Amazon Jahreszahlen 2017: Wachstumstreiber ist der Handel, nicht AWS
Amazon veröffentlicht seine letzten Quartalsergebnisse und gibt einen Ausblick auf die Jahreszahlen. Eine erste Analyse. (Foto: dpa)
Der US-Konzern Amazon hat die Ergebnisse des letzten Quartals vorgestellt und Ausblicke auf die vorläufigen Jahresergebnisse gegeben. Auf den ersten Blick scheint der Cloud-Dienst-AWS Umsatz und Renditetreiber zu sein. Tatsächlich dürfte Umsatz und Rendite des aus dem Marktplatzhandel AWS um Längen übertreffen.
177,9 Milliarden US-Dollar Umsatz hat Amazon 2017 insgesamt erreicht, das sind 31 Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. Mit drei Milliarden US-Dollar hat Amazon seinen Ertrag gegenüber 2016 um 28 Prozent gesteigert. Alle Jahresergebnisse sind vorläufig, die endgültigen Zahlen wird der US-Konzern noch in seiner Bilanz veröffentlichen.
Erstmals taucht in den Ergebnissen von Amazon der Punkt „Local Stores“ auf, also stationäre Läden. Der Löwenanteil dieses Punktes dürfte aus den Kassen der frisch eingekauften Supermarkt-Kette Wholefoods stammen. Daneben betreibt Amazon noch 13 Filialen seiner Buchhandelskette Amazon Books, die in Kürze auf 16 anwachsen wird, sowie eine Reihe von Pop-Up-Stores: 50 alleinstehende Stores, 10 im Kaufhaus Kohl’s, vier in Wholefoods Märkten sowie neun Saison-abhängige Stores.
Wholefoods letztes Quartalsergebnis, zum Ende des Geschäftsjahres im September, betrug 3,65 Milliarden, davon ist ein Monat in Höhe von 1,276 Milliarden US-Dollar schon im dritten Quartal 2017 bei Amazon zu sehen. Im vierten Quartal hat Amazon im stationären Handel 4,522 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Wieviel Umsatz auf die restlichen Läden entfällt, ist anhand der vorliegenden Zahlen nicht zu ermitteln.
Amazon hat bei der Wholefoods angekündigt die stagnierende Expansion der Kette wieder voranzutreiben, allmählich zeichnet sich auch ab, dass Amazon hier auf’s Gaspedal treten will. 6000 Mitarbeiter will Wholefoods nach einer Ankündigung im Oktober einstellen, nach Berechnungen des Anlegerdienstes The Motley Fool reicht das bei gleichbleibendem Personalbedarf kalkulatorisch für 50 weitere Läden.
10,523 Milliarden US-Dollar Umsatz machte der Bereich Seller Services im vierten Quartal 2017. Im Vergleich dazu waren es im Vorjahreszeitraum noch 7,456 Milliarden.
Insgesamt erwirtschaftete Amazon mit Händler-Gebühren und Dienstleistungen 31,88 Milliarden US-Dollar. Das entspricht auf das gesamte Jahr gerechnet einem Wachstum von 38 Prozent im Vergleich zu 39 Prozent im Vorjahr mit rund 23 Milliarden. Das Jahreswachstum betrug damit 41 Prozent im Vergleich zu 42 Prozent im Vorjahr.
Der Cloud-Dienst AWS lieferte Amazon bei einem Umsatz von 17,458 Milliarden US-Dollar einen Ertrag von 4,3 Milliarden für 2017. Das entspricht einem Wachstum für 2017 von 45 Prozent. Im Jahr 2016 betrug das Wachstum noch 55 Prozent, 2015 waren es 69 Prozent.
Der Cloud-Markt im Enterprise-Segment, in dem sich Amazon mit AWS bewegt, ist zunehmend gesättigt. Ein erneuter Wachstumsschub wäre zu erwarten, falls sich AWS dem Massenmarkt öffnen könnte. Dazu sind im Moment keine Anzeichen zu erkennen.
Die gängige Lesart der Jahresergebnisse fördert seit Jahren den irrigen Schluss zu Tage, dass AWS der Wachstumstreiber sei und den Ertrag rettet. Bei Betrachtung der Umsätze aus Gebühren und Dienstleistungen für Händler fällt auf, dass dieses Segment fast doppelt so viel Umsatz wie AWS generiert. Rund 31,9 gegenüber 17,5 Milliarden US-Dollar.
Das Problem: Das Segment „Seller Services“ weist keinen operativen Ertrag aus, weil dieses Segment keine eigenständiger Geschäftsbereich ist. Faktisch handelt es sich dabei aber um den „Ertrag“ den Amazon mit dem Bilanz-Punkt „Seller Services“ aus dem Marketplace-Bereich zieht. Fulfilment, Betriebskosten und andere operative Kosten sind aus bilanzrechtlichen Gründen in anderen Posten aufgeschlüsselt. Von diesen Kosten müsste, würde „Seller Services“ als eigenständiger Geschäftsbereich geführt, ein Anteil den „Ertrag“ der Seller Services schmälern. Bei einem doppelt so hohen Umsatz, als AWS erwirtschaftet, liegt aber der Schluss auf der Hand, dass der Ertrag des weniger aufwendig zu betreibenden Marketplace-Geschäftes deutlich höher ausfallen würde, als der AWS-Ertrag.
Dass Jahr für Jahr wieder AWS als der große Umsatz- und Ertragsbringer aufgeführt wird, liegt nicht daran, dass der unstrittig hochprofitable Bereich wirklich der größte Umsatz- und Ertragsbringer ist. Es liegt daran, dass Amazon sich nicht in die Karten schauen lassen will und den eigentlich eigenständigen Geschäftsbereich Marketplace über die Bilanz verteilt. Eine nähere Analyse der bisher noch nicht veröffentlichten Bilanz wird diesen Eindruck unterstützen.
1 von 22
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien
Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.
Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.
Dein t3n-Team