Ein Amazon-Aktionär verklagt laut Medienberichten Jeff Bezos, Andy Jassy und 17 weitere Führungskräfte des Konzerns, die seiner Auffassung nach wissentlich zugelassen haben, dass das Unternehmen gegen Datenschutzgesetze verstößt. Es ist nicht die erste Kritik gegenüber Amazon in dieser Hinsicht. Das Unternehmen geriet bereits wegen der Nutzung biometrischer Daten wie Fingerabdrücken und Gesichtsbildern in die Kritik, wobei man dem Unternehmen vorwirft, Bilder von Personen ohne deren ausdrückliche Zustimmung zu sammeln und damit gegen US-Gesetze zu verstoßen. Es geht dabei insbesondere um die Nutzung von Alexa-kompatiblen Devices und Echo-Show-Geräten mit Kamera und KI-gestützter Bildverarbeitung.
Eine Besonderheit ist, dass der Aktionär Stephen Nelson nicht das Unternehmen selbst, sondern explizit die Führungsriege im Einzelnen verklagt hat. Die Beklagten, darunter Führungskräfte wie der Gründer und Vorstandsvorsitzende Bezos, CEO Jassy, Finanzvorstand Brian Olsavsky und General Counsel David Zapolsky sowie elf Mitglieder des Verwaltungsrats, sollen dem Unternehmen wissentlich erlaubt haben, falsche Angaben über die Verwendung biometrischer Daten zu machen, behauptet Nelson in der im April bei einem US-Bezirksgericht in Seattle eingereichten Klage. Sie hätten, so erklären die Anwälte, dadurch dem Unternehmen und den Aktionär:innen einen „erheblichen finanziellen Schaden“ zugefügt.
Personalisierungsfunktionen mit Bilderkennung angeprangert
Insbesondere geht es dabei wohl um die Erkennung von Personen durch die Kamera, die es dem Echo Show 15 ermöglicht, personalisierte Nachrichten zu verlesen oder über die anstehenden Aufgaben oder Kalendereinträge zu informieren, wenn ein bestimmtes Familienmitglied den Raum betritt und in die Nähe des Geräts kommt. Diese Identifizierung der Person erfordert natürlich entsprechende Bilderkennungsmerkmale, die bei Amazon Web Services, dem Cloud-Ableger des Unternehmens, gespeichert werden. Es geht in der Klage also um biometrische Daten der Kund:innen und Dritter, die möglicherweise hierzu nicht ihr Einverständnis gegeben haben.
Den Gesichtserkennungsdienst Rekognition verwendet Amazon bereits seit 2016, um „leistungsstarke visuelle Such- und Entdeckungsfunktionen“ anbieten zu können. Warum sich der Aktionär gerade jetzt daran stört, ist nicht bekannt. Davon abgesehen werden Aktionär:innen auf der nächsten Jahreshauptversammlung des Unternehmens in einigen Tagen über einen Antrag abstimmen, der das Unternehmen verpflichten soll, offenzulegen, wie man Rekognition einsetze, und inwieweit das Unternehmen damit Privatsphäre und Bürgerrechte verletzen könnte. In einer Erklärung, in der die Aktionär:innen aufgefordert werden, gegen den Antrag zu stimmen, erklärte der Amazon-Vorstand, dass das Unternehmen „sich für den verantwortungsvollen Einsatz unserer Produkte und Dienstleistungen im Bereich der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens einsetzt“.
In welcher Art und Weise die Klage des Aktionärs Nelson erfolgreich sein kann, ist unklar. Laut dessen Gerichtsunterlagen sei Amazon mit mindestens 14 Sammelklagen und 75.000 Einzelklagen konfrontiert. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück, äußerte sich dem Vernehmen nach aber ansonsten nicht zu dem offenen Verfahren.
Als Aktionär das Unternehmen verklagen wäre auch leicht kontraproduktiv.