Amazon pusht seine Eigenmarken – und stößt Marketplace-Händler damit vor den Kopf

Derzeit spricht Amazon insbesondere in den USA gezielt Hersteller an, die Produkte für die Eigenmarken des Unternehmens produzieren sollen. Dazu muss man wissen, dass Amazon in seinem Heimatmarkt deutlich mehr Handels- und Eigenmarken verwendet als hierzulande, wo vor allem die Amazon-Basics-Produkte aus dem Bereich des CE-Zubehörs (Kabel, Taschen, etc.) bekannt sind. Welche das sind, darüber hatten wir vor einigen Monaten berichtet.
Amazon spricht im Rahmen des Accelerator-Programms gezielt Hersteller an, die für Amazon die Produkte exklusiv fertigen sollen, damit diese über die Plattform verkauft werden können. Die Vorteile für alle Seiten liegen auf der Hand: Amazon kann sich auf eine Auswahl hochwertiger Markenhersteller mit einer vernünftigen Qualitätssicherung verlassen, der Hersteller wiederum hat einen zusätzlich Absatzmarkt mit sicherer Abnahme (wenn auch wohl nicht mit übermäßig hohen Margen).
Als Private-Label-Hersteller für Amazon zu produzieren, dürfte daher für viele Unternehmen erstrebenswert sein, zumal die jeweilige Produktlinie dann exklusiv via Amazon vertrieben wird. Amazon bewirbt dabei die Exklusivprodukte in den Suchergebnislisten (Rubrik „Unsere Marken“ in den USA, hierzulande noch nicht).
Neben dieser Sonderbehandlung gibt es aber auch Kritik von anderen Private-Label-Händlern, die ähnliche Produkte über Amazon vertreiben. So beschuldigen laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg (via Handelsblatt) unabhängige Händler den Online-Riesen Bewertungen zu forcieren, um die eigenen Produkte zu pushen, und die Verkäufe auf Kosten des Mitbewerbers zu erhöhen. Amazon nutzt hier sein Empfehlungsprogramm Vine, das verhindern soll, dass Hersteller und Händler mit dem Konsumenten direkt in Kontakt treten – und dabei ist Amazon als Hersteller bzw. Vermarkter genau in dieser Position. Amazon schafft es damit, so der Vorwurf der Private-Label-Hersteller, die eigenen Produkte binnen kurzer Zeit mit zahlreichen positiven Bewertungen zu pushen und die Produkte der Konkurrenz auf hintere Plätze zu verdrängen.
Das kostet die Hersteller bares Geld in Form von Umsatz und ist genau das, was mit den entsprechenden Regeln Amazons ja verhindert werden sollte. Gerade bei vielen Zubehörprodukten, bei denen es dem Kunden schwerfällt unter den vielen Eigenmarkenprodukten auszuwählen, ist die Vergleichbarkeit so schwierig. Die Bewertungen bekommen hier besonderes Gewicht und wirken sich deutlich auf die Absatzzahlen aus.
Amazon sitzt hier zwischen den Stühlen, ist einerseits als Verkaufsplattform seinen Händlern und Private-Label-Herstellern verpflichtet, verdient andererseits aber auch an den Eigenmarken mit. Diese Doppelrolle wird es in Zukunft immer schwieriger machen, allen Parteien gerecht zu werden. Schon heute ist Amazon für rund die Hälfte des E-Commerce-Umsatzes zuständig – und zwei Drittel des Gesamtumsatzes macht Amazon über seine Plattform, den Amazon Marketplace.
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