur noch mitnehmen muss. Alles andere wird im Hintergrund abgewickelt. Wenn der Händler anklickt, dass ich die Hose abgeholt habe, wird automatisch der Betrag abgebucht.

t3n.de: Jetzt seid ihr natürlich längst nicht die Einzigen, die das machen. In Deutschland habt ihr Konkurrenten wie Wirecard und Concardis. Braucht es einen Anbieter wie Adyen hierzulande überhaupt?

Das ist ein guter Punkt. Natürlich gibt es verschiedene Anbieter in Deutschland, da müssen wir nicht drüber streiten. Aber ich würde argumentieren, dass Adyen mehr ist als nur ein Paymentprovider. Wir offerieren alle Services entlang der Wertschöpfungskette: Wir haben eine direkte Anbindung bei Master- und Visacard, wir bieten Point-of-Sale-Bezahlungen an, Risk-Management, Processing, Reportings. 

t3n.de: Hilft es, dass ihr mittlerweile eine Banklizenz habt?

In der öffentlichen Wahrnehmung vielleicht, weil es mehr Vertrauen schafft. Aber im Alltag fragt uns jetzt keiner danach. Wir waren auch vorher schon etabliert. 

t3n.de: Das Thema Vertrauen ist gerade bei Bezahlungen nicht zu unterschätzen. Der Konkurrent Paymill hat 2017 Insolvenz angemeldet, das war für die Szene nicht so optimal. Färbt das auf euch ab?

Nein, wir haben in dieser Zeit große Kunden, wie etwa Flixbus gewonnen. Vom Gefühl her gibt es aber detailliertere Fragen zum Thema Finanzen, wenn wir bei neuen Händlern vorstellig werden. Die Unternehmen wollen jetzt genauer wissen, wie viel Umsatz wir bewegen, sie wollen Wirtschaftsprüferberichte sehen. Ein guter CFO will natürlich wissen, wie wir aufgestellt sind. Das ist aber auch in Ordnung.

„Eigentlich hätten wir das Zuckerberg-Investment nicht gebraucht.“

t3n.de: Ihr habt mit Iconiq und Index zwei große Investoren an Land. Plant ihr noch mal eine Finanzierungsrunde?

Nein, das haben wir nicht nötig. Wir arbeiten ja schon seit 2011 profitabel. Eigentlich hätten wir auch schon das Investment von Iconiq nicht mehr gebraucht.

t3n.de: Warum nicht?

Weil wir auch zu dem Zeitpunkt schon durchfinanziert waren. Da ging es mehr um das Netzwerk im Silicon Valley. Aber das Medienecho hat uns natürlich geholfen. Wenn irgendwo steht, dass Mark Zuckerberg in deine Firma investiert, dann ist das wie eine Auszeichnung, eine Art Goldmedaille. Das hat uns schon allen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

t3n.de: Aber irgendwann wollen die Investoren das Geld ja zurück. Was wäre dann der nächste Schritt? Ein Börsengang?

Ein Börsengang ist natürlich ein Instrument, um die Anteilseignerschaft zu restrukturieren. Aber wir haben keine konkreten Pläne.

t3n.de: Und ein Verkauf?

Wer will uns denn kaufen? Wenn Apple ein Angebot macht, dann will Samsung plötzlich nicht mehr mit uns zusammenarbeiten, weil die Konkurrenz die Daten einsehen kann. Dann ergibt unser derzeitiges Geschäftsmodell gar keinen Sinn mehr. Daher kann ich fast eine Blutunterschrift darauf geben, dass wir nicht verkaufen.

t3n.de: Volker, vielen Dank für das Gespräch.

 

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