Aldi expandiert in China: Warum das für den Discounter kein leichtes Spiel wird
Doch das ist nicht die erste China-Offensive des Unternehmens. Schon seit 2017 vertreibt der Discounter über Versandlösungen einzelne Produkte, die insbesondere über die schon damals in China weit verbreiteten Plattformen wie Tmall verkauft werden. Logistisch abgewickelt wurde das damals über Australien, wo das Unternehmen seit Jahren Filialen betreibt.
Das Unternehmen macht keine Angaben zu den in China getätigten Umsätzen. Das Marktforschungsunternehmen WGSN geht hingegen von einem Umsatz alleine in 2022 von rund 80 Millionen US-Dollar (78 Millionen Euro) aus.
Die Filialen sollen zunächst vor allem im Jangtse-Delta und im Raum Shanghai entstehen. Alleine dort – immerhin ein Ballungsraum mit rund 25 Millionen Einwohnern – sieht das Unternehmen Potenzial für mehrere Hundert Filialen zusätzlich zu den bislang bestehenden 26 Shops. Das Unternehmen will, nachdem man mit den ersten Filialen Erfahrungen gesammelt habe, jetzt beim Ausbau Tempo machen, heißt es.
Deutsche Marken sind in China hoch angesehen und beliebt
Doch auch wenn Expert:innen in den chinesischen Ballungsräumen mit Recht ein großes Potenzial für Filialen sehen, das bislang noch kaum von westlichen Partnern genutzt wird, muss man feststellen, dass das Etablieren von westlichen Handelsketten kompliziert bleibt. Das hat weniger mit der Kundschaft zu tun – die chinesischen Kund:innen vertrauen westlichen und vor allem deutschen Marken aus den Bereichen Haushaltswaren, Drogerieartikel, Automobilzubehör und vielen mehr durchaus –, sondern mehr mit der Unsicherheit vieler westlicher Partner mit den chinesischen Gepflogenheiten.
Egal ob Obi, Mediamarkt oder auch Ebay – sie alle haben sich über Jahre schwer mit dem China-Geschäft getan. Konkurrent Lidl etwa hat sich nie an das dortige Filialgeschäft herangewagt und zwischenzeitlich auch seine Online-Aktivitäten abgeblasen, um sich auf die Kernmärkte zu fokussieren. Und auch bei diversen Markenartiklern, die vor drei oder vier Jahren ihr Glück im China-Markt versucht haben, sind die Erfolgsgeschichten eher rar.
Aldi hat in China viele gewohnte USP über Bord geworfen
Daher ist das Geschäft für Aldi alles andere als ein Selbstläufer – auch wenn die Handelskette mit mehreren Tausend Filialen weltweit und etlichen außereuropäischen Märkten reichlich Erfahrung gesammelt hat. Man habe das Sortiment und die Logistik stark an die dortigen Erfordernisse angepasst. Das Sortiment sei deutlich höher und dienstleistungsintensiver, etwa gibt es Bedientheken mit im Laden zu verzehrenden Lebensmitteln und Snacks. Mit dem klassischen Aldi-Gedanken hat all das reichlich wenig zu tun, auch wenn einige der Aldi-Eigenmarkenprodukte wohl auch im chinesischen Markt funktionieren – dem Europa-Image und dem diesen Produkten entgegengebrachten Vertrauen sei Dank.
Was Aldi aber in den letzten Jahren in China aufgebaut hat, dürfte auch mit der Bereitschaft zu tun haben, verschiedene Channels im digitalen Umfeld aufzubauen. Das Unternehmen kooperiert mit zahlreichen lokalen Plattformen und Partnern, was auch ein erfolgskritisches Element ist. Aldi-China-Chef Rasinger erklärt, dass 30 Prozent des Geschäfts über Online und Zustellung abgewickelt werde. Ob man daraus für die europäischen Märkte ein Zukunftsszenario ableiten kann, bleibt abzuwarten. Neu ist dieses Bekenntnis zum Onlinehandel für ein Unternehmen wie Aldi dennoch – und wenn irgendjemand die finanziellen Rahmenbedingungen für ein solches Unternehmen hat, dann dürfte das der deutsche Lebensmittelriese sein.