Analyse
Amazon statt Apotheke: Online-Händler steigt in Pharmamarkt ein

Amazon will sich offenbar auf dem deutschen Arzneimittelmarkt engagieren. (Foto: Lisa S. / Shutterstock)
Was viele Apotheker bereits insgeheim befürchten, könnte bald Realität werden: Schon seit einigen Monaten führt Amazon Gespräche mit Apothekern und Arzneimittelversendern, die als Exklusivpartner Arzneimittel für Kunden vor Ort liefern sollen. Laut dem Branchendienst Apotheke adhoc habe Amazon den Plan, den Premiumdienst Amazon Prime in immer mehr Regionen um die Kategorie Gesundheitsprodukte und Arzneimittel zu erweitern. Zwei Mitarbeiter sondierten laut dem Branchendienst die Stimmung bei den Arzneimittelherstellern, während weitere mit großen Apothekenketten sprechen, um deren Befindlichkeiten zu ermitteln.
Das Unternehmen will offenbar in jeder größeren Stadt der betroffenen Regionen eine große Apotheke unter Vertrag nehmen. Diese soll die bestellte Ware dann zum Umschlagplatz liefern, wo sie von den von Amazon beauftragten Logistikern zugestellt wird. In München ist dies bereits geschehen, in Berlin wird angeblich noch ein passender Partner gesucht.
Ob die Rechnung für die beteiligten Apotheken dabei aufgeht, ist unklar. Denn der Kunde wird hierbei vor allem wahrnehmen, dass er Amazon als Geschäftspartner hat. Die Apotheke vor Ort dürfte hierdurch zumindest brand-technisch nicht gestärkt werden.
Jetzt meldet Apotheke adhoc darüber hinaus, dass Amazon plane, die bestehende Shop-Apotheke zu übernehmen. Die börsennotierte Versandapotheke mit Sitz im niederländischen Venlo ist Marktführer im Bereich der rezeptfreien Arzneimittel und Gesundheitsprodukte und verfügt naturgemäß über einiges Know-how in Bezug auf den deutschen Apotheken- und Gesundheitsmarkt – Kenntnisse, die sich Amazon auf diese Weise elegant einkaufen kann, ohne selbst teure Fehler machen zu müssen.
Das ist geschickt: Denn Amazon hätte somit die Hand auf der Logistik und könnte mittelfristig, so befürchten das zumindest mehrere Branchenkenner, auch den ersten Teil der Lieferkette übernehmen, sobald das Unternehmen die hierfür benötigten Branchenerfahrungen gesammelt hat. Amazons Geschäft mit Hustensaft, Kopfschmerztabletten und Co. ließe sich so nach und nach bundesweit ausrollen.
Wahrscheinlich ist, dass Amazon außerhalb dieser Großstädte auf Same-day-delivery setzen wird, wie es bei Amazon Prime üblich ist, oder zunächst tatsächlich nur einige Ballungsräume beliefert. Klar ist aber für den deutschen Markt: Die Möglichkeit, Arzneimittel binnen weniger Stunden zu erhalten, ist dank ausgefeilter Logistik und einem gutem Netz an Großhändlern bereits heute gegeben und wird auch von vielen Apotheken vor Ort angeboten. Es ist daher wahrscheinlich, dass, ähnlich wie es die Buchhändler vor Ort tun, auch die Apotheker vor Ort entsprechendes regionales Marketing betreiben werden.
Eine weitere Herausforderung, die gerade bei Lieferung binnen weniger Stunden rechtssicher gelöst werden muss, ist die Rezeptpflicht, sofern sich Amazon nicht nur auf rezeptfreie Medikamente beschränken will.
Insgesamt, das gilt bereits heute als sicher, bringt der Markteintritt von Amazon für die Apotheker ungeahnte Nebenwirkungen mit sich: Sie finden hier einen neuen Player, der mehr noch als die bekannten Versandapotheken vor allem den Apotheken vor Ort (aber eben auch Doc Morris und Co.) das Leben schwer machen wird. Auch wenn viele Kunden Amazon zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ihr Vertrauen in die Expertise im Pharma-Markt zusprechen werden, dürfte sich das bald ändern.
Weiteres über die Risiken und Nebenwirkungen, die der neue Geschäftszweig mit sich bringt, lesen Sie hier: Abmahnungen: Ein Apotheker will Amazon ausbremsen
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Dein t3n-Team
Ich würde es begrüßen in Zukunft bequem von Amazon liefer zu lassen. Meist noch am selben Tag, dann würden sich noch mehr Leute Prime in Anspruch nehmen.
Ich bestelle jetzt schon viele Nahrungsergänzungsmittel dort. Vor allem die unproblematische Rückgabe ist super
Ich hingegen würde es begrüßen wenn man Amazon zerschlägt. Oder zumindest den Versuch unterbindet sich wirklich jeden Geschäftsbereich einzuverleiben wie ein Virus. ;)