Geschichte online: Du kannst jetzt die Akten der Nürnberger Prozesse durchforsten
Vor fast auf den Tag genau 75 Jahren endete nach einem etwa ein Jahr währenden Marathon der erste Teil der Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher. Auf der Anklagebank befanden sich unter anderem Hermann Göring, Rudolf Heß und Albert Speer. Am 1. Oktober 1946 verkündete das alliierte Militärtribunal die Urteile. Zwölf der ursprünglich 24 Angeklagten wurden in diesem Prozess zum Tode verurteilt. Jetzt können Interessierte die Akten der Nürnberger Prozesse online einsehen.
20 Jahre von der Idee zum Online-Archiv
Über 20 Jahre hat es von der ersten Idee zur Veröffentlichung der Akten im Internet gedauert, bis das Archiv online zugänglich ist. Hinter dem Projekt steht die Universität Stanford und hier insbesondere David Cohen, der mittlerweile als Professor und Direktor des Lehrstuhls für Menschenrechte und internationale Justiz an der US-Uni tätig ist, wie tagesschau.de berichtet. Ebenfalls maßgeblich beteiligt an der Idee war demnach Dieter Simon, damals Direktor am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main.
Insgesamt handelt es sich bei dem online veröffentlichten Material um 5.215 Akten, die rund 270.000 einzelne Seiten beinhalten und gut 50 Terabyte Speicherplatz benötigen. Die Unterlagen befanden sich zunächst am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Sie wurden vom US-amerikanischen Holocaust-Gedenkmuseum in Washington digitalisiert und von der Stanford-Universität durchsuchbar gemacht (Texterkennung). Unterteilt sind die Dokumente in Gruppen wie Anklagepunkte, Schlussplädoyers oder einzelne Verbrechen. Fast zwei Drittel der Dokumente sind auf Deutsch.
Audio- und Filmmaterial für Sommer 2022 geplant
Außerdem gibt es Erklärtexte, die Zusammenhänge sichtbar machen sollen. In den kommenden Monaten will die Uni Stanford Online-Ausstellungen durchführen, um die Hintergründe der Prozesse und ihre Bedeutung zu erklären. Geplant ist auch, künftig die Akten der zwölf Nachfolgeprozesse online zugänglich zu machen. Dazu arbeiten die US-Forscher:innen mit der Universität Erlangen-Nürnberg zusammen. Für den Sommer 2022 ist zudem die Veröffentlichung von rund 1.000 Stunden Audiomaterials vom Hauptprozess geplant. Auch sechs Stunden Filmmaterial sollen dann abrufbar sein.