Seit dem Release des Airtags im Jahr 2021 ist der Tracker bei Apple-Fans beliebt. Das kleine Gadget hat durch seine Ortungsfunktionen viele Einsatzmöglichkeiten. Doch nicht alle Anwendungsfälle sind rechtlich unbedenklich. Hinzu kommt, dass die generelle Rechtslage bezüglich der Airtags sehr undurchsichtig ist. Wir erklären, in welchen Fällen der Tracker lieber in der eigenen Tasche bleiben sollte.
So funktionieren Airtags
Airtags sind besonders praktisch für notorisch Schludrige. Wer seine Schlüssel oder sein Portemonnaie oft verlegt, bekommt mit dem Apple-Gadget mindestens eine Suchhilfe. Mit dem iPhone oder iPad lässt sich ein Airtag leicht orten und spielt bei Bedarf sogar einen Signalton ab. Auch verlegte oder geklaute Taschen sind so einfacher ausfindig zu machen. Dasselbe gilt natürlich auch für Rucksäcke und Koffer.
Für die Ortung greift der Apple-Tracker nicht etwa auf klassische GPS-Technologie zurück, sondern lässt sich über Bluetooth orten. Das Signal können jedoch nur Apple-Geräte aus dem eigenen „Wo ist?“-Netzwerk erkennen. Diese schicken den Standort des Airtags an iCloud. So soll der Prozess anonym und Batterie-sparend sein.
Besonders bei Objekten, die gerne mal gestohlen werden, ist der Einsatz von Airtags sinnvoll. Sie machen Gegenstände zwar nicht diebstahlsicher, helfen aber dabei, ihn schneller zu finden. So eignet sich ein Airtag auch bei Fahrrädern, wo er allerdings sicher angebracht werden muss. Auch für das Auto ist das Gadget praktisch. Denn dank „Wo ist?“ spart man sich bei der Suche nach dem geparkten Wagen viele Nerven. Aber wie sieht die Rechtslage aus?
Unklare Rechtslage bei Airtags
Nils Christian Haag ist Vorstandsmitglied und Rechtsanwalt bei der Beratungsfirma Intersoft Consulting. Das Unternehmen berät unter anderem Unternehmen in Bezug auf Datenschutz. Besonders bei Airtags sei die Rechtslage oft unklar. „Tracking durch Airtags ist gesetzlich nicht speziell reguliert“, so Haag. Bei der privaten Anwendung bei Gegenständen ist der Gebrauch aber unbedenklich.
Die Ortungsdaten von gestohlenen Gegenständen dürfen Nutzer:innen auch der Polizei zuspielen. „Wenn ich ein Fahrrad mit einem Airtag habe, und das wird mir geklaut, dann kann ich der Polizei Zugriff geben“, erklärt Haag. Rechtliche Grenzen der Tracker gibt es in der betrieblichen Nutzung.
Was Unternehmen beachten müssen
Denn auch Unternehmen nutzen Airtags, um teures Equipment oder den Firmenwagen verfolgen zu können. Hier greife allerdings der Datenschutz. „Das sind dann technische Überwachungsmöglichkeiten“, sagt Haag. „Gibt es einen Betriebsrat, muss der zustimmen, dass Tracker eingesetzt werden.“
Wichtig sei vor allen Dingen, dass der Privatbereich nicht betroffen ist – zum Beispiel beim Firmenwagen. „Wenn Fahrzeuge auch privat genutzt werden dürfen, dann muss ich als Firma sicherstellen, dass ich den Privatbereich nicht überwachen kann“, sagt Haag. Zusätzlich muss der Einsatz von Airtags gut begründet sein. „Ein starkes Argument beim Tracken von Gegenständen ist der Eigentumsschutz vor dem Diebstahl.“ Dass mit Airtags Personen in der Firma überwacht werden können, ist also äußerst unwahrscheinlich. Im privaten Umfeld sieht das allerdings ganz anders aus.
Darf man Personen mit Airtags verfolgen?
Strafrechtlich gibt es eine riesige Lücke, die Airtags nicht erfassen. Die Rechtsanwältin Michelle Weber arbeitet bei Bird & Bird und hat zu den Tracking-Devices von Apple geforscht. Das Tracking von Personen ist „strafrechtlich nicht verboten – wenn auch teilweise moralisch verwerflich“, so Weber.
So nutzen einige Eltern Airtags, um den Aufenthaltsort ihrer Kinder nachzuverfolgen. Eine Influencerin versteckte den Tracker etwa in der Schuheinlage ihrer Tochter. In einem Instagram-Reel zeigt sie ihr Vorgehen. In den Kommentaren sind viele Eltern begeistert. Nur einzelne äußern sich kritisch. Nils Christian Haag kann dem nichts abgewinnen. „Letztendlich hat ein Kind ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die beginnt ab 16 Jahren“, erklärt der Anwalt, der sich auf Datenschutz spezialisiert hat. „Vorher liegt die Entscheidung bei den Eltern.“
In der Pflege ist das schwieriger. Ein Beispiel: In einem Demenz-Forum überlegt eine Nutzerin, ob sie ihrem Vater einen Airtag zustecken soll. Dieser sei dement und neige zum Weglaufen. Die Nutzerin erhofft sich auf diese Weise, ihren Vater schneller zu finden. Hier kommt es auf den Einzelfall an. „Im Extremfall, wenn jemand unter Vormundschaft steht, kann es möglich sein, jemanden zu tracken“, sagt Haag. Zur Sicherheit sollten sich Angehörige eine Zustimmung der betroffenen Person einholen.
Mit Airtag gestalkt – So sollen Betroffene handeln
Doch wie sieht es aus, wenn man selbst einen Airtag zugesteckt bekommt? Das Strafrecht schütze weiterhin nicht Menschen, die mit einem Airtag gestalkt werden. „Im Stalkingparagraf besteht noch immer eine Strafbarkeitslücke für Fälle, in denen einer anderen Person ein externes Gerät zugesteckt wird, mit welchem ihr Standort ausspioniert wird“, erklärt Weber.
Betroffene müssten auf das Zivilrecht zurückgreifen, weil das Tracking in das Persönlichkeitsrecht eingreift. „Betroffene haben einen Unterlassungsanspruch, können abmahnen oder können auf Schadensersatz klagen. Das durchzusetzen, ist aber relativ schwierig“, sagt Haag.
Sollten Menschen merken, dass sie mit einem Airtag verfolgt werden, rät Michelle Weber dazu, direkt zur Polizei zu gehen. „So kann vermieden werden, dass der Eigentümer des Airtags den Wohnort des Opfers erfährt“, erklärt die Anwältin.
Um das grundsätzlich zu verhindern, hat Apple zwei Schutzfunktionen eingebaut. Entfernt sich ein Airtag zu weit von seinem Besitzer, gibt er der Tracker nach einer Zeit einen Ton aus. Außerdem erhalten Nutzer:innen einen Warnhinweis auf ihr Smartphone.