Amazon Launchpad: Raketentriebwerk oder Betonschuhe für Startups?
Speziell für Startups ist seit heute das neue Programm „Amazon Launchpad“ in Deutschland verfügbar, wie der US-Konzern im Rahmen eines Launchevents in Berlin bekanntgab. „Amazon Launchpad ist eine Mischung aus Startrampe und Raketentriebwerk für Startups.“ beschreibt Dr. Markus Schöberl, Director Amazon Seller Services in Deutschland, enthusiastisch den neuen Dienst. Ein schöner, markanter Satz, dessen Gehalt wir für euch vor Ort überprüft haben.
Amazon Launchpad verspricht einfache Produkt-Launches
„Amazon Launchpad ist eine Mischung aus Startrampe und Raketentriebwerk für Startups.“
Das Programm läuft bereits seit 2015 in den USA, Großbritannien und China. Startups, die in einem Land an einem Launchpad-Programm eingeschrieben sind, können ihr Produkt auch in einem anderen Land im Launchpad-Store aufnehmen lassen. Der Launchpad-Store ist der Endkunden-Bereich im Amazon-Onlineshop speziell für Startup-Produkte. Der Marktzugang beschränkt sich aber nicht auf den Launchpad-Store, alle Produkte sind „ganz normal“ im Amazon-Onlineshop verfügbar. Einschränkungen oder Veränderungen am Produktranking im Amazon-Katalog im Vergleich zu regulären Produkten sollen nicht existieren.
Das Dienstleistungspaket in der Übersicht
Wie sieht das Dienstleistungspaket konkret aus, lohnt sich eine Teilnahme am Programm? Amazon beschreibt sein neues Angebot wie folgt:
Marken-Entwicklung: Anbieter im Amazon Launchpad-Store können auf ihren Produktdetailseiten mit Fotos, Videos und ausführlichen Beschreibungen ihre Produkte vorstellen und so ihre Marke entwickeln. Ein Frage&Antwort-Bereich gibt Startups zudem Gelegenheit, ihre Geschichte zu erzählen, Hintergründe zum Produkt zu erklären und sich so auf persönliche Art und Weise mit Kunden auszutauschen.
Neue Kunden: Die wichtigsten Marketing-Werkzeuge auf Amazon verschaffen den Produkten Aufmerksamkeit – darunter beispielsweise Verkaufsplatzierungen auf der Amazon.de-Startseite, individuelle Produktempfehlungen und Zugriff auf weitere Werbemöglichkeiten wie „Amazon Gesponserte Produkte“.
Weltweite Spitzen-Logistik: Startups haben Zugriff auf Amazons globales Logistiknetzwerk – damit liefert Amazon ihre Produkte direkt an Kunden und bietet zudem die Amazon-Prime-Vorteile, wie schnelle und kostenlose Lieferung und den gewohnten Amazon-Kundenservice.
Globale Expansion: Wollen Startups Kunden außerhalb von Deutschland erreichen, hilft Amazon Launchpad bei der Expansion auf mehr als zehn weiteren internationalen Amazon-Webseiten auf der ganzen Welt.
Das Dienstleistungsangebot weist hier besonders im Bereich Marketing interessante Aspekte auf. Die Vermarktungsmöglichkeiten, die Startups hier geboten werden, sind bisher Herstellern im sogenanten „Amazon Vendor-Programm“ vorbehalten gewesen, die dafür ihre Marge komplett in die Hände Amazons legen. Konkret werden beispielsweise Produkt-Platzierungen an attraktiven Stellen des Onlineshops ermöglicht bis hin zur Homepage und auch Platzierungen im Amazon-internen Affiliatenetzwerk „Gesponsorte Produkte“.
Einige Crowdfundingprojekte wie Bragi oder Nuimo, die gerade oder in naher Zukunft tausende fertige Produkte an ihre Unterstützer ausliefern müssen, sind mit an Bord, was zeigt, dass die Logistikinfrastruktur für Startups auch einen verlockenden Faktor darzustellen scheint. Mit Sicherheit auch eine sinnvolle Entscheidung, der Logistik-Prozess trägt wesentlich zur Zufriedenheit der Kunden bei. Crowdfunding-Projekte, die ihre Unterstützer mit schleppender Auslieferung quälen, weil sie als E-Commerce-Neuling die Logistikprozesse nicht im Griff haben, setzen sich der drohenden Gefahr des Scheiterns aus. Die Branche ist hier nicht alternativlos, Fulfilment-Partner finden sich auch bei klassischen Logistik-Unternehmen, aber die Kombination aus Verkaufsplattform und Logistik vereinfacht doch einiges im Prozessaufbau. Gerade wenn es schnell gehen muss.
Wie Startups in das Amazon Launchpad kommen
Im Gegensatz zur Anmeldung im Amazon Marketplace, können sich Startups beim Launchpad-Programm zwar selbst registrieren, aber über die Aufnahme entscheidet das Amazon-Launchpad-Team. Eine Registrierung und ein kurzer Elevator-Pitch mit wenigen Sätzen sind notwendig, um sich um einen Platz im Launchpad zu bewerben. Amazon scheint hier auf einen Innovationsgrad der Produkte achten zu wollen, um die Attraktivität des Launchpad-Store zu erhalten. Erst wenn die Bewerbung angenommen wurde, können Startups ihre Produkte über die Amazon-Sellercentral in den Launchpad-Store laden.
Grundsätzlich nimmt Amazon Startups, die von Crowdfunding-Plattformen, Risikokapitalgebern und Unterstützern aus dem Amazon-Netzwerk ohne große Schwierigkeiten auf – im Rahmen einer Einzelfallprüfung aber auch Startups, die aus anderen Quellen finanziert werden. Die Prüfung soll in jedem Fall innerhalb von vier Wochen abgeschlossen sein.
Die Grundregel: Die zu verkaufenden Produkte müssen bereits produziert, lieferbar oder innerhalb von maximal 30 Tagen produziert und lieferbar sein.
Lohnt sich das? Was das Amazon-Launchpad-Programm Startups kostet
Die Gebühren für die Teilnahme an Amazons Startup-Programm hat Dr. Markus Schöberl im Gespräch mit t3n Redakteur Jochen G. Fuchs detailliert erklärt: „Amazon Launchpad setzt auf der bekannten Gebührenstruktur des Amazon Marketplace auf. Somit fallen für Startups quasi keine monatliche Fixkosten an, sondern lediglich eine Umsatzbeteiligung in Höhe der Marketplace- und Fulfillment-by-Amazon-Gebühren (FBA) zuzüglich eines Aufschlages in Höhe von fünf Prozentpunkten für die Amazon-Launchpad-Dienste .“ Die Gebühren werden auf der Grundlage des Gesamt-Bruttoverkaufsbetrages berechnet, also inklusive Versandkosten und Steuern.
Hier sind wir am Scheideweg des Programmes angelangt, wie ich gestern schon während des Events im Gespräch mit einem Investoren-Partner von Amazon feststellen musste: Die US-Version des Launchpad-Stores setzte zum Start auf dem Vendor-Programm für Hersteller auf, nicht auf der Infrastruktur des Amazon-Marketplace. Ersteres bietet zwar quasi die gleichen Marketingvorteile wie das Launchpad, aber das Startup geht eine Lieferantenbeziehung mit Amazon ein. Der entscheidende Punkt dabei: Die Handelsmarge und der Endkundenverkaufspreis liegen dann in der Hand des Händlers Amazon – wie bei jeder Lieferanten-Händler-Beziehung. Was gerade für kleine Startups ein Riskikofaktor wäre – und nicht zwingend lohnenswert, das Vendor-Programm ist oft eher für große Projekte und Marken interessant.
Bleibt Amazon bei der Marketplace-/FBA-Gebührenstruktur und kombiniert wie mit dem Launchpad-Programm in Deutschland vorgestellt Vendor-Dienstleistungen und leicht angehobenen Marketplace-Gebühren, dann ist das Launchpad-Programm für Startups wirklich interessant.
Das Launchpad-Programm ist „Amazons nächster logischer Schritt“
Während des Launchevents wurde drei Startups vorgestellt. Viele weitere waren vor Ort und haben ihre Produkte vorgestellt. Der Tenor der Startups war im Großen und Ganzen positiv, was aber noch nicht viel aussagt – die Startups sind frisch im Programm aufgenommen, vergleichende Zahlen zu anderen Verkaufskanälen liegen noch nicht vor – viele der Startups setzen auch quasi exklusiv auf Amazon als Vertriebskanal. Wir werden hier in einigen Wochen nochmal nachhaken.
Für Amazon ist das Programm nur der nächste logische Schritt in der Erweiterung der Sortimentsbreite und -tiefe. Plattformen wie Producthunt sind aktuell Anlaufstellen für innovative Techprodukte, Crowdfunding-Plattformen ebenfalls. Mit dem Launchpad-Programm platziert Amazon sich mit seinem Ökosystem mitten in diese neue Tech-Welt und positioniert sich als Anlaufstelle für den Start innovativer Produkte – sowohl für Startups aber eben auch für Endkunden.
Die aktive Zusammenarbeit mit Kapitalgebern wie dem Siemens High-Tech-Gründerfonds, Project A Ventures oder in den USA mit Marc Andreesen, Y Combinator und Crowdfunding Plattformen wie Indiegogo sichert Amazon einen stetigen Zustrom von Startups – und Traffic im Launchpad-Store.