Keine Frage, App-Entwickler:innen wollen und sollen gut bezahlt werden. Davon profitieren am Ende auch die Nutzer:innen. Schließlich gibt es in Bezahl-Apps nur sehr selten nervige Werbeanzeigen. Außerdem trägt man so selbst dazu bei, dass kleine und große Entwickler:innen die Möglichkeit haben, ihre Anwendungen auszubauen, zu verbessern und aktuell zu halten. Kurzum: Ist eine App gut, zahle ich gerne Geld dafür.
Früher einmalig 5 Euro, heute 10 Euro pro Jahr
So bin ich auch vor einigen Jahren verfahren. Damals suchte ich eine Anwendung, mit der ich meine DVD-Sammlung katalogisieren konnte. Deren Boxen nahmen zu viel Platz im Wohnzimmer ein. Die Silberlinge sollten in CD-Koffer wandern und eine simple Excel-Tabelle war mir zu langweilig. Also kaufte ich eine App. Für fünf Euro. Der Preis schien mir fair. Schließlich konnte ich über die App die Barcodes auf den Hüllen scannen und nicht nur den Filmtitel, sondern auch Genre, Cover und Co. abspeichern.
Dass die Entwicklung für die App mittlerweile eingestellt wurde, habe ich erst kürzlich erfahren. Ich wollte einen Film sehen, den kein Streaming-Anbieter im Angebot hatte. Statt meiner Liste zeigte mir die App nur einen Hinweis an. Aus Sicherheitsgründen sollte ich auf eine neuere Version upgraden. Die lässt sich allerdings nicht mehr einmalig kaufen. Stattdessen muss ich ein Abo abschließen – oder zur deutlich teureren Pro-Version wechseln. Fairerweise sei erwähnt, dass ich als Bestandskunde einen Rabatt bekommen soll. Trotzdem will ich für eine simple Filmliste nicht monatlich zwei oder jährlich zehn Euro bezahlen.
Auch meine Lieblings-Podcast-App habe ich bereits einmalig gekauft. Erweiterte Funktionen wie den Download von Episoden auf die Apple Watch gibt es trotzdem nur noch im Abo. Kostenpunkt: gleich 45 Euro im Jahr. Natürlich spricht nichts dagegen, ein Entwicklerteam auf diese Art zu unterstützen. Aber will ich wirklich gleich so viel bezahlen, nur um Podcasts auch ohne iPhone hören zu können? In Apples eigener App ist die Funktion schließlich gratis enthalten.
Apple ebnete den Weg
Die beiden Beispiele sind sinnbildlich für die Branche. Beliebte Mail-, Kalender-, Notizen- Todo- und andere Apps gibt es häufig nur noch im Abo, mit teils hohen Preisen. Dabei wiederholt sich ein Modell immer wieder: Eine App lässt sich gratis installieren. Nach einem Testzeitraum werden Nutzer:innen zur Kasse gebeten, oder aber die Funktionen, die wirklich einen Mehrwert bieten, gibt es nur gegen eine monatliche Zahlung. Oft genug kommentieren Nutzer:innen in den App-Stores, sie wären nicht bereit, monatlich für eine bestimmte App zu zahlen, fänden einen Einmalkauf aber okay. Doch den gibt es eben nicht. Oder nicht mehr.
Den Weg dafür ebnete Apple zumindest für den eigenen App-Store im Rahmen Entwicklerkonferenz WWDC 2016, als das Unternehmen die Möglichkeiten für Entwickler:innen ausweitete, ihre Anwendungen in Abo-Form anzubieten. Das war vorher nur in bestimmten Kategorien möglich. Schmackhaft machte es das Unternehmen damals mit einer Vergünstigung. Blieben Kund:innen über ein Jahr hinaus Abonnent:innen sank die Abgabe an Apple von 30 auf 15 Prozent. (In der EU variiert die Abgabe mittlerweile, wenn der Verkauf oder Abschluss durch einen externen Link zustande kommen.)
Für Apple und Entwickler:innen ist das zumindest in der Theorie eine Win-Win-Situation. Denn wenn Nutzer:innen dauerhafte Abos abschließen, fließt das Geld regelmäßig in die Kassen. Dass das Modell für Entwickler:innen attraktiv ist, ist also nachvollziehbar.
Lohnen sich Abo-Modelle überhaupt?
Wie Sensor Tower im “State of Mobile”-Report angibt, haben Nutzer:innen 2023 weltweit und über die verschiedenen Ökosysteme hinweg 171 Milliarden Dollar in App-Stores ausgegeben. Wie viel davon auf Abo-Modelle zurückzuführen ist, geht daraus nicht hervor. Dafür liefert Statista Zahlen. Demnach setzten im Oktober 2024 nur 3,9 Prozent aller Apps weltweit auf ein Abomodell, die aber für 45,4 Prozent des Umsatzes im App-Markt verantwortlich sind.
Rund vier Prozent klingt zwar nach wenig, allein im App-Store gibt es derzeit aber 2,1 Millionen Apps. Das macht noch immer 84.000 Anwendungen mit Abomodell. Unklar bleibt außerdem, ob nur Apps gezählt wurden, die ohne Abo nicht funktionieren.
In der Breite scheint sich das Modell für App-Entwickler:innen jedoch gar nicht zu lohnen. Das geht aus einer Analyse von RevenueCat hervor. Die Plattform stellt Entwickler:innen Tools zur Verfügung, um ihre Abo-Angebote zu managen. Im Frühjahr hat sie 30.000 Apps analysiert. Demnach erreichen nur 17,2 Prozent der untersuchten Anwendungen einen monatlichen Umsatz von 1.000 US-Dollar. Im Schnitt soll der Umsatz einer App nach den ersten zwölf Monaten sogar weniger als 50 Dollar betragen. Noch spannender ist eine andere Zahl: Den Daten zufolge erwirtschaften die fünf Prozent der Apps an der Spitze nach dem ersten Jahr den 200-fachen Umsatz der unteren 25 Prozent.
Wenn es sich also für viele gar nicht lohnt, können wir dann nicht wieder zurück zum alten System? Was ich mir wünsche: Dass sich App-Entwickler:innen künftig wieder mehr trauen, ihre Anwendungen zu einem festen Preis anzubieten, der für beide Seiten in Ordnung ist.
Dass das Modell noch nicht ausgestorben ist, zeigt Apple übrigens gerade selbst ganz prominent. Das Unternehmen verlieh den App-Store-Award in der Kategorie “iPhone App des Jahers” an die Anwendung Kino von Lux Optics. Mit der nehmen Nutzer:innen Videos und können dabei unter anderem auf von Filmemacher:innen entwickelten Presets zurückgreifen. Auch für Profi-Anwender:innen hat die App einige Funktionen zu bieten. Sie kostet im App-Store einmalig 9,99 Euro. Das klingt fair.