Von wegen anonym: Wissenschaftler finden dein Social-Media-Profil anhand der von dir besuchten Websites
Wenn dein Browserverlauf deinen Namen verrät
Dass uns die Werbeindustrie quer durch das Web verfolgt, ist heute hoffentlich jedem Internet-Nutzer klar. Immerhin werden aber die Daten, die auf diese Art und Weise von euch gesammelt werden, pseudonym abgespeichert. Sprich: Hier werden unsere Interessen verzeichnet, unser Name hingegen in aller Regel nicht. Wie eine Gruppe von Wissenschaftlern jetzt jedoch belegen konnte, besteht rein theoretisch durchaus die Möglichkeit, nur anhand der besuchten Websites den Namen eines Internet-Nutzers herauszufinden.
Für ihr Experiment haben die Forscher der renommierten Stanford University 400 Freiwillige angeworben, die ihren Browserverlauf offenlegen mussten. Bei fast drei Viertel der Testpersonen konnte das Modell der Wissenschaftler korrekt den jeweiligen Twitter-Account bestimmen. Das funktionierte auch bei denen, die nur anderen Twitter-Nutzern folgen und selbst keinerlei Inhalte teilen.
So sind die Wissenschaftler bei ihrem Experiment vorgegangen
Um an die Liste der besuchten Seiten zu kommen, mussten die Testpersonen eine Chrome-Erweiterung installieren. Anschließend ermittelte eine Software anhand der Browserdaten 15 Twitter-Accounts, die infrage kommen. Sortiert nach Wahrscheinlichkeit wurde diese Liste dann an die Testpersonen geschickt, die daraus wiederum ihren eigenen Twitter-Namen heraussuchen mussten.
Der Algorithmus setzt in 72 Prozent der Fälle den richtigen Twitter-Namen auf die oberste Stelle der Liste. In 81 Prozent der Fälle war der korrekte Name immerhin auf der Liste vertreten. Das ist bei mehr als 300 Millionen Twitter-Nutzern durchaus beeindruckend.
Das bedeutet das Experiment für die Anonymität im Web
In der echten Welt geben Web-Nutzer ihren Browserverlauf natürlich nicht freiwillig her. Aber von großen Werbenetzwerken über Internet-Provider bis hin zu staatlichen Organen gibt es durchaus einige Organisationen, die zumindest potenziell Zugriff auf einen ausreichend großen Ausschnitt haben, um daraus einigermaßen korrekt die Identität eines Web-Nutzer herauszulesen.
Besonders viele Möglichkeiten haben Social-Media-Nutzer nicht, dieser Form der Deanonymisierung ihrer Browserdaten vorzubeugen. Eine Möglichkeit wäre es natürlich, nicht unter dem echten Namen auf Twitter oder ähnlichen Diensten aufzutreten. Das wiederum dürfte für viele Nutzer allerdings keine Option sein. Davon abgesehen können Browser-Erweiterungen wie Privacy Badger oder Ghostery dabei helfen, der Ansammlung von Daten vorzubeugen. Letztlich zeigt die Untersuchung aber vor allem eins: Öffentliche soziale Netzwerke und Datenschutz passen nicht zusammen.
Da die Studie veranschaulicht, wie leicht sich vermeintlich anonyme Daten nutzen lassen, um die Identität einer Person herauszubekommen, stellt sich die Frage, welchen Einfluss diese Erkenntnis auf die rechtlichen Vorgaben zur Speicherung nicht personenbezogener Daten hat. Denn wenn sich diese Daten mit einem vergleichsweise geringen Aufwand deanonymisieren lassen, handelt es sich letztlich doch wieder um personenbezogene Daten. Und die wiederum genießen laut geltendem Recht einen gesonderten Schutz.
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