Amazon steht möglicherweise neuer Ärger mit dem deutschen Kartellamt ins Haus. Das prüft nämlich laut Medienberichten, in welcher Form Amazon als Plattformbetreiber des Amazon Marketplace seine starke Marktmacht in Deutschland während der Coronakrise ausgenutzt hat, um Händler in ihrer Preisgestaltung zu behindern. „Wir untersuchen derzeit, ob und wie Amazon die Preissetzung der Händler auf dem Marketplace beeinflusst“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt gegenüber der FAZ. Es geht dabei offenbar auch um den Handel mit knappen Gütern, bei denen einige Händler extrem hohe Preise aufgerufen hatten. Mundt machte deutlich, Amazon dürfe kein Preiskontrolleur sein und müsse das freie Spiel des Handels gewährleisten.
Händler und Kunden verpflichtet: Amazon in der Zwickmühle
Amazon teilte mit, man wolle „dazu beitragen, dass die Vertriebspartner ihre Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten“, habe aber auch Mechanismen, die Preistreiberei verhindern sollen. Dabei würde Amazon ja aufgrund der Provisionen tatsächlich davon profitieren, wenn Händler ihre Waren zu besonders hohen Preisen losschlagen können. Doch das wäre eine kurzsichtige Strategie, würde sie doch einen Imageverlust nach sich ziehen. Denn gerade auf dem Marketplace werden ja nicht in erster Linie die Händler in Erinnerung bleiben, sondern Amazon als Marktplatzbetreiber.
Dass Amazon sich gerade in solchen Sondersituationen, wie wir sie zu Beginn der Coronakrise hatten, in die Preisgestaltung der Händler einmischt, ist einerseits gut und richtig – und dennoch falsch. Denn auch wenn der Markt in den meisten Phasen die Preise zu regeln weiß, sorgte die Knappheit bei Masken und einigen Hygieneartikeln dafür, dass einige Händler weit überhöhte Preise genommen haben (und noch weit höhere aufgerufen hätten, wenn Amazon ihnen nicht in den Arm gefallen wäre). Nur ist streng genommen nicht der Marktplatzbetreiber berechtigt, die Preisgestaltung zu reglementieren, auch wenn es auf ihn und seinen Marktplatz zurückfällt, wenn dort Wucherpreise genommen werden. So oder so eine undankbare Situation für den Betreiber einer Plattform.
Tobias Weidemann